Mehrere 100 Menschen demonstrierten heute in München gegen das geplante Freihandels-und Investitionsabkommen TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) zwischen den USA und der EU. Aufgerufen zu dem Protest hatte das Agrarbündnis Bayern zusammen mit Verbraucherorganisationen, Umweltverbänden, Bauernvereinigungen, kirchlichen Trägern und entwicklungspolitisch aktiven Gruppen. Sie übergaben dem Leiter der Münchner Vertretung der EU-Kommission, Herrn Peter Martin, einen Brief mit Forderungen an Handelskommissar Karel De Gucht.
„Es wird immer deutlicher, dass demokratische Entscheidungsprozesse durch das TTIP ausgehöhlt werden“, heißt es in dem Brief. Die Veranstalter kritisieren die Intransparenz der Verhandlungen. Die Organisationen lehnen vor allem die geplante Einführung von internationalen Sondergerichten ab, die Konzerne zum Schutz ihrer Investitionen anrufen können sollen. Damit könnten Investoren nationale unabhängige Rechtsordnungen bei zukünftigen Verschärfungen etwa des Umwelt- oder Verbraucherrechts umgehen. Die Entscheidung, diesen Verhandlungspunkt für einige Monate auf Eis zu legen, sei Augenwischerei, damit die heftige Kritik daran nicht den EU-Wahlkampf beeinflusse.
Im Hintergrund gehen die Verhandlungen aber weiter. Das EU-Parlament hat gerade auf Vorschlag von Handelskommissar de Gucht neue EU- Zuständigkeiten für Investitionsschutzabkommen beschlossen, die den Spielraum für nationale Regelungen weiter massiv einschränken. Darüber hinaus will Handelskommissar de Gucht vor dem EU-Gerichtshof eine Entscheidung herbeiführen, dass das Gesamtabkommen nicht von den Parlamenten der Nationalstaaten mitbeschlossen werden muss. Dies soll erreicht werden, indem das TTIP zu einem reinen Handelsabkommen deklariert wird. Dieses Vorhaben der EU-Kommission lehnen die Organisationen vehement ab. Es geht bei TTIP nicht nur um Handelsfragen, sondern um wesentliche Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge, um Sozialstandards und um die allgemeinen Schutzgüter Boden, Wasser, Luft und Artenvielfalt und nicht zuletzt um zukünftige Standards der Lebensmittel- und Landwirtschaftsproduktion.
Die Organisationen fordern statt eines Freihandelsvertrags faire Handelsbeziehungen, die eine ökologisch und sozial nachhaltige Entwicklung ermöglichen und bäuerlichem Wirtschaften Marktvorteile gegenüber Agrar- und Gentechnikkonzernen verschaffen. Ein solcher fairer Austausch von Waren und Ideen muss weltweit gelten, besonders aber müssen globale Handelsbeziehungen die Interessen von Entwicklungs- und Schwellenländern zur Armutsreduzierung und das Recht auf angemessene Ernährung berücksichtigen. Ein Abkommen, das im Geheimen und ohne parlamentarische Kontrolle beschlossen und zur Spielwiese von Wirtschaftslobbyisten und Konzerninteressen wird, dürfe es nicht geben, sagen die Kritiker.