Kritik an der Zunahme von Rüstungsexportgenehmigungen an Drittstaaten, also an Länder außerhalb von NATO und EU, hat die Gemeinsame Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE) bei der Vorstellung ihres diesjährigen Rüstungsexportberichtes vor der Bundespressekonferenz am heutigen Montag in Berlin geübt. Mit 42 Prozent machten sie in 2011 annähernd die Hälfte aller Ausfuhrgenehmigungen aus. „Aus der Ausnahme scheint eine Regel geworden zu sein“, kommentierte Prälat Karl Jüsten, der katholische Vorsitzende der GKKE. 21,2 Prozent der Einzelgenehmigungen seien in 2011 an Länder gegangen, die staatliche Entwicklungshilfe empfangen. Inzwischen sei die Zahl der Empfängerländer, die hinsichtlich ihrer Menschenrechtssituation als bedenklich eingestuft würden, auf 64 angestiegen; 2010 waren es noch 48 Länder. Der Bericht der Bundesregierung vermittle den Eindruck einer Genehmigungspraxis, „die sich nicht an die eigenen restriktiven Maßstäbe hält und die Einhaltung der Menschenrechte immer wieder anderen Interessen unterordnet - im Gegensatz zu den ausdrücklichen Erklärungen der Bundesregierung“, so Jüsten.
Zur Argumentation der Bundesregierung, mit Rüstungslieferungen an Partner in Konfliktregionen „Stabilitätsanker“ zu schaffen, nahm Prälat Bernhard Felmberg Stellung: „Es ist ein gefährlicher Trugschluss zu glauben, dass Lieferungen von Waffen oder Kriegsgerät zur Stabilisierung (der Lage in Konfliktregionen) beitragen könnten.“ Eine solche Politik greife zu kurz und übersehe Probleme, die von Waffenlieferungen ausgehen können. „Rechtsstaatlichkeit ist eine Voraussetzung für nachhaltige Entwicklung und Friedenssicherung - mehr als Panzer und andere Kriegswaffen“, sagte der evangelische Vorsitzende der GKKE. Felmberg begrüßte das Engagement der Bundesregierung zugunsten eines starken weltweiten Waffenhandelsvertrags („Arms Trade Treaty“ ATT), und ermutigte zu weiteren Anstrengungen auch nach der vorläufig gescheiterten Vertragsstaatenkonferenz.
An die Überprüfung des Gemeinsamen Standpunktes der EU, von der in 2012 viel erwartet worden war, erinnerte Jan Grebe vom Bonner Internationalen Konversionszentrum (BICC), der neue Vorsitzende der Fachgruppe Rüstungsexporte. Der Rat der EU habe in einer Erklärung vom 19. November 2012 zwar seine Verpflichtung unterstrichen, die Kooperation der EU-Mitgliedsstaaten zu stärken, um den Export von Rüstungsgütern zu verhindern, die für Repression benutzt werden oder regionale Instabilität fördern können. „Es ist jedoch weiterhin offen, ob und wie EU Mitgliedsstaaten eine Verbesserung und Anpassung der Instrumente in der Praxis umsetzen werden und ob sie eine Harmonisierung des europäischen Rüstungsexportkontrollregime fördern können.“