Die zivilgesellschaftlichen Organisationen Brot für die Welt, Misereor, ONE und Transparency Deutschland begrüßen die heutige Entscheidung des EU-Parlaments über die Richtlinienvorschläge der EU-Kommission für mehr Transparenz im Rohstoffsektor. Den neuen Regelungen zufolge sind große Unternehmen im Öl-, Gas- und Bergbausektor sowie in der Forstwirtschaft verpflichtet, ihre Zahlungen wie Steuern und Konzessionen an Regierungen offenzulegen. Aufgrund der besonderen Korruptionsanfälligkeit dieses Sektors werden die Zahlungen nicht nur nach Ländern, sondern auch nach einzelnen Projekten veröffentlicht. Von der neuen Gesetzgebung werden in Deutschland beispielsweise Wintershall (BASF Gruppe), CRONIMET Gruppe und Lanxess betroffen sein.
„Die heutige Entscheidung des EU-Parlaments ist ein Meilenstein im Kampf gegen Armut und Korruption“, so Bernd Bornhorst, Leitung der Misereor Abteilung Entwicklungspolitik. „Die neuen Transparenzregeln sind eine wichtige Voraussetzung dafür, dass der Rohstoffreichtum endlich zu realen Verbesserungen der Lebensbedingungen im Globalen Süden genutzt werden kann. Die Menschen können so endlich Rechenschaft von ihren Regierungen und den Konzernen einfordern und damit zur Umkehr des Ressourcenfluches beitragen.“
Die Organisationen fordern gleichzeitig eine zügige Umsetzung in nationales Recht. Die EU-Mitgliedstaaten haben dafür bis zu zwei Jahre Zeit. „Einige EU-Mitgliedstaaten werden beim G8-Gipfel die Umsetzung in nationales Recht innerhalb eines Jahres ankündigen. Es wäre gut, wenn auch die Bundesregierung mit dabei wäre. So kann der Druck auf Kanada aufrecht erhalten bleiben, ihre heutige Ankündigung umzusetzen, ebenfalls Offenlegungspflichten einzuführen“, so Tobias Kahler, Deutschlanddirektor von ONE. In den USA wurden mit dem Dodd-Frank Act bereits im Juli 2010 solche Regelungen verabschiedet.
Form der Veröffentlichung und Sanktionen müssen festgelegt werden
Entscheidend für die Wirksamkeit der neuen EU-Gesetzgebung wird die Ausgestaltung in nationales Recht sein. Es ist Aufgabe der Mitgliedstaaten zu entscheiden, in welcher Form die Veröffentlichung der Daten erfolgen soll. „Wichtig wird es sein, dass die Unternehmen ihre Daten in einem maschinenlesbaren Format zur Verfügung stellen, damit sie verwertet und bearbeitet werden können. Nur so können Aktivisten und Journalisten später auch damit arbeiten“, so Klaus Seitz von Brot für die Welt.
"Außerdem ist es Aufgabe der Mitgliedstaaten, effektive Sanktionen festzusetzen, die zur Anwendung kommen, wenn Unternehmen gegen die Offenlegungspflicht verstoßen. Auch hier sind geeignete Maßnahmen zu ergreifen, damit das Gesetz nicht zum zahnlosen Tiger wird", so Seitz weiter.
Länderbezogene Publikationspflichten müssen auf alle Sektoren ausgeweitet werden
Die Debatte um mehr Steuertransparenz beschränkt sich mittlerweile nicht mehr nur auf den Rohstoffsektor. Der federführende Rechtausschuss des EU-Parlaments hatte daher bereits im September 2012 dafür gestimmt, die länderbezogenen Offenlegungspflichten auf weitere Sektoren auszuweiten. Auch die Finanz- und Wirtschaftsminister der EU haben sich für mehr Steuertransparenz von Konzernen ausgesprochen. Den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 22. Mai 2013 zufolge soll die Einführung einer länderbezogenen Offenlegungspflicht von Unternehmenssteuern sichergestellt werden. Dieser Vorstoß wird auch von EU-Binnenmarktkommissar Barnier unterstützt.
Edda Müller, Vorsitzende von Transparency Deutschland: „Es ist für die Korruptionsbekämpfung im Rohstoffsektor enorm wichtig, dass alle Arten von Zahlungen an Regierungen, das heißt auch Steuern, offengelegt werden. Dieser Weg muss jetzt weitergegangen werden, insbesondere mit Blick auf Steuertransparenz. Alle Unternehmen sollten offenlegen, wie viele Steuern sie in welchem Land zahlen. Nur so können die Bürgern dieser Länder feststellen, inwieweit Unternehmen Zahlungen an die Regierungen tätigen, Gelder verschwunden sind oder Steuern vermieden wurden.“
Details der neuen Regelungen im Überblick in dem angehängten Factsheet.