Ich stehe an der Stelle, an der vor einem Jahr nur Trümmer und Palmenstümpfe aus der Erde ragten. Jetzt ist hier wieder das pralle Leben. Vor einem Jahr ist der verheerende Taifun Haiyan auf die Philippinen getroffen. Die Stadt Tacloban auf der Insel Leyte glich einer apokalyptischen Landschaft. Schwarzer Schlamm überzog alles, Baumstümpfe ragten wie tote Äste hervor und alles war bedeckt vom Bauschutt der zerstörten Häuser. Über 6.000 Menschen verloren ihr Leben, 1 Million wurden obdachlos und rund 14 Millionen Menschen in der Region waren betroffen. Mit dem Fotografen Jens Großmann bin ich nach Tacloban zurückgekehrt, um zu sehen was sich nach einem Jahr verändert hat. Kommt der Wiederaufbau voran? Was konnte mithilfe der Spenden für die Diakonie Katastrophenhilfe bewirkt werden?
Die Landebahn in Tacloban ist seit dem Taifun verkürzt, deshalb kommt der Flug verspätet an. Die Landschaft ist mittlerweile tropisch grün. So fallen die zerstörten Häuser und Stümpfe der Kokospalmen, von denen viele der Einwohner hier lebten, nicht mehr gleich ins Auge. Erst auf den zweiten Blick sieht man Ruinen mit komplett abgedeckten Dächern und völlig verdrehter Stahlkonstruktion. „To Rent“ (zu vermieten) steht an einem solchen Gebäudekomplex nahe am Meer. Doch einen neuen Mieter wird das Gelände so schnell nicht wieder finden. Wirbelsturm Haiyan hatte vor einem Jahr nicht nur Sturm und Starkregen gebracht, sondern auch eine Flutwelle die alles mit Schlamm überzog und die Häuser binnen Minuten flutete. Jetzt achtet man auf den Sicherheitsabstand. Es soll statt neuer Häuser ein breiter Boulevard am Strand entstehen.
Wir besuchen das Büro der Partnerorganisation von der Diakonie Katastrophenhilfe in Palo, einem Vorort südlich von Tacloban. Von dem zweistöckigen Haus wurde das obere Stockwerk komplett zerstört. Auf dem einfachen Hof übernachteten kurz nach der Katastrophe die Mitarbeiter und für einige Tage auch Fotograf Jens Großmann. „Die Frauen schliefen in dem einzigen noch überdachten Gebäude. Wir Männer schliefen draußen unter einer Plane. Das ist jetzt kaum wiederzuerkennen“, sagt Jens Großmann und zeigt Markus Koth die Bilder, die er letztes Jahr gemacht hat. Markus Koth ist seit April vor Ort in Palo und koordiniert die Wiederaufbauprojekte der Diakonie Katastrophenhilfe. Die Dächer sind gedeckt, ein Großraumbüro eingerichtet und das üppige grün lässt das Gelände wieder viel idyllischer erscheinen als im November vergangenen Jahres.
Betriebsamkeit nach dem Sturm
Wir besuchen die Kathedrale in Palo. Hierhin hatten sich während des Sturmes Haiyan viele Bewohner des Ortes geflüchtet. Doch der Sturm, der einer der stärksten war, die je auf den Philippinen gemessen wurden, deckte das komplette Dach der Kathedrale ab. Heute sieht die Kirche von außen wieder wie neu aus. Innen herrscht Betriebsamkeit. Im Januar soll es einen Besuch von Papst Franziskus geben. Die Dachkonstruktion wird innen von einem Gerüst gestützt. Arbeiter sind geschickt dabei das Dach zu fixieren. Es wird gesungen und gehämmert. Die Gottesdienste finden im vorderen Kirchenschiff statt. Dort sitzen einige Gläubige, um Ruhe zu finden, während um sie herum gearbeitet wird.
„Die Menschen hier sind mit großem Engagement bei der Sache“, sagt Markus Koth. Morgen will er uns ein Hausbauprojekt der Diakonie Katastrophenhilfe und ihrer Partnerorganisation zeigen.