Die Infrastruktur zerstört, die Strom- und Wasserverteilung unterbrochen, die Preise für Grundnahrungsmittel und Treibstoffe astronomisch hoch – bittere Realität in Syrien, zwei Jahre nach Beginn des Aufstands. „Die Not wird täglich größer“, mahnt Peter Mucke, Geschäftsführer von Bündnis Entwicklung Hilft. Den Menschen, die zum Beispiel in Schulen oder anderen öffentlichen Gebäuden Zuflucht gesucht hätten, mangle es an allem, was zum Überleben notwendig sei. „Alarmierend ist auch, dass sich die Gesundheitssituation rapide verschlechtert“, erklärt Mucke. „Unsere Partner vor Ort berichten, dass Medikamente fehlen und es in einigen Städten bereits zu Typhus-, Leishmaniose- und Masernausbrüchen gekommen ist. Die Lage ist äußerst kritisch. Zumal ein Ende der Kämpfe nicht in Sicht ist.“
Die Bündnis-Mitglieder medico international, Misereor und Welthungerhilfe sind deshalb weiterhin in Syrien, an der türkisch-syrischen Grenze, im Libanon und im jordanischen Grenzgebiet aktiv. Die lokalen Partner der Hilfswerke stehen den Opfern des Bürgerkriegs bei – unter immer schwierigeren Bedingungen.
„Die Mitarbeiter unseres Partners Jesuit Refugee Service, JRS setzen sich jeden Tag großen Gefahren aus, um Hilfe zu leisten und um den Menschen ein wenig Normalität zu ermöglichen“, erklärt Maria Haarmann, Syrien-Referentin bei Bündnis-Mitglied Misereor. Zum Beispiel organisiert JRS Transporte für Kinder, die in Kampf-Zonen leben. Ohne diese Transportmöglichkeit wäre es für die Kinder nicht möglich, an den Aktivitäten teilzunehmen, die im JRS-Zentrum stattfinden. Da ein Großteil der staatlichen Schulen schon seit Monaten geschlossen ist, wird den Kindern hier unter anderem Ersatz-Schulunterricht angeboten. JRS ist in Damaskus, Homs und Aleppo aktiv. Insgesamt unterstützt Misereor die Flüchtlingshilfe in Syrien und im jordanischen Grenzgebiet mit 670.000 Euro.
Bündnis-Mitglied Welthungerhilfe hat gemeinsam mit seinem langjährigen Projektpartner People In Need (PIN) in den Regierungsbezirken Aleppo, Hama und Idlib ein Nothilfe-Programm gestartet, Zielgruppe sind 20.000 Menschen. „Der Binnenmarkt ist fast zum Erliegen gekommen, ein Großteil der Bevölkerung hat keine Möglichkeit mehr, Geld zu verdienen“, erklärt Simone Pott, Sprecherin der Welthungerhilfe. „Fabriken sind geschlossen, der Handel mit Nachbarländern findet nicht mehr statt, und auch die Landwirtschaft liegt brach.“ Die Welthungerhilfe und PIN verteilen deshalb an 3.000 besonders stark betroffene Familien Nahrungsmittelpakete und Bargeld. Die Kombination ermöglicht es den Menschen, selbst zu entscheiden, welche Nahrung sie zukaufen wollen, gleichzeitig werden die lokalen Märkte stimuliert.
„Hêwî“, Kurdisch für „Hoffnung“, nennt sich das Bürgerkomitee, das in der vorwiegend von Kurden bewohnten Provinz Hasaka im Nordosten Syriens aktiv ist. Unter anderem versorgt Hêwî mit Unterstützung von Bündnis-Mitglied medico international 600 registrierte Familien mit dem Lebensnotwendigsten. „Heute haben die Waffen das Sagen, aber es geht nicht nur um heute, sondern auch um unsere Zukunft“, antwortet Abdel Halim, Journalist und Mitbegründer von Hêwî auf die Frage, warum er weiterhin in Syrien ausharrt und unter zum Teil lebensgefährlichen Bedingungen Hilfe leistet. Halim ist überzeugt: „Wir brauchen zivile Strukturen für ein besseres Morgen.“
Laut UN-Angaben sind mittlerweile eine Million Menschen auf der Flucht vor dem Bürgerkrieg in Syrien. Bündnis-Geschäftsführer Peter Mucke erklärt: „Wir beobachten die Situation mit großer Sorge und sind bereit, die Hilfe auszuweiten.“