Wir besuchen die Insel Leyte ein Jahr nach dem schweren Taifun Haiyan. Heute geht es mit dem Fotografen Jens Grossmann und den Kollegen der Diakonie Katastrophenhilfe Markus Koth und Tommy Bouchiba ins Hinterland. Im Bezirk Jaro etwa eine Stunde westlich von Tacloban baut die Diakonie Katastrophenhilfe mit ihrer lokalen Partnerorganisation etwa einhundert Häuser für besonders betroffene Familien wieder auf.
Die Fahrt geht vorbei an Reisfeldern, die gerade frisch abgeerntet sind. Am Straßenrand liegt der Reis zum Trocknen. Das Land ist auf den Philippinen größtenteils in der Hand weniger Großgrundbesitzer. Die Familien, die wir besuchen, haben kein eigenes Land und arbeiten als Tagelöhner auf den Feldern. Vor Haiyan arbeiteten sie als Kokosnuss-Pflücker, der Sturm hat die Palmen weggefegt und vielen von ihnen damit die Lebensgrundlage genommen. Denn die Palmen brauchen fünf Jahre bis sie Früchte tragen.
Neue Häuser für die Ärmsten
In dem Dorf Ugiao sind am Freitag die ersten zehn Häuser an die Familien in einer feierlichen Zeremonie übergeben worden. Es ist sonnig und über 30 Grad heiß. Trotzdem wird weiter unermüdlich gearbeitet. 200 Häuser sollen in dem Ort entstehen. Von den dort vorhandenen Häusern wurden dreiviertel schwer beschädigt oder zerstört. Die Einwohner bauten notdürftige Hütten für den Übergang, einige reparierten die Häuser aus eigenen Mitteln. Wie findet man diejenigen, die hier Hilfe von außen am nötigsten haben? Jeder Haushalt wurde interviewt und nach Lebenssituation und Einkommen, Familienstand, Gesundheit und weiteren Faktoren befragt. Die Kriterien nach denen die Hilfe verteilt wird, wird allen Dorfmitgliedern mit einem Flugblatt mitgeteilt. Dieses Verfahren ist aufwendig aber notwendig, um Streit und Missgunst im Ort gar nicht erst aufkeimen zu lassen.
Von Missgunst keine Spur. Stolz präsentieren die neuen Bewohner ihre Häuser. Sie haben mitgeholfen, sie zu bauen. „Das Prinzip Bayanihan ist eine alte Tradition auf den Philippinen. Man kann es mit Nachbarschaftshilfe übersetzen oder Dienst an der Gemeinschaft. Es meint, dass sich die Nachbarn helfen, wenn einer ein größeres Projekt wie Hausbau oder Umzug hat ohne eine Gegenleistung zu erwarten“, erklärt Markus. Sie unterstützen die Handwerker, die Zementteile gießen und den hölzernen Dachstuhl bauen. Der Vorteil sei, dass die Familien auch lernen, wie ein Haus Erdbeben und sturmsicher gebaut werden kann. Die Wände bestehen aus Bambusflecht-Platten, die Luft durchlassen und gleichzeitig elastisch sind. In der Mittagshitze spendet das überhängende Dach Schatten und lässt gleichzeitig den Regen ablaufen.
Ich bin fasziniert von Basilisa Raquel, die uns vor ihrem neuen Haus anstrahlt. Basilisa und ihre Familie schützten sich in den Trümmern ihres alten Hauses vor Taifun Haiyan. In dem neuen Haus fühlt sie sich sicher. Noch hat die 62jährige nicht viele Dinge in ihrem neuen Heim, dass sie mit Sohn und Schwiegertochter und zwei Enkeln teilt. Aber das Radio hat den Taifun überlebt und wird über ein Solarpannel betrieben. Nachrichten kann sie so empfangen und auch die Frühwarnungen hören, falls sich ein neuer Sturm ankündigen sollte.