In Deutschland und europaweit kämpfen derzeit Milchbäuerinnen und -bauern um das Überleben ihrer Höfe. Ruinöse Preise auf einem hochkonzentrierten Markt bedrohen ihre Existenz. Sie fordern eine Agrarpolitik, die sich am heimischen Bedarf orientiert und so auskömmliche Preise garantiert. Genug ist genug: Diese Forderung nach dem Abbau der Überschussproduktion ist neu und wegweisend in der Agrarpolitik der Europäischen Union.
Im Bereich der Milchpolitik verfolgen die EU, die USA und viele Länder im Süden eine Strategie der Integration in den Weltmarkt. Diese "Wachse oder Weiche" - Expansion hat fatale Folgen bei uns und in Afrika. Am Beispiel Kamerun wird deutlich, dass es billiger ist, importiertes Milchpulver zu verarbeiten als lokale Milch. Die letzte Molkerei, die bei kamerunischen Milchbauern aufkaufte, musste ihre Tore schließen.
Dass es auch anders geht, zeigen die Beispiele Kenia und Indien. Sie schützen ihre heimischen Märkte und fördern die Milchproduktion im Lande. Hier zeigt sich, dass Milchwirtschaft für die Existenzsicherung und Armutsbekämpfung der Menschen im ländlichen Raum eine hohe Bedeutung hat. Wo die Milch in der Produktion gefördert wird, ist auch der pro-Kopf-Verbrauch sehr viel höher.
Am Tag vor der Eröffnung des "Global Forum on Food and Agriculture", dem "Davos der Landwirtschaft", wie es Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner nennt, wollen wir zusammen mit VertreterInnen von Bauernorganisationen und ExpertInnen aus Nord und Süd am Beispiel Milch darüber diskutieren, welche Politik der Entwicklung der ländlichen Räume, der Versorgung der Bevölkerung und einem nachhaltigen Umgang mit Ressourcen dient. "Ein 'Weiter wie bisher' ist keine Option", ist die zentrale Aussage des Weltagrarberichts.
Der "Freundeskreis Weltagrarbericht" veranstaltet diese internationale Tagung, um gemeinsam herauszufinden, wie nachhaltige Ernährungssouveränität für Bäuerinnen und Bauern, aber auch für uns Weltbürger und VerbraucherInnen aussehen kann und welche agrarpolitischen Rahmenbedingungen sie braucht.
Im Anschluss an die Tagung entwickelten einige Referenten ein Manifest mit Forderungen für neue Spielräume der Milchpolitik auf nationaler und internationaler Ebene.