Ein Jahr nach der Machtübernahme von Präsident Mohammed Mursi steht die von den Muslimbrüdern unterstützte Regierung vor dem Aus. Friedliche Demonstranten, die sich für Demokratie und Freiheitsrechte einsetzen, haben mit dazu beigetragen, die Absetzung des unbeliebten Präsidenten Mursi herbeizuführen. Die Machtübernahme des Militärs, von den Demonstranten euphorisch begrüßt, birgt aber auch Gefahren für eine demokratische Entwicklung und die Gewährleistung der Menschenrechte des Landes. Die zeigte die kurze Machtausübung des Militärs vor den ersten freien Wahlen und auch danach. Die ägyptische Partnerorganisation von Brot für die Welt – Evangelischer Entwicklungsdienst CEOSS (Coptic Evangelical Organisation for Social Services), unterstützte die friedlichen Proteste und rief zum Schutz für die Demonstranten auf. Trotz dieser Bedenken gegenüber dem Militär, forderte CEOSS Polizei und Militär auf, sich in der jetzigen Situation für Sicherheit und ein Ende der Gewalt einzusetzen und einen Bürgerkrieg abzuwehren. CEOSS spricht sich nun für baldige Neuwahlen aus.
Die Unzufriedenheit mit der Regierung der Muslimbrüder brachte die Menschen zu Hunderttausenden zu den Demonstrationen auf die Straßen. Die meist jugendlichen Aktivisten der Initiative Tamarod (Rebellion) hatten zu Demonstration am 30.6.13 aufgerufen, dem Jahrestag der Machtübernahme durch Präsident Mursi. Die Mehrheit der Ägypter wollte sich nicht von den Muslimbrüdern vorschreiben lassen, wie sie ihren Glauben leben sollen. Sie wollten verhindern dass das autoritäre Regime Hosnis Mubaraks nun gegen ein neues autoritäres Regime der Muslimbrüder ausgewechselt wird.
Ägyptische Menschenrechtsorganisationen wie das Cairo Institut for Human Rights Studies, hatten zuvor eine verheerende Bilanz der Menschenrechtslage gezogen, die auch die Militärzeit betreffen.. Die Menschenrechtsverletzungen, die während der Militärherrschaft des SCAF (Supreme Council of the Armed Forces) begangen wurden, blieben unbestraft. Während dieser Übergangszeit wurde etwa 12.000 Zivilisten von Militärgerichten verurteilt, Folterungen und Gewalt gegen Frauen in den Gefängnissen haben zugenommen. In ihrer aktuellen Online-Petition berichtet Amnesty International von über 40 Fällen gewalttätiger Übergriffe auf Frauen in der Umgebung des Tahrir-Platzes. In der Vergangenheit konnte nachgewiesen werden, dass diese Übergriffe durch gewalttätige Mobs Frauen gezielt einschüchtern und von Demonstrationen fernhalten sollten. Weder die ägyptische Regierung noch Vertreter der Parteien verurteilten diese erneuten sexuellen Übergriffe auf Frauen.
Die Pressefreiheit ist ebenfalls eingeschränkt. Journalisten können wegen angeblicher Verunglimpfung des Präsidenten und des Islam oder Gefährdung der Sicherheit mit Strafanzeigen oder Prozessen überzogen werden. Während der jüngsten Demonstrationen wurden 10 Journalisten während der Berichterstattung attackiert. (Quelle: Reporter ohne Grenzen). Die Gewalt gegen koptische Christen, die Beschädigung von Kirchen und ihren Einrichtungen haben die Sicherheitskräfte nicht verhindert. Etwa 25 Menschen, vorwiegend koptische Christen, wurden bei einer Demonstration im Herbst 2011 Opfer durch den Schusswaffengebrauch des Militärs.
Nach wie vor werden Christen beim Zugang zu Arbeitsplätzen und in der öffentlichen Verwaltung diskriminiert. Angehörige der Bahai erfahren vergleichbare Diskriminierungen, Konvertiten und Dissidenten vom „offiziellen Islam“ müssen mit Inhaftierung und Verlust der Ausweispapiere rechnen. (Quelle: Ökumenischer Bericht zur Religionsfreiheit von Christen weltweit 2013, hrsg. von der Dt.. Bischofskonferenz und dem Kirchenamt der EKD).
Seit der Revolution im Januar 2011 hat sich die Wirtschaftslage für Viele deutlich verschlechtert. Investitionen und Touristen bleiben aus, die Devisenreserven schwinden, Stromausfälle und Benzinknappheit gehören zum Alltag. Die Regierung Mursi hat es versäumt, ein wirtschaftliches Wachstumsprogramm aufzulegen oder die Jugendarbeitslosigkeit entschieden anzugehen. Stattdessen hat sie nur Maßnahmen zur Konsolidierung und dem Ausbau ihrer Macht ergriffen. In der Armutsbekämpfung und Verbesserung der Wirtschaftslage und der Freiheitsrechte bestehen die größten Herausforderungen für die zukünftige Regierung Ägyptens. Jetzt kommt es darauf an, dass das Militär seine Macht nicht dazu ausnutzt weitere Menschenrechtsverletzungen zu begehen und schnell Voraussetzungen für demokratische Neuwahlen schafft. Alle Seiten sollten weitere gewalttätige Eskalationen verhindern.