Am Freitag Abend ging es mit einem Abendessen los. Dabei habe ich Leute, die ich aus dem Libanon und aus Deutschland kenne, wieder getroffen und viele, viele neue Menschen kennengelernt. Seit Monaten habe ich mich auf diese Zeit Wochen in Korea gefreut und ich muss gestehen, dass bis jetzt meine Erwartungen übertroffen wurden. Die Gemeinschaft ist einzigartig. Einfach alle Menschen, die ich bis jetzt getroffen habe, sind so spannend, offen und freundlich. Dabei kommen wir aus so verschiedenen Kontexten, viele von uns sind privilegiert, andere dagegen benachteiligt. Viele kommen aus Ländern, in denen Frieden inzwischen Normalität ist, andere kommen aus Ländern, in denen schon fast das Gegenteil der Fall ist. In unseren Gesprächen und Diskussionen sind die unterschiedlichen Hintergründe und Sichtweisen spürbar. Aber ich bin begeistert von der Toleranz und von dem Willen aller Teilnehmenden den oder die andere zu verstehen.
Unser Programm in Busan
Pro Einheit fanden jeweils zwei Vorlesungen statt, die danach in Seminargruppen diskutiert wurden. Es gab zwei Einheiten pro Tag. Es wurde versucht die Seminargruppen nach Gender, Kontinent und Konfession ausgewogen aufzuteilen. In meiner Gruppe ist eine Indonesierin, ein Inderin, ein Äthiopier, ein Ghanaer, eine Ägypterin, ein Koreaner und zwei Amerikanerinnen aus der koptischen, der presbyterianischen der lutherischen, der baptistischen Kirche. Unsere Gruppe wird geleitet von einer Schwedin und einer Koreanerin, die in Amerika lehrt. Nach den ersten vier Treffen fühle ich mich schon richtig wohl in meiner Gruppe und es tut gut immer wieder mal die gleiche Gruppe von Menschen zu sehen und Gespräche fortzusetzen. Denn die restliche Zeit lerne ich immer wieder neue Menschen kennen, die ich davor noch nicht wahrgenommen habe.
Die Inhalte der Vorlesungen in Busan sind rund um das Thema „Christentum in Korea und in ganz Asien“. Da Asien der meist bevölkerte Kontinent ist und sich das noch steigern wird, und dabei auch die Christen wahrscheinlich den größten Zuwachs haben werden, wird dieses Thema für Christen weltweit ein immer wichtigeres werden. Dabei werden die verschiedensten Themen angesprochen: der Einfluss der „asiatischen“ Kultur und anderer, in Asien verwurzelten Religionen auf das Christentum, die Kontextualisierung der Theologie, die politische Situation in Nordostasien, wo sich im Moment soviel Atombomben und andere Waffen befinden, wie sonst nirgends in der Welt, die Stellung der Frau, die riesigen Migrationströme von ärmeren asiatischen Länder zu reicheren ...
Einige der Vorlesungen können unter folgenden Link abgerufen werden:
http://www.youtube.com/playlist?list=PLI22eVXX9FYnWMG_PSFIn-B9btccveUB_
Besuch in einer koreanischen Kirche und ein Ausflug nach Seoul
Für den Sonntag wurden die einzelnen Seminargruppen bestimmten Kirchen zugeteilt, die sie gemeinsam besuchen konnten. Die meisten von uns wollten in die Full Gospel Church, die laut Wikipedia mit einer Millionen Mitglieder die größte Pfingstkirche der Welt ist. Auch ich wäre gern in diese Kirche gegangen, aber meine Gruppe war für eine andere Kirche ausgewählt worden. Aber das, was ich von denen erfahren habe, die in der Full Gospel Church waren, ist schon sehr beeindruckend. Sieben Gottesdienste an einem Sonntag, jeder einzelne mit Tausenden Menschen, 30 Diakone, die das Opfer einsammeln pro Gottesdienst. Dazu betreibt die Kirche ein Krankenhaus und andere soziale Einrichtungen, hat tausend Missionare in der Welt, ist mit gigantischer Technik ausgestattet und muss unglaublich viel Geld zu Verfügung haben. Die Technik haben aber auch andere Kirchen in Korea zu Verfügung, u.a. hängen auch Flachbildschirme an den Wänden der katholischen Kirche.
Ich habe mit meiner Seminargruppe eine presbyterianische Kirche in unserem Stadtviertel Suyu besucht. Auch diese Kirche, in der vielleicht 300-500 Menschen waren, war restlos voll. Auch hier wurde der Chor und der Pfarrer auf eine Leinwand übertragen. Wenn gebetet wurde kam oft ein Bild mit betenden Händen auf dem Bildschirm, beim Abendmahl ein Bild von Jesus beim Brotbrechen. Ersteres war sehr hilfreich, denn wir verstanden ja kein Wort. Ein weiteres auffallendes Detail war, dass der Abendmahlstisch mit einer Decke bedeckt war, auf der das Abendmahl von Da Vinci gedruckt war. (Bilder s.u.) Die Melodien der Lieder waren mir bekannt, während des Abendmahls wurde sogar ein Taize-Lied gesungen. Die Predigt war sehr lebendig und der Pfarrer wurde des Öfteren richtig laut. Der Chor war wie der ganze Gottesdienst höchst professionell bis in jedes Detail.
Nach der Kirche haben wir mit der ganzen Gemeinde gegessen. Jeden Sonntag gibt es in dieser Kirche, wie in vielen anderen Kirchen Koreas, ein warmes gemeinsames Mittagessen. In dieser Kirche wird das so organisiert, dass in einem bestimmten Zyklus verschiedene Frauengruppen kochen und verschiedene Männergruppen abspülen. Organisatorisch aufwendig, aber richtig schön.
Der Kirchenbesuch war sehr lebendig. Wie ich von den anderen Gruppen mitbekommen habe, waren die Kirchen immer sehr gut besucht. Mich hat dabei auch überrascht, was für eine finanzielle Kraft die Kirchen scheinbar haben, zum Beispiel besitzt eine Kirche sogar einen eigenen Kinosaal. Darüber hinaus scheinen viele der koreanischen Christen den ganzen Sonntag in der Kirche zu verbringen. Den Rest des Tages hatten wir den einzigen Freiraum des ganzen Programms. Dabei war ich mit meiner Gruppe in Seoul unterwegs. So hatten wir die Chancen uns in einem viel freieren Rahmen kennen zu lernen, was sehr spannend für mich war. Ich muss gestehen: Meine Gruppe ist schon richtig cool.;-)
Morgen früh um sechs geht es nach Busan. Ich bin gespannt auf die neue Unterkunft, neue Zimmernachbarinnen, und vor allem dem Beginn der Vollversammlung am Mittwoch!
Bis Donnerstag!
Susanne