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Ernährungssicherheit in Zeiten der Urbanisierung

Urbanisierung ist einer der großen Trends des 21. Jahrhunderts. Im Jahr 2050 werden rund 70 Prozent der Menschen in Städten leben, die meisten in Afrika und Asien. Die große Herausforderung dabei ist, die Städte ernährungssicher zu machen.

Von Dr. Ingrid Jacobsen am

Markt in Kottur, Indien

Teure Lebensmittel in der Stadt

Armut in den Ländern des Südens wird meist als ein ländliches Problem wahrgenommen. Tatsächlich wurde der ländliche Raum dort lange vernachlässigt, und obwohl weltweit die meisten Nahrungsmittel durch landwirtschaftliche Kleinbetriebe bereitgestellt werden, ist in vielen ländlichen Regionen der Entwicklungsländer Hunger weit verbreitet. Aufgrund des rasanten Städtewachstums wird die Versorgung mit ausreichend  gesunden Nahrungsmitteln jedoch auch in den Städten immer schwieriger. Frisches Obst und Gemüse müssen oft über große Distanzen in die Städte gebracht, gekühlt und gelagert werden und sind entsprechend teuer. Für städtische Armutsgruppen, die oft nur geringe und zudem stark schwankende Einkommen haben, sind sie kaum erschwinglich. Die städtische Lebensmittelversorgung wird deswegen immer häufiger durch Supermärkte dominiert, die recht preisgünstig Importware anbieten. Diese ist jedoch oft stark verarbeitet und weist einen hohen Gehalt an Zucker, Fett und Salz auf. Mangel- und Fehlernährung sind mittlerweile auch in den Städten weit verbreitet. Welche Konzepte und Initiativen können einen Beitrag für die Ernährungssicherung der Städte leisten?

Verbindungen zwischen Stadt und Land stärken

Großes Potential zur Ernährungssicherung der Städte besteht darin, die Verbindungen zwischen ländlichen und städtischen Lebensmittelversorgungssystemen zu stärken. Dafür muss zunächst einmal die kleinbäuerliche Produktion in ländlichen Regionen unterstützt werden, denn dort werden die Lebensmittel erzeugt. Es müssen genug Nahrungsmitteln produziert werden, damit nach der Selbstversorgung der ländlichen Produzenten auch noch Überschüsse für den Verkauf zur Verfügung stehen. Für eine Vermarktung dieser Güter braucht es die notwendige Verkehrs-Infrastruktur mit Kühl- und Lagerungssystemen, um einen sicheren Transport auch leicht verderblicher Produkte zu gewährleisten. In der Stadt müssen Vermarktungsmöglichkeiten auch den Kleinbäuerinnen und Kleinbauern offen stehen. Eine Integration der informellen Verkaufsmöglichkeiten ist dabei unerlässlich, um einem breiten Spektrum an Lebensmittelhändlern und -händlerinnen den Zugang zu den städtischen Lebensmittelmärkten zu garantieren.

Städtische Grüngürtel besser schützen

Eine große und häufig unterschätzte Bedeutung für die Versorgung insbesondere der städtischen Armutsgruppen haben auch der Gemüseanbau und landwirtschaftliche Tätigkeiten in den heutigen Stadtrandgebieten. Städte wurden meist an Standorten gegründet, die ein hohes landwirtschaftliches Potential haben. Über Jahrhunderte wurden die Städte aus den sie umgebenden Grüngürteln mit Nahrungsmitteln versorgt. Hier wird häufig auch heute noch Obst und Gemüse angebaut. Auch die Tierhaltung hat in diesen Gebieten eine lange Tradition. Die in den Grüngürteln gewachsenen Anbausysteme sind besonders gut an die Bedürfnisse und finanziellen Möglichkeiten der städtischen Armutsgruppen angepasst. Vermarktungswege sind kurz, ausbeuterische Zwischenhändlerstrukturen ausgeschaltet. Durch steigende Bodenpreise und Landspekulation in städtischen und stadtnahen Gebieten geraten diese landwirtschaftlichen Flächen jedoch immer mehr unter Druck. Häufig haben die dort ansässigen Kleinbäuerinnen und Kleinbauern keine verbrieften Landrechte und müssen großen Investitionsvorhaben von oft internationalen Unternehmen weichen.  

Umsichtige Politik und Stadtplanung nötig

Auch zukünftig wird sich die städtische Nahrungsmittelversorgung nur durch einen kontextspezifischen Mix unterschiedlicher Nahrungsmittelproduzenten und Vermarktungswege sichern lassen. Eine übergeordnete Stadt- und Regionalplanung  muss dafür Sorge tragen, dass ländliche und städtische Versorgungssysteme miteinander verbunden werden können. Städtische Armutsgruppen, die sich aufgrund von geringen und unregelmäßigen Einkommen keine gesunde Ernährung leisten können, brauchen Unterstützung durch staatliche soziale Sicherungssysteme. Gut durchdachte ordnungspolitische Maßnahmen, die stadtnahe Grün- und Produktionsflächen vor dem Zugriff internationaler Konzerne schützen, sind für die Ernährungssicherheit der Städte unverzichtbar.

 

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Kleinbäuerin Claudine Hashazinyange mit Avocados vom Baum ihres Schwiegervaters.

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