Gott, du mein Hirte,
seit Generationen sprechen dich Menschen als Hirten an. Jugendliche senden dir Kurz-Botschaften mit den Worten: „So ist Gott, er schaut nach mir, sorgt, nährt, erfrischt, orientiert, rettet, tröstet, nimmt Angst, verwöhnt.“
Gott, du mein Hirte,
auch ich will so zuversichtlich beten können für meine Geschwister weltweit. Aber meine Stimme stockt, wenn ich an das vorige Jahr denke - am 15. April sind 400 Menschen zwischen Libyen und Sizilien im Mittelmeer ertrunken. Und meine Stimme stockt, denn seit dem 1. April diesen Jahres wird Abschottung, Abschreckung und Tauschhandel praktiziert. Es haben nur die Flüchtlinge eine Aussicht, im Asylverfahren berücksichtigt zu werden, die in der Türkei verharren und Syrer sind. Nicht die Eritreer, die vor einem diktatorischen Regime, nicht die Iraker, die vor dem sogenannten IS und auch nicht die Afghanen, die vor den Taliban geflohen sind.
Gott, du mein Hirte,
schenk uns deine Stimme, damit wir Abschottungs-, Abschreckungs- und Verdrängungspolitik beim Namen nennen, Waffenexporte und Fluchtursachen zur Sprache bringen. Gib uns deinen Geist, damit wir anknüpfen an die große Hilfsbereitschaft weiter Teile der europäischen Gesellschaften. Schenke uns den weiten Blick, dass wir die humanitären Programme der Hilfsorganisationen unserer Kirchen unterstützen und uns nicht in den Beschwichtigungen verlieren, dass es wenig ist angesichts des großen Leides.
Gott, du unser Hirte,
so bist du, du schaust nach uns, sorgst, nährst, erfrischst, orientierst, rettest, tröstest, nimmst Angst, verwöhnst. Ja, du siehst was wir nicht sehen und nicht ertragen, schenke uns ein Herz, das für Gerechtigkeit schlägt und uns in Gemeinschaft leben lässt.