Auf der UN-Konferenz zu HIV/Aids vom 8. bis 10. Juni in New York nehmen die Vereinten Nationen eine Bestandsaufnahme vor: "10 Jahre Politische Verpflichtungserklärung zu HIV/Aids". Was wurde erreicht und was ist noch zu tun? 2006 wurde darüber hinaus erstmals das Recht aller HIV-Infizierten auf "Universellen Zugang zu Prävention, Behandlung und Unterstützung" festgehalten. Dieser Beschluss hat Bewegung in die HIV/Aids -Bekämpfung gebracht. Seitdem wird versucht, die Vision zu verwirklichen, dass wirklich alle Menschen, die Prävention oder Behandlung brauchen, diese auch bekommen.
Allerdings ist der universelle Zugang zu HIV-Prävention und -Behandlung bei weitem noch nicht erreicht. Zwar sinkt die Zahl der neuen Infektionen, und mehr Menschen erhalten lebenserhaltende Behandlung. Doch muss noch viel mehr getan werden, um das UN-Millenniumsziel umzusetzen, die Ausbreitung der Seuche bis 2015 zu stoppen. Immer noch bleiben zehn Millionen Aids-Kranke ohne Behandlung. Aids-Medikamente für Kinder sind Mangelware. Frauen werden benachteiligt und HIV-Infizierte weltweit stigmatisiert. Nur ein Drittel aller jungen Menschen weltweit hat umfassende Informationen zu HIV - eine unabdingbare Voraussetzung, um sich vor Ansteckung konsequent schützen zu können.
Seit Monaten wird von den UN-Mitgliedsstaaten bereits an einer Abschlusserklärung für das UN-Treffen verhandelt. Seit einigen Tagen sind diese Verhandlungen in die heiße Phase getreten und werden von hochrangigen Regierungsvertreter/innen geführt. Die Bundesregierung ist seitens des Bundesministeriums für Gesundheit durch Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz vertreten, da Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr seine Teilnahme kurzfristig abgesagt hat. Welche Aussagen die Abschlusserklärung enthalten wird, hat weitreichende Konsequenzen, weil die Regierungen an den in dem Dokument festgehaltenen Zusagen gemessen werden können.
Nützlich sind Verhandlungen in New York, weil die Regierungsvertreter Einsichten in die HIV/Aids-Pandemie erhalten, die sonst Experten vorbehalten bleiben. Problematisch für den Verhandlungsprozess ist die Tatsache, dass die Regierungsvertreter von den Realitäten vor Ort oft weit entfernt sind und politisch-strategische Überlegungen die Sachfragen überlagern. Dazu zählen etwa die Ambitionen verschiedener Staaten auf einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat.
Die Verhandlungen über die Abschlusserklärung sind ein schwieriger Prozess. Die wichtigsten strittigen Punkte sind:
- die Erwähnung von "Schlüsselbevölkerungsgruppen", also Menschen, die besonders verletzlich sind für HIV. Das sind Homosexuelle, Drogengebraucher/innen und Sexarbeiter/innen. Einige Länder (beispielsweise Russland und die arabischen Staaten) möchten die Erwähnung dieser Gruppen in der Abschlusserklärung verhindern. Andere Länder wollen sich nicht auf Aussagen über Menschenrechte im Kontext von HIV/Aids, beispielsweise von Frauen, festlegen.
- Ebenfalls umstritten sind die Zielvorgaben für Prävention und Behandlung. Den Minimalforderungen von UNAIDS wurde zwar zugestimmt, aber die für das Abschlussdokument vorgeschlagene Sprache ist eher vage und beinhaltet somit keine belastbaren Verpflichtungen. Vor allem die reichen Länder (Europäische Union und USA) sind für niedrigere Ziele als von UNAIDS vorgesehen. Die Geberstaaten sträuben sich zudem, konkrete Verpflichtungen zu den benötigten finanziellen Mitteln einzugehen. Es gibt Widerstände dagegen, die von UNAIDS geforderten Mittel in Höhe von 22 Milliarden US-Dollar pro Jahr für die globale Aids-Bekämpfung im Dokument festzuschreiben.
In den vergangenen Monaten haben die NRO vor Ort und über globale Netzwerke versucht, die Abschlusserklärung zu beeinflussen - so auch der EED, über das Aktionsbündnis gegen AIDS und die Ecumenical Advocacy Alliance. Jetzt machen die NRO- Vertreter/innen in New York so viel Einfluss wie möglich auf ihre Länderdelegationen geltend, um konkrete Beschlüsse zu Menschenrechten, verletzlichen Bevölkerungsgruppen und ambitionierte finanzielle Ziele in die Abschlusserklärung einzubringen.