Atlas der Zivilgesellschaft 2024
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Auf allen Kontinenten engagieren sich Menschen dafür, den Klimaschutz voranzutreiben. Doch während sich überall auf der Welt Millionen dafür aussprechen, alles zu unternehmen, um den Klimawandel aufzuhalten und die Ziele des Klimavertrags von Paris aus dem Jahr 2015 zu erfüllen, entstehen Konflikte dort, wo aus allgemeinen Zielen konkretes Handeln wird. Der Atlas der Zivilgesellschaft 2024 stellt Menschen vor, die sich diesen Konflikten stellen.
Enerike Hey ist auf der Osterinsel geboren und gehört zur Volksgruppe der Rapanui. Indigene wie er machen über die Hälfte der rund 7.500 Menschen aus, die dort leben. Ihre Insel nennen sie Rapa Nui. Politisch gehört sie zu Chile, geographisch zu Polynesien. Wie viele andere im Südpazifik ist die Insel vom steigenden Meeresspiegel bedroht. Der Student und Klimaaktivist Hey sagt, er sei immer schon Umweltschützer gewesen. Seine Eltern und Großeltern lehrten ihn, Müll zu trennen, Wasser zu sparen, die Natur zu achten. Doch gerade weil Indigene vielerorts als Hüter der Natur fungieren und damit das Klima mehr als andere schützen, werden indigene Aktivist:innen besonders stark verfolgt, unterdrückt und sogar ermordet: Weltweit waren 2022 laut Global Witness 36 Prozent der getöteten Umweltschützer:innen Indigene, obwohl sie nur sechs Prozent der Weltbevölkerung ausmachen. Oft stecken Konzerne, Regierungen, Milizen und das Organisierte Verbrechen hinter den Morden. Hey stellt sich dieser Gefahr entgegen. Sich für das Klima zu engagieren, begreift er als Teil seiner Kultur, seiner Tradition und seiner Identität.
Hamira Kobusingye betreibt Klima- und Genderaktivismus. Das Ziel: Ausstieg aus den fossilen Energien. Die Klimaaktivistin protestiert gegen die East African Crude Oil Pipeline, die quer durch Uganda und Tansania bis zum Indischen Ozean gebaut werden soll. Früher seien die Aktivist:innen noch auf die Straße gegangen, um gegen fossile Energien zu protestieren, sagt Hamira Kobusingye. Inzwischen seien viele eingeschüchtert, angerufen und bedroht worden: „Hör auf damit, sonst wird dir etwas passieren!“ Mit Haft oder langen Strafprozessen würden es Regierung und Justiz schaffen, dass sich viele Menschen in Uganda gar nicht erst engagieren ‒ oder nicht mehr engagieren. Inzwischen werden große Kampagnen auf Online-Plattformen verlagert ‒ um das Risiko zu reduzieren, verhaftet oder angeklagt zu werden. Die im Land eingeschränkte Meinungs- und Versammlungsfreiheit behindert die Lobbyarbeit erheblich. Manche Aktivitäten finden daher heute eher außerhalb des Landes statt.
Lea Bonasera ist Mitbegründerin der Letzten Generation. Die Autorin des Buches „Die Zeit für Mut ist jetzt – wie uns ziviler Ungehorsam aus Krisen führt“ schreibt gerade ihre Doktorarbeit über zivilen Ungehorsam. Mittlerweile erfüllt sie keine offiziellen Rollen mehr bei der Klimagruppe, aber steht weiterhin für die Werte der Klimaaktivist:innen ein. Die Klimaproteste seien zwar radikal in den Forderungen, aber friedlich in der Form gewesen, sagt sie. Die Motivation für die Straßenblockaden der Letzten Generation als Protestform beruhen auf dem wissenschaftlichen Konsens, dass wir auf eine Erwärmung von drei Grad gegenüber der vorindustriellen Epoche zusteuern. Dennoch wurden die Straßenblockaden mehrfach gewaltsam geräumt und Aktivist:innen in Bayern wurden für 30 Tage in sogenannte Vorbeugehaft genommen. Aus Sicht der Polizei war das rechtens. Doch CIVICUS stuft Deutschland maßgeblich wegen des Umgangs mit den Klimaprotesten als Land mit einer „beeinträchtigten“ Zivilgesellschaft ein.
Nidia Pacheco, 23 Jahre alt und Koordinatorin eines Netzwerks zur Stärkung der indigenen Frauen in Mittelamerika, weiß, dass Protest zu Recht verhelfen kann: Ihre Familie, Teil der indigenen Gemeinschaft Ipetí Emberá, wurde 1972 von ihrem Land in Alto Bayano vertrieben; ein Konzern hatte dort ein Wasserkraftwerk gebaut. Erst nach mehr als vier Jahrzehnten des Protestes, der juristischen Klage und einer Entscheidung des Interamerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte wurde die indigene Gemeinschaft entschädigt. Pacheco hat sich nun den landesweiten Demonstrationen gegen eine geplante Kupfermine angeschlossen. Den Vertrag dafür hatte die Regierung des sozialdemokratischen Präsidenten bereits im August mit einem kanadischen Konzern geschlossen. Den gesamten November über versperrten die Demonstrant:innen wichtige Verbindungsstraßen. Am Ende erklärte das höchste Gericht Panamas den Bergbau-Vertrag für verfassungswidrig, weil die rechtliche Grundlage für diesen Vertrag fehle.
Die Organisation von Vicky Tauli Corpuz „Tebtebba“ setzt sich auf den Philippinen dafür ein, dass indigene Gemeinschaften ihre Rechte besser einfordern können. Die größte Herausforderung ist dabei der anhaltende Rassismus gegenüber und die Diskriminierung von Indigenen. Weltweit werden die Rechte Indigener auf ihr Land und auf ihre Ressourcen verletzt. Wer sich dagegen wehrt, wird verhaftet, oft aufgrund falscher Anschuldigungen. Weitere Probleme sind, dass Indigene vielerorts vertrieben oder gar brutal getötet werden ‒ es aber häufig weder eine Wiedergutmachung noch eine Entschädigung gibt. Viele Länder, vor allem in Asien und Afrika, haben nie nationale Gesetze verabschiedet, die individuelle oder kollektive Rechte der Indigenen anerkennen. Das alles versuchen Corpuz und ihre Mitstreiter:innen zu ändern. Es ist ihnen gelungen, dass der UN-Fonds für Kilmaschäden einen eigenen Passus für indigene Gemeinschaften aufgenommen hat. Damit indigene Menschen aktiv an den UNFCC-Prozesse teilhaben können, sammelt „Tebtebba“ zudem Geld für die Reise- und Unterbringungskosten und bereitet sie in Workshops darauf vor, worauf es etwa bei den jährlich stattfindenden Klimakonferenzen zu achten gilt.
„Frauen kümmern sich um die Ernährung ihrer Familien, sie melken die Kühe, arbeiten im Garten, kochen ‒ doch dafür stehen ihnen immer weniger Wasser und Holz zur Verfügung“, sagt Balkisou Buba, eine Klimaaktivistin aus Kamerun. Durch die Klimakrise werden diese kostbaren Ressourcen knapp. Viele Frauen müssen daher immer längere Wege zurücklegen, um Wasser und Feuerholz zu beschaffen. Umso wichtiger sei es, die Frauen über die Ursachen ihrer Not aufzuklären, sagt Balkisou Buba. Frauen sind von den Folgen der Klimakrise auch deshalb überdurchschnittlich betroffen, weil sie weniger Zugang zu Informationen wie etwa Frühwarnsystemen haben ‒ und weil oft sie es sind, die sich auf der Flucht um Angehörige kümmern. In Afrika südlich der Sahara sorgen zwei Drittel der Frauen dafür, Lebensmittel anzubauen, zu verarbeiten, zu verkaufen; in Südasien sogar mehr als 70 Prozent. Es hängt daher vor allem von Frauen ab, ob es gelingt, Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel erfolgreich umzusetzen oder dürreresistentes Saatgut einzusetzen.
Hinweis: Die Spendenbeispiele sind symbolisch. Durch Ihre zweckungebundene Spende ermöglichen Sie uns dort zu helfen, wo es am dringendsten ist.
56 € (Spendenbeispiel) Mit 56 € kann zum Beispiel ein Hygiene-Paket für eine geflüchtete Familie finanziert werden.
100 € (Spendenbeispiel) Mit 100 € kann zum Beispiel Gemüse-Saatgut für die Bewirtschaftung von ca. 10 Feldern bereitgestellt werden.
148 € (Spendenbeispiel) Mit 148 € kann zum Beispiel ein Regenwassertank mit 2.000 Liter Fassungsvermögen gekauft werden.
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