Die Vollversammlung wurde am heutigen Mittwoch eröffnet. Erster Programmpunkt war eine anderthalbstündige Andacht, in welcher der armenische Katholikos Karekin II. predigte - auf armenisch. Dankbarerweise gab es die Predigt zum Mitlesen auf Englisch. Hauptthema der Predigt war das Leitmotiv der Versammlung „Gott des Lebens, weise uns den Weg zu Gerechtigkeit und Frieden“. Hängenbleiben dürfte jedoch wohl vor allem das Bild vom Haus Gottes, in dem es viele Wohnungen gibt, und seine eindeutige Positionierung, in welcher er die Ehe von Mann und Frau als die „wahre Vielfalt“ bezeichnete. Ob das Thema Familienbild bzw. Umgang mit Homosexualität großen Raum bei der Vollversammlung entfalten wird? Einerseits bewegt das Thema viele Delegierte, die der Auffassung sind, dass die Kirchen neue strittige Themen diskutieren sollen. Andererseits gibt es nur ein geringes Interesse daran, einen Konflikt auf die Vollversammlung zu holen, von dem niemand weiß, ob er gelöst werden kann oder nicht doch alle anderen wichtigen Themen überlagert. Relevant ist dies vor allem angesichts dessen, dass vor dem Veranstaltungsgebäude täglich koreanische Christinnen und Christen gegen den Ökumenischen Rat der Kirchen demonstrieren. Sie werfen ihm unter anderem vor, Fragen menschlicher Sexualität zu diskutieren und mit dem interreligiösen Dialog den christlichen Glauben zu verraten.
Die Demonstrationen zeigen eine tiefe Spaltung innerhalb der Kirchen in Korea. Für die gastgebenden Kirchen macht es die Kritik der eigenen Landsleute besonders schwer. Unbeeindruckt davon gelang es ihnen jedoch, für die Eröffnungsfeier eine bombastische Performance vorzubereiten. Zwei Dutzend Tänzer, Opernsolisten und ein Chor stellten markante Wegmarken der koreanischen Geschichte szenisch dar. Der Saal war absolut beeindruckt von der Aufführung.
Der Rest des Tages war dem Sitzungsgeschäft gewidmet: Berichte vom Moderator des Zentralausschusses und vom Generalsekretär und Bestätigung der Ausschüsse, die im Laufe der kommenden zehn Tage die Entscheidungen der Versammlung vorbereiten werden. Neben den festen Programmpunkten öffnete außerdem der sogenannten Madang-Bereich seine Pforten. Hier stellen Kirchen und ökumenische Organisationen ihre Arbeit vor – vergleichbar zum Markt der Möglichkeiten beim deutschen Kirchentag.
Die Stimmung ist im Übrigen sehr gut. Die ÖRK-Erfahrenen freuen sich, alte Freunde und Bekannte wieder zu sehen, die ÖRK-Unerfahrenen staunen über die Vielfalt von Kirchen und Menschen, die hier vertreten sind. Alle gemeinsam bilden sie eine bunte Mischung aus alt und jung, Anzugträgern und Menschen aus dem Pazifik mit Hawaiihemden in kräftigen Farben, Kirchenleitenden und Ehrenamtlichen, Menschen aus wohlhabenden Ländern und Menschen aus Regionen, in denen Krieg herrscht.
Wer die Vollversammlung ab morgen früh, 8:30 Uhr koreanischer Zeit (0:30 Uhr deutscher Zeit), mitverfolgen möchte, kann dies im Internet live unter wcc2013.info/de tun.
