Während am 21. September mehrere hunderttausend Menschen die Strassen von New York überfluteten, um zum Handeln gegen den Klimawandel aufzurufen, unterzeichneten 30 führende Vertreterinnen und Vertreter von neun Glaubensgemeinschaften eine Erklärung mit der Forderung nach konkreten Maßnahmen zu Senkung der Kohlenstoff-Emissionen.
Die Erklärung bildete das Kernstück des interreligiösen Klimagipfels. Organisatoren waren der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK), der mit 345 Mitgliedskirchen weltweit etwa 560 Millionen Christen repräsentiert, und Religions for Peace, einer interreligiösen Koalition mit Mitgliedern in über 70 Ländern. Die Unterzeichnenden kamen aus 21 Ländern von sechs Kontinenten.
„Als ich im Januar hörte, dass der Generalsekretär der Vereinten Nationen Ban Ki Moon Staatschefs aus aller Welt zu einem Klimagipfel einlädt, dachte ich, dass auch wir als leitende Vertreterinnen und Vertreter von Glaubensgemeinschaften zusammenkommen und einen Beitrag leisten sollten“, erklärte der Generalsekretär des ÖRK, Pastor Dr. Olav Fykse Tveit. Große Veränderungen verlangen „tiefe und starke Überzeugungen, die im Glauben und in jenen Ritualen, Symbolen, heiligen Texten und Gebeten gefunden werden können, die einem großen Teil der Weltbevölkerung Sinn und Richtung geben“, so Tveit.
Die Erklärung mit dem Titel „Klima, Glaube und Hoffnung: Glaubenstraditionen gemeinsam für eine Zukunft für alle“ ist dem stellvertretenden UNO-Generalsekretär der Vereinten Nationen Jan Eliasson noch vor dem UN-Klimagipfel am 23. September überreicht worden.
In der Erklärung werden „alle Staaten aufgerufen, sich 2015 in Paris konstruktiv für den Abschluss eines weitreichenden Klimaabkommens einzusetzen“, das „ehrgeizig genug ist, um den Temperaturanstieg auf unter 2° Celsius zu halten, fair genug, um die Last gerecht zu verteilen, und rechtsverbindlich genug, um zu garantieren, dass wirksame nationale Emissionssenkungsregelungen ausreichend finanziert und voll umgesetzt werden.“
Als Führungspersonen von Glaubensgemeinschaften, die zusammen die große Mehrheit aller gläubigen Menschen weltweit repräsentieren, müssen „wir uns verändern, damit sich alles verändert. Deshalb müssen wir uns selbst verpflichten“, erklärte Rabbi Awraham Soetendorp, Gründer des Jacob Soetendorp Instituts für Menschliche Werte in Den Haag (Niederlande). „Der Marsch ist sichtbar. Was wir hier tun ist sichtbar. Der Marsch und die von uns unterzeichnete Erklärung zusammen machen durchaus Eindruck“, erklärte er.
„Auch wenn der Schwerpunkt immer auf dem Jenseits und dem ewigen Leben liegt, ist uns das Leben der Menschen auf der Erde ein äußerst wichtiges Anliegen“, erklärte Erzbischof Demetrios der Griechisch-Orthodoxen Erzdiözese in Amerika. „Das Klima ist von zentraler Bedeutung für das menschliche Leben. Daher müssen wir uns als Kirche verpflichten, bestmögliche Bedingungen zu schaffen“.
Für manche der Unterzeichnenden ist der Klimawandel eine Gefahr für das eigene Land, ihr Zuhause. Das Land Tuvalu besteht aus einer Reihe von Riffinseln und Atollen im Pazifischen Ozean. Salzwasser ist in die Grundwasserreserven eingedrungen, auf die die Bevölkerung angewiesen ist, und Wissenschaftler befürchten, dass die Inseln im Meer versinken, falls der Meeresspiegel weiter ansteigt.
„Für meine Kirche geht es ums Überleben, denn unsere Existenz ist bedroht. Wann immer die Lebensgrundlagen, das Leben und das Fortbestehen eines Volkes bedroht sind, haben wir Gläubige den Auftrag Gottes dagegen vorzugehen“ erklärte Pastor Tafue Lusama, Generalsekretär der Congregational Christian Church in Tuvalu (EKT).
Allerdings, so Lusama, wolle er nicht, dass Tuvalu für andere tiefliegende Länder, die möglicherweise dasselbe Schicksal erwartet, zu einem „Symbol der Niederlage“ wird. „Wenn wir uns durchsetzen und die Welt dazu bewegen können, etwas zu tun und jetzt sofort zu handeln, dann können wir andere retten, selbst wenn Tuvalu untergeht“, erklärte Lusama.
Angesichts dieser weltweiten Krise ist es für gläubige Menschen unerlässlich, mit Hoffnung das Wort zu ergreifen und als moralische Stimme „an unsere Grundüberzeugungen und ‑verpflichtungen als Menschen zu appellieren“, erklärte der Generalsekretär des ÖRK. „Es ist unmoralisch, in diesen Zeiten nicht von Hoffnung zu sprechen“.
„Ich kann viel Hoffnung erkennen, allein in diesen drei Tagen“, erklärte Christiana Figueres, Exekutivsekretärin des UNO-Rahmenübereinkommens über Klimaänderungen in ihrer Ansprache an die Versammlung während der Vormittagssitzung. „Heute sehen wir die Mobilisierung der Öffentlichkeit, und demnächst die Mobilisierung der Geschäftswelt und der Politik. Dass die Bevölkerung protestiert und ins Gewicht fallen möchte, ist ein sehr ermutigendes Zeichen. Doch das reicht nicht. Wir müssen darauf aufbauen, um eine endgültige Lösung zu finden“.
„Wir dürfen nicht verzweifeln“, erklärte Scheich Abdallah Bin Bayyah, Präsident des Forums für Friedensförderung in Muslimischen Gesellschaften in Abu Dhabi und Mitvorsitzender von „Religions for Peace“. „Hoffnung – das ist unsere Anschrift. Das ist, wo wir wohnen.“