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... Von der Wahrheit über Ananas, Strandausflüge und Frieren in Costa Rica

Öffne Dich.

Tauche ein.

Sei frei.

( Joseph Beuys - How to be an artist )

 

Von Gastautoren am

¡ Hola !

Es scheint mir ewig herzu sein, dass ich den letzen Eintrag verfasst habe und meinen Ausrede ist mal wieder, dass hier in Costa Rica die Tage wie eh und je verfliegen. Jetzt habe ich mittlerweile auch schon das Zwischenseminar hinter mir, das mir am Anfang meiner Zeit immer so weit weg vorkam- ein halbes Jahr. Und dieses halbe Jahr ist jetzt schon vorbei! Obwohl es sich eigentlich sehr viel kürzer anfühlt!

Für das Zwischenseminar haben wir uns in Carthago, nahe San Jose, getroffen. Wir waren dort auf einer Ökofinca, etwas ausserhalb, untergebracht. Da es sehr hochgelegen war, waren die Nächte dort für unsere Verhältnisse eiskalt! Ständig sah man die Freiwilligen in Wolldecken gehüllt durch die Finca wandeln. Wobei es die Kubafreiwilligen, bei denen es noch wärmer ist, natürlich am härtesten getroffen hat :-) Aber davon abgesehen war es wirklich ein schöner Ort und die 5 Tage waren gut angefüllt mit Diskussionen über "weltwärts" unsere Rollen und Erfahrungen. Aber auch schon vorausblickend auf unsere Rückkehr bzw. die nächsten 6 Monate bezogen. Meiner Meinung nach das wichtigste waren aber die Einzelgespräche. Unsere Landesmentorin Gerti, Susanne und Manon von Brot für die Welt - Evangelischer Entwicklungsdienst aus Deutschland und Joachim von der ILCO (Evangelische Kirche Costa Rica) haben sich für jeden einzelnen 1 Stunde Zeit genommen, um das erste halbe Jahr zu reflektieren.

Zum Beispiel wurde darüber gesprochen, ob ich mich sicher oder bedroht fühle, ob ich in der Arbeit genug Betreuung erhalte oder ob ich mich unter bzw. überfordert fühle. Im großen und ganzen ist das Gespräch sehr gut ausgefallen. Das einzige, das mich noch etwas stört ist, dass ich wirklich selten Verantwortung übernehmen kann und zum Beispiel ein Projekt selbst planen und durchführen. Aber als ich darüber mit AsoProLA gesprochen habe, hatten sie Verständnis und meinten ich kann jetzt mehr Dinge selbstständig machen, zum Beispiel mich um die Bestellungen des Restaurants bei dem Supermarkt kümmern.

Aber zurück zum Seminar: Alles in allem waren wir 30 Freiwillige aus Costa Rica, Kuba, El Salvador und Nicaragua. Es hat so Spass gemacht, sich mit allen auszutauschen und immer wieder Dinge zu finden, die man gemeinsam hat ( Zum Beispiel Brot, Käse und Waschmaschinen zu vermissen :-) ) und mega interessant war es über die anderen Länder zu hören. Durch die tollen Erzählungen haben wir jetzt richtig Lust bekommen einander zu besuchen und alles mit eigenen Augen zu sehen. Deswegen wurde Nicaragua neben Panama und endlich den Valle del Silencio (eine 3 Tages Tour im Nationalpark) zu begehen, auf die Liste mit Dingen gesetzt, die ich in unserem verbleibenden halben Jahr noch unternehmen will. Da ist bei mir eine ganze Seite zusammengekommen und ich muss mir fest vornehmen, das alles zu schaffen.

Denn, wie gesagt, die Zeit scheint einem hier nur so durch die Finger zu rinnen! An einem Tag haben wir eine Exkursion zu einer Ananas-Plantage gemacht. Davon gibt es hier in Costa Rica ziemlich viele, denn Costa Rica gehört zu den führenden Exporteuren weltweit. Die, die wir besucht haben, war auf Besucher eingerichtet. Es gab sogar eine "Pineapple Tour", die man buchen konnte. Deswegen schien auch alles gut zu laufen. In einem kleinen Bereich konnte man die die verschiedenen Wachstumsschritte der Ananas  beobachten, weiter gab es einen Aussichtspunkt über die Plantage und als wir in die Produktionshalle kamen, in der die Ananas abgepackt und fürs Verschicken bereit gemacht werden, waren die Arbeiter alle sehr entspannt und lachten. Allerdings konnten wir nicht sehen, wie schnell die Arbeiter arbeiten müssen, da das Laufband, das die Früchte durch den Raum transportiert, angehalten wurde. Leicht zu sehen war aber, dass alle Ananas von derselben Plantage kamen und trotzdem unterschiedlich verpackt wurden: Chiquita, Del Monte oder in Aldi-Kartons - aber alles die gleichen Ananas.

Nach diesem Erlebnis wurden wir noch in das Gewerkschaftsbüro gebracht. Dort gab es Mittagessen und danach Informationen über die wahren Hintergründe der Arbeit auf der Plantage: Fast alle Arbeiter sind illegale Einwanderer aus Nicaragua. Ihnen stehen die ganzen Rechte und Versicherungen, von denen unsere Führerin in der Plantage so stolz erzählt hat, nicht zu - sie sind ja keine costa-ricanische Staatsbürger. Ausserdem sind die Pestizide, die mit Flugzeugen auf die Ananas gesprüht werden, und zwar oft während die Arbeiter auf dem Feld sind, sehr schädlich. Die Folgen gehen von Pigmentstörungen bis zu Unfruchtbarkeit und Geburten von Kindern mit fehlenden Gliedmassen. In Gebieten mit vielen Ananas-Plantagen, wie zum Beispiel Sarapiqui nördlich von San José, ist auch das Grundwasser von den Giften verunreinigt, doch die Menschen können sich kein gekauftes Wasser leisten und müssen deshalb das vergiftete Wasser trinken. Das hat mich sehr geschockt.

Denn natürlich wusste man auch schon in Deutschland, dass Ananas, die nicht biologisch UND fairtrade sind, nicht gut produziert sind. Aber scheinbar muss man solche Dinge einfach sehen, um zu erleben wie schlimm es ist. Seitdem ist mir wirklich der Appetit auf billige Ananas in Deutschland vergangen. Ich freue mich umso mehr, dass ich in AsoPrLA in einer Organisation arbeite, die diesem Wahnsinn entgegenarbeitet und sei es auch nur in kleinen Schritten. Die Bioananas zum Frühstück schmeckt mir jetzt gleich nochmal besser!

Im Allgemeinen läuft bei AsoProLA alles wie am Schnürchen! Die Arbeit in der Küche ist wie immer lustig, ich habe es geschafft noch einige Punkte auf die Liste meiner Missgeschicke zu vermerken. Auch die Arbeit bei der Verzierung des Pools für Kinder geht gut voran und in letzter Zeit schwinge ich mich auch öfters mal wieder ins Gewächshaus, um dort dafür zu sorgen, dass es trotz meines übermässigen Brokkolikonsums (einfach so lecker!) noch genug für alle gibt. Ich habe auch festgestellt wie gut es sich anfühlt die Erfolge seiner Arbeit - zum Beispiel beim umgraben - zu sehen!

Bald ist es auch für die Schüler, die jetzt seit November Ferien genießen durften, wieder so weit - es geht zurück in die Schule. Und auch ich werde ab und zu meinen Weg dorthin finden, da ich beim Englischunterricht ein bisschen helfen werde. Darauf freue ich mich schon total. Was Freizeit angeht, ist es gerade im Sommer einfach paradiesisch! Meistens hänge ich nach der Arbeit auf meinem Lieblingsplatz in der Sonne herum, lese oder höre einfach nur Musik. Das geht so lange bis es schon dämmert und ich mich dann mit meinem Gasthund und treuem Begleiter auf den Rückweg mache. Dann gibt es da noch den Teil des Flusses, in dem man super schwimmen kann! Leider habe ich den erst vor kurzem gezeigt bekommen, aber ich bin mir sicher, dass ich dort noch oft sein werde.

An einem Sonntag haben wir uns alle zusammen mal auf den Weg gemacht, einen Wasserfall in San Isidro (einem nahegelegenen Dorf) zu finden. Wir mussten uns richtig mit Macheten durch den Dschungel schlagen und waren einen ganzen Tag unterwegs, aber am Ende hat es sich so gelohnt. Letztes Wochenende gab es noch einen anderen Höhepunkt! 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von AsoProLA und ihre Familien haben sich auf den Weg nach Playa Ballena, einem Strand am südlichen Pazifik, gemacht. Dafür hatten wir extra einen dieser alten, gelben Schulbusse aus USA gemietet und das Abenteuer ging schon um 4.30 Uhr mit unglaublich viel Freude und Aufregung los, denn für viele Kinder war es das erste Mal das Meer zu sehen. Es war wirklich ein total schöner Tag und es hat Spass gemacht mit allen privat Zeit zu verbringen. Aber trotzdem kam ich mir auch gemein vor, denn ich habe in meinen 6 Monaten jetzt schon viel mehr Freizeit - auch am Meer - verbracht, als viele meiner Nachbarn hier und das obwohl sie hier wohnen.

Wir als Freiwillige haben schon Glück, so oft reisen zu können, aber irgendwie ist es auch unfair, dass ich jetzt schon viel mehr Orte in Costa Rica besucht habe, als viele Ticos selbst. Bald ist ausserdem der Halbjahresbericht fällig, unglaublich, dass schon wieder 3 Monate vergangen sind. Es kommt mir vor, als wäre es gestern gewesen, dass ich den ersten Zwischenbericht verfasst habe. Ich hoffe, dass die verbleibende Zeit sich mit dem Vorbeigehen nicht ganz so beeilt, denn ich fühle mich mittlerweile so "pudelwohl" hier in meiner neuen Heimat, dass ich schon ein bisschen Angst habe vor dem Tag, an dem ich auf Wiedersehen sagen muss zu Reis und Bohnen, Faultieren, dem Gesang des Tukans am Morgen und vor allem den ganzen unglaublich tollen Leuten, die ich hier kennenlernen darf!

Bis bald und ¡Pura Vida!

 

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