Stipendiatinnen und Stipendiaten des EED blicken auf den 33. Deutschen Evangelischen Kirchentag vom 1. bis 5. Juni 2011 in Dresden zurück.
Fünf Tage versammeln sich tausende Menschen aus ganz Deutschland und anderen Ländern in Dresden, die ihre Vertreter zu dieser großartigen Veranstaltung, dem 33. deutschen evangelischen Kirchentag, geschickt haben. Das Motto „... da wird auch dein Herz sein" zieht sich wie ein roter Faden durch die Veranstaltungen und verbindet die Besucherinnen und Besucher des Kirchentags. Die Stipendiatinnen und Stipendiaten EED sind ein Teil von ihnen.Die Veranstaltung wird durch einen lebendigen Gottesdienst eröffnet; besonders interessant ist die Vorführung eines Theaterstücks, das die Seele der modernen Menschen, die Sehnsucht nach mehr haben, darstellt: Sie wollen immer mehr und noch mehr. Von dieser Darstellung aus werde ich meinen Rückblick auf den Kirchentag in Dresden beschreiben.
Zarina Sadyrbek aus Kirgistan studiert in Leipzig Ostslawistik und Deutsch als Fremdsprache auf Magister.
„Wir sind Deutsche, Punkt!" sagt eine muslimische Pädagogin zu muslimischen Schülern, als sich die Frage um ihre Identität dreht. Diese Aussage, die ich bei der Veranstaltung „Welt ohne Gott - Gott ohne Welt: Glauben im säkularen Umfeld" gehört habe, beeindruckt mich. Statt durch die Religion soll die Identität eines Einzelnen oder einer gesellschaftlichen Gruppe in einem Land auf Grund der Nationalität bestimmt werden.
Die Frage ist, wie solche Aussagen, die von durch Medien verbreitete negative Bilder über den Islam geprägt sind, angenommen werden können. Im Dialog über „Bilder - Zerrbilder - Feindbilder: Wie Christen, Juden und Muslime sich sehen" wird z.B. ein Bild gezeigt von einer Schwangeren: wie ein Zombie mit Kopftuch, der Bauch eine angezündete Bombe. Sagt das Bild die Wahrheit, dass Islam mit dem Horror identisch ist, voll von Gewalt und Terrorismus? Das Bild allein kann die ganze Wahrheit nicht sagen, sondern es kann zusammen mit dem Prozess der Betrachtung des Bildes, meiner Meinung nach, die Wahrheit verstanden werden, d.h., man muss ein Bild kritisch und aus verschiedenen Perspektiven betrachten.
Gibt es tatsächlich eine Feindlichkeit gegen den Islam in Deutschland? Ich habe an dem solidarischen Gedenken an der ermordeten Marwa El-Sherbini teilgenommen. Sie war eine ägyptische Frau und wurde am 1. Juli 2009 während einer Strafverhandlung im Landgericht Dresden, zu der sie als Zeugin geladen war, vom Angeklagten aus islam- und ausländerfeindlichen Motiven erstochen. Obwohl die Tat noch nicht lange her war, gab es nur wenige Teilnehmende an der Veranstaltung, ca. 20 Personen. Warum? Erinnert sich niemand mehr an diesen Fall oder will man, auch die Christen und die Kirche, den Fall nur als kriminell betrachten? Wollen die Christen und die Kirche einfach schweigen?
„Religion hat eine wichtige Funktion zu stabilisieren" und sie hat eine Doppelrolle: als Legitimation und Kritik. Diese Rollen sollen gleichgewichtig gespielt werden.
Beim Schlussgottesdienst wird Kritik an Atomkraft geäußert und zur Hilfe für Flüchtlinge aufgerufen. „Mach die Augen auf, lasst das Gottesreich zu uns kommen." Es gibt doch Alternativen! Ich habe vom Kirchentag die Botschaft mitgenommen, dass die Menschen lernen sollen, mit der Sehnsucht nach mehr umzugehen. Diese Sehnsucht kann uns in Versuchung bringen und vielleicht ist sie das Böse, das in unserer Seele versteckt ist."
Aris Margianto aus Indonesien promoviert in Heidelberg in Biblischer Hermeneutik.
"I really enjoyed the lively and open atmosphere during the Kirchentag days, the multicultural ambient, the crowds of friendly people committed to development and social projects, the lots of cheerful people giving off good vibes, the diversity, good quality and interesting thematic programme. I also found fantastic the city of Dresden and the weather, and last but not least, I felt very happy for seeing again many friends from "EED family" and getting to know new ones. [...] I joined the event "China in Africa", which I found a very interesting topic. I learned that the China's investments in Africa are a big concern of the European governments and companies. The panel members, most of them from African countries, argued that in their opinion the business with China is much more fair trade than with European countries. The way of doing business between Africa and China is different because it supposes to be two-way trade."
Fabricia C. Roos Frantz aus Brasilien promoviert in Sevilla in Software Engeneering.
„Als ich auf dem Weg nach Dresden gewesen bin, hatte ich keine Vorstellung davon, was der Kirchentag sei und wie viele Menschen da sein und daran teilnehmen werden. Endlich kam ich am Mittwochmittag in Dresden an und war sehr erstaunt, weil es schon so viele Menschen gab, die zudem sehr begeistert aussahen. Ich glaubte, dass ihre Herzen schon beim Kirchentag waren, so wie das Motto „...da wird auch dein Herz sein". Für mich war es sehr interessant zu sehen, dass auch so viele junge Leute da waren, die sich für den Kirchentag engagierten. Solange ich in Deutschland bin und jeden Sonntag in die deutsche Kirche zum Gottesdienst gehe, ist es selten, dass ich junge Menschen treffe; ich bin der Meinung, dass die deutsche Kirche ein großes Problem hat, es heißt Generationen-Krise. Aber beim Kirchentag fand ich so viele junge Leute, die sehr kreativ, aktiv und hilfsbereit waren. Natürlich hat diese Realität meine vorangehende Meinung verändert."
Wahyu Nugroho aus Indonesien promoviert in Rostock in Islamwissenschaften.
„Ich habe zwei interessante Vorträge besucht. Der eine Vortrag lautete „Ein Herr, ein Glaube - darum auch eine Taufe!: Lutherisch-baptistischer Dialog." Ich bin ein Baptist und ich habe vorher nie mit Lutheranern über Kindertaufe diskutiert. Dieses Gespräch fand ich sehr interessant und lehrreich für mich."
Elungkiebe Zeliang aus Indien promoviert in Heidelberg in Religions- und Missionsgeschichte.
"[...] Sowohl ältere Themen wie Sklaverei und Korruption als auch neuere Probleme wie Umweltzerstörung wurden erörtert.
Ich frage mich: Wie konnten damals unsere Vorfahren, die Christen waren, einfach andere Menschen als minderwertig halten und zu Sklavenarbeit zwingen!?
Zum Glück wird ein solches Benehmen heutzutage nicht mehr geduldet. Genauso verachtet werden die Korruption und diejenigen, die das praktizieren. Dennoch frage ich mich: Wie können wir, als gegen Armut engagierten Christen, die Korrupten - völlig zu Recht - beschimpfen und verurteilen und gleichzeitig die Steuerparadiese, wie z.B. die Schweiz und Liechtenstein - wo das gestohlene Geld Wohlstand ermöglicht - dulden? Sollten wir nicht etwas aus der Geschichte der Sklaverei lernen? Sind wir eigentlich besser als unsere Sklaverei tolerierenden Vorfahren?"
Airton Adelar Mueller aus Brasilien promoviert in Berlin in Soziologie.
„Es waren sehr bereichernde Tage, die einzigartig für mich bleiben werden. [...] Erstens möchte ich anmerken, dass ich die Möglichkeit geschenkt bekam, die schöne Stadt Dresden in den Blick zu nehmen. Die sehr schöne Architektur und die Gemütlichkeit an den Elbterrassen, die die reiche Geschichte Deutschlands teilweise darstellen. Viel wichtiger als ein Rahmenprogramm für Stipendiatinnen und Stipendiaten ist und war in der Praxis die Integration und das Kennen lernen mit Mitarbeitern und Rückkehrern des EED. Dabei wurde es möglich, mehr von der Arbeit des EED zu begreifen. [...]
Ich hatte wegen meines Standdienstes bei der Ausstellung „Ausweitung der Massentierhaltung in Deutschland als globales Problem" wenig Zeit, um Veranstaltungen anzusehen. Das war aber überhaupt kein „Dienst": Die Möglichkeit gehabt zu haben, bei der Ausstellung zur Massentierhaltung mithelfen zu können, war das Positivste am Kirchentag für mich. Die Thematik der Ausstellung gehört zu meiner Forschung. Deshalb waren es die Diskussionen mit den Besuchern der Ausstellung, die nicht nur für meine Forschungen, sondern für mich selbst Anregungen beigetragen haben. Wegen meiner Beschäftigung habe ich nur an der Veranstaltung „Fleisch in Massen - Fleisch in Maßen" teilnehmen können. Es war aber auch die Veranstaltung, die mich am meisten interessierte. Auch bei der Ausstellung konnte ich weitere Kontakte mit eingeladen Gäste des EED, wie King David Amoah aufnehmen, sowie weitere Kontakte im Rahmen meiner Forschungsthematik knüpfen. Was eigentlich als „Standdienst" bezeichnet wurde, war der Höhepunkt des Kirchentags für mich."
Paulo Schönardie aus Brasilien promoviert in Hamburg in Wirtschafts- und Sozialwissenschaften und hat während des Kirchentags in der EED-Delegation mitgearbeitet.