Die Diskussion über den Vorschlag zur Neugestaltung der EU-Agrarpolitik, den die Europäische Kommission im letzten November vorgelegt hat, hat nun im Europäischen Rat, also unter den Mitgliedsstaaten, offiziell begonnen. In früheren Reformrunden hat die Mehrheit des Rats die Änderungsvorschläge der Kommission meist blockiert oder verwässert. Deutschland gehörte vor allem unter konservativen Regierungen in der Regel zu den entschiedensten Verteidigern des Status quo. Bislang zeichnet sich das auch in Bezug auf das zentrale Reformvorhaben, die Neuausrichtung der Direktzahlungen auf gemäßigte ökologische Ziele ab. Das Landwirtschaftsministerium kritisiert in offiziellen Stellungnahmen, die Vorschläge der Kommission seien zu bürokratisch. Zudem hält sie die von der Kommission ebenfalls angestrebte Deckelung der Direktzahlungen auf höchstens 300.000 Euro pro Betrieb für nicht gerechtfertigt.
In der ersten offiziellen Diskussionsrunde zum Kommissionsvorschlag im Rat ging es allerdings noch nicht um die Direktzahlungen, sondern um Marktordnung. Aus handels- und entwicklungspolitischer Sicht ist dabei besonders relevant, dass darunter auch die Exportsubventionen fallen. Die Kommission hatte vorgeschlagen, sie als Instrument beizubehalten. Sie sollen auch weiterhin dafür eingesetzt werden, eine "angemessene Beteiligung der EU am Welthandel" zu sichern. Abgeschafft werden sollen sie nur im Rahmen der gerade faktisch gescheiterten Doha-Runde der WTO. Bis vor kurzem war dies auch noch die Position der Bundesregierung, auch wenn das für Entwicklungspolitik zuständige BMZ schon seit mehreren Legislaturperioden auf ein unilaterales Ende drängt. Wegen der hohen Weltmarktpreise für die meisten landwirtschaftlichen Güter sind die Ausgaben für Exportsubventionen ohnehin auf ein historisches Tief von 160 Millionen Euro gesunken.
Im Rat hat das Bundeslandwirtschaftsministerium jetzt überraschend seine Position geändert, und gefordert, Exportsubventionen als Instrument aus der reformierten Agrarpolitik zu streichen. Die geringen aktuellen Ausgaben haben dies sicherlich erleichtert. Ob die Bundesregierung sich damit gegen Frankreich und andere Mitgliedsstaaten durchsetzen kann, bleibt abzuwarten. In Deutschland stellt der Kursschwenk einen wichtigen Lobbyerfolg für die vielen NGOs dar, die dies seit langem fordern. Um die Europäische Agrarpolitik allerdings zu einem positiven Faktor für Welternährung und ländliche Entwicklung weltweit zu machen, sind noch grundlegendere Reformschritte notwendig.
Michael Frein, Tobias Reichert, Stig Tanzmann