Am 23. April trafen sich am Hauptsitz der Vereinten Nationen in New York der UN Wirtschafts- und Sozialrat (ECOSOC) mit Vertretern vom Internationaler Währungsfonds (IWF), der Weltbank, der Welthandelsorganisation (WTO) und UNCTAD, um über eine Lösung der Schuldenkrisen in Europa und in Entwicklungsländern zu sprechen. Die EU Schuldenkrise sowie der negativen Entwicklungen in einigen Schwellenländern wie Argentinien und Ägypten haben das Thema mit einer neuen Dringlichkeit auf die Tagesordnung gesetzt und bewirkt, dass sich auch die Vereinten Nationen mit dem Problem übermäßiger (unsustainable) Staatsverschuldung erneut beschäftigen, da diese Situation eine Bedrohung für die Stabilität des internationalen Finanzsystems werden kann.
Einigungen zwischen Gläubigern und dem Schuldnerländern finden laufend statt, jedoch ist die Frage, zu welchen Bedingungen und zu welchem Preis diese Kompromisse geschlossen werden. Auch Umschuldungen können mitunter drastische negative Folgen für die Entwicklung des betroffenen Landes haben und vor allem hohe soziale Kosten verursachen. Bei einer Staatsschuldenkrise gar sind finanzielle, wirtschaftliche und politische Stabilität bedroht. Darüber hinaus zeigen jüngste Entwicklungen auch in Europa (vor allem in Griechenland), dass die Kosten einer zeitlichen Verzögerung notwendiger Umschuldungen hohe Kosten für beide - sowohl für den souveränen Schuldner als auch seine Gläubiger – nach sich ziehen können. Dennoch gestalten sich die Bemühungen um die Reform der Schulden - Architektur mühsam, und die Schritte zur rechtzeitigen und umfassenden Bewältigung einer Schuldenkrise sind unzureichend.
Der Zweck dieser Diskussion im UN Wirtschafts- und Sozialrat (ECOSOC) war es, einen ersten Austausch im ECOSOC zwischen den Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen und Vertretern des IWF, der Weltbank und UNCTAD zu ermöglichen. Dabei ging es darum, Lehren aus den bisherigen Schuldenkrisen zu ziehen, die derzeitigen laufenden Umstrukturierungen von Staatsschulden zu bewerten und Möglichkeiten der Einrichtung von geordneten Schuldenmechanismen zu prüfen.
Die Mehrheit der anwesenden Experten, wie die Professoren Joseph Stiglitz, Lee Buchheit und Christoph Paulus, waren sich darin einig, dass nach den gescheiterten und ungeschickten Bemühungen des IWF im Jahre 2002, ein einheitliches Schuldenverfahren zu schaffen, es dringend an der Zeit sei, die Diskussion darüber neu zu eröffnen und konkrete Schritte hin zu einem umfassendes Schuldenverfahren einzuleiten. Dies betonte auch Ms. Shamshad Akhtar, Assistant Secretary-General for Economic Development, UN-DESA . Joseph Stiglitz forderte eigenes Insolvenz-Gericht für überschuldete Staaten bzw. eine „World Bankruptcy Organization“ oder zumindest ein rechtliches Verfahren, d.h. Insolvenzrecht für Staaten. Die bisher angewandten „Collective Action Clauses“ seien keineswegs ausreichend.
In der anschliessenden Diskussion der Regierungsvertreter untereinander durften zwei Nichtregierungsorganisationen, Jubilee USA und Brot für die Welt, teilnehmen und vertraten die Stimme der Zivilgesellschaft. Von allen Teilnehmern wurde die Einrichtung einer Expertengruppe unter der Leitung von UNCTAD begrüßt. Es wird erwartet, dass diese in absehbarer Zeit (in den nächsten 1-3 Jahren) realistische Kriterien für ein solches Verfahren vorlegen wird. Diese werden dann von Regierungsvertretern und Vertretern der Finanzinstitutionen sowie der Privatwirtschaft zu diskutieren sein. Was die konkreten nächsten Schritte der Vereinten Nationen sein werden blieb unklar. Fest steht lediglich, dass es einen offiziellen UN-Report zu diesem Event geben wird, der allen Mitgliedsstaaten der UN zugänglich gemacht werden wird. Zudem wird es eine Schuldenresolution der Generalversammlung im Herbst diesen Jahres geben, in der die Forderungen diese ECOSOC-Dialogs einfließen werden. Der genaue Text der Resolution ist Gegenstand der nun folgenden Verhandlungen zwischen den Regierungen.