Während der diesjährigen Konferenz der World Fair Trade Organization vom 25. bis 31. Mai in Rio de Janeiro trafen sich über 200 Vertreter/innen aus fast 50 Ländern um sich auszutauschen und über ein „Guarantee System“ zu diskutieren. In den vorausgegangenen Monaten hatten 10 Produzenten- und Handelsorganisationen dieses Monitoring System erprobt. Besonders interessant ist dieses System für den Handicraftsektor (Handwerk, z.B. Schmuck, Keramik etc.), denn hier fehlt es bislang an Möglichkeiten die Produkte als Fair auszeichnen zu lassen. So setzt dieses Guarantee System auch nicht an einer Produktzertifizierung an, sondern macht es sich zum Auftrag die Mitglieder der WFTO, also Produzenten- bzw. Handelsorganisationen, mittels eines Monitoring und externen Audits als Fairhandelspartner zu stärken. Besonders in den lokalen Märkten der einzelnen Länder und Regionen steigt die Bedeutung des Fairen Handels. Im Handicraftbereich bedeutet das eine klare Unterscheidungsmöglichkeit fair agierender Organisationen zu anderen. Meera Bhattarai von der Association of Craft Producers in Nepal berichtete, dass es in Kathmandu inzwischen Läden gibt, die „fair trade“ an die Ladentür schreiben ohne die Bedeutung dessen zu erfassen. Es zeigt sich inzwischen schlicht, dass es einen steigenden lokalen Absatzmarkt fair gehandelter Waren auch im non-food Bereich gibt.
Ein besonderes Augenmerk liegt laut Rudi Dalvai, Präsident der WFTO, auf den Kleinproduzenten.
Das Guarantee System ist gekennzeichnet durch:
1. Flexibilität: es muss sich an den unterschiedlichen WFTO Mitgliedern anpassen lassen
2. Nachhaltigkeit: Synergien mit Fairtrade zertifizierenden Systemen sollen gewährleistet sein
3. Dynamik: es muss in der Lage sein sich an Marktveränderungen anzupassen (neue Instrumente einzubeziehen)
4. Glaubwürdigkeit: es soll offen für alle im Faire Handel Aktiven sein
Die Instrumente des Guarantee Systems bestehen aus einer Selbstbewertung, einem externen Audit und einem Peerbesuch.
Auf diese Weise sollen vor allem Dokumentation, Strategieentwicklung und Nachverfolgbarkeit gewährleistet werden. In der Produzentenorganisation Ayni Bolivia, die eine der Pilotorganisationen war, sorgte der lange Selbsterhebungsfragebogen erst einmal für Haare - raufen. Nachdem die Dokumente dann aber Schritt für Schritt durchgearbeitet wurden, kam es zu neuen Erkenntnissen. So half das System Struktur zu bekommen und neue Produkte zu entwickeln. Fernsehauftritte folgten, in denen die Bedeutung des Fairen Handels verdeutlicht wurde.
Die unterschiedlichen Möglichkeiten der Auditierung bzw. Zertifizierung wurden während der Konferenz durch Vertreter/innen von IMU, FLO-Cert und Ecocert vorgestellt. Dadurch erschlossen sich den Zuhörenden Unterschiede und Synergien der einzelnen Systeme.
Rio de Janeiro wurde in der Woche der Konferenz zur „Capital of Solidarity and Fairtrade“ ernannt. In diesem Rahmen wurde die „economia solidaria“ vorgestellt, ein von der brasilianischen Regierung unterstütztes System zur Stärkung der Kleinproduzenten und Fairhandelsbewegung. Prof. Paul Singer, Staatssekretär für die Solidarische Ökonomie, bestärkte in seinem Vortrag die Bedeutung von Fairem Handel besonders für die Menschen, die sonst keinen Zugang zu sozialer und ökonomischer Teilhabe mehr hätten und die ihre Not oft genug in den Selbstmord getrieben hat. Nicht nur Geld ist dabei von Bedeutung, sondern auch Anerkennung. Menschen müssen die Arbeit von Kleinproduzenten wertschätzen, denn sie sind unersetzbar für die Gesellschaft. Zudem sind sie eine Quelle von wertvoller Expertise.