(Bonn, 15. September 2006). "Wenn am 19. September in Singapur die IWF-Jahrestagung beginnt, wird die internationale Finanzinstitution sich mit dreierlei hausgemachten Krisen auseinandersetzen müssen: einer Glaubwürdigkeits-, einer Aufgaben- und einer Haushaltskrise", sagt Peter Lanzet, EED-Experte für Entwicklungsfinanzierung.
Noch vor 10 Jahren waren die Finanzexperten des IWF überzeugt, für jedes volkswirtschaftliche Problem eine Lösung zu haben. Die Asien- und die Argentinienkrise haben dieser Arroganz ein Ende bereitet. "Heute hat der IWF das Problem, dass ihm die Kunden davonlaufen: Argentinien, Brasilien, Indonesien und viele andere Länder haben ihre Kredite vorzeitig zurückgezahlt", sagt Lanzet. "Das beschert dem IWF eine Haushaltskrise, denn er lebt zum großen Teil von den Zinsaufschlägen auf seine Kredite."
In den vergangenen 60 Jahren hat der IWF viele zusätzliche Aufgaben an sich gezogen. Hierzu gehören z. B. Beistandskredite für Mitteleinkommensländer, von denen nie Gebrauch gemacht wurde oder volkswirtschaftliche Beratung, die nicht in Anspruch genommen wird. Fehlgeschlagen ist seine Armutsbekämpfung in Niedrigeinkommensländern: Sie hat die Not der Bevölkerungsmehrheit und die Kluft zwischen Arm und Reich nur vergrößert.
Der EED sieht in der derzeitigen Krise des Internationalen Währungsfonds eine Chance. "Der IWF hat jetzt Gelegenheit, sich von unnötigen Aufgaben zu befreien und sich auf seine historische Kernaufgabe zu konzentrieren. nämlich letzte Kreditanlaufstelle für krisengeschüttelte Staaten zu sein", sagt Peter Lanzet. Zu diesem Zweck hat der IWF über 3000 Tonnen Gold gehortet. Er könnte Ländern mit Liquiditätsengpässen mit über 300 Mrd. US-Dollar unter die Arme greifen. "Wenn der IWF die Entwicklung der armen Länder tatsächlich unterstützen will, statt sie nur zwangsweise in den globalen Markt zu integrieren, kann er das z. B. durch weitere Schuldenerlasse tun", so Lanzet. "Er sollte seine Beistandskredite außerdem ohne die Forderung nach Privatisierung, Marktöffnung und Einschränkung der Haushaltsausgaben vergeben. Schließlich sollte er die Beratung von Niedrigeinkommensländern unabhängigen Dritten überlassen."
Beim Treffen der IWF-Gouverneure in Singapur wird sich auch zeigen, ob der Fonds zur Reform seiner Machtverteilung in der Lage ist. "Es ist in jedem Falle sinnvoll, die Macht des IWF einzuschränken", sagt Lanzet, "denn solange der IWF die Wirtschaft überall liberalisieren, deregulieren und privatisieren will, wird er in den Entwicklungsländern nur noch mehr Armut bewirken". Dem müssen kirchliche Werke wie der EED entschieden entgegentreten.
Weitere Informationen:
Pressestelle EED, Birte Detjen, Tel.:0228-8101 2503
Peter Lanzet, EED, Tel.: 0170-81 31 191, 0228-8101 2313