Am 24. März 2014 wurde bekannt, dass ein Strafgericht in Minia in Ägypten 529 Muslimbrüder zum Tode verurteilt hat. Ihnen wird vorgeworfen, an den gewalttätigen Ausschreitungen nach der Amtsenthebung Ministerpräsident Mursis im Juli 2013 beteiligt gewesen zu sein. Doch Todesstrafen sind durch nichts zu rechtfertigen. 529 zum Tode Verurteilte sind nicht nur tragische Einzelschicksale der Betroffenen und ihrer Familien selbst. Sie sind ein falsches Signal an die ägyptische Bevölkerung, die für Freiheit, Würde und Menschenrechte auf die Straße gegangen ist. Mit der Todesstrafe auf Gewalt zu reagieren, kann nicht zu einem friedlichen Aufbau des ägyptischen Staats beitragen.
Menschenrechtsverletzungen müssen aufgeklärt werden
Die politische Entwicklung des Landes hat natürlich einen großen Einfluss auf die Arbeitsbedingungen und Wirkungen unserer Partnerorganisation in Ägypten. Wir unterstützen dort Coptic Evangelical Organisation for Social Services (CEOSS). CEOSS, das Hilfswerk der evangelischen Kirchen in Ägypten, erreicht jährlich mit seinen Programmen zwei Millionen Ägypter aller Religionszugehörigkeiten. Mein Kollege Andrea Zaki, der Leiter von CEOSS, sieht auch die gestrigen Ausschreitungen nach dem Gerichtsurteil mit Sorge. Gewalt und Übergriffe gegen Unschuldige müssen seiner Ansicht nach in Ägypten ein Ende finden. Alle Menschenrechtsverletzungen sollten aufgeklärt werden. Und er verlangt von der Justiz, dass sie gewährleistet, dass im Berufungsverfahren ein fairer Prozess stattfindet.
Dialog von christlichen und muslimischen Geistlichen
Unsere Partnerorganisation CEOSS bringt im Rahmen des Forums für Interkulturellen Dialog muslimische und christliche Geistliche, Journalisten, Wissenschaftler, Künstler und Schlüsselpersonen aus der Zivilgesellschaft zusammen. Ihre Vision ist der Aufbau einer neuen, inklusiven ägyptischen Gesellschaft, die auf Pluralismus, Toleranz und Demokratie basiert. Da können dann auch solche Themen wie die Positionierung zur Todesstrafe diskutiert werden, wozu sich bislang kaum ägyptische Organisationen äußern.
Wir von Brot für die Welt beklagen, dass Regimekritiker weiter verfolgt und vergangene Menschenrechtsverletzungen nicht aufgeklärt werden. Dazu zählen die Hunderte von Toten im Zuge der Demonstrationen im Sommer 2013 gegen die Absetzung des ehemaligen Ministerpräsidenten Mohammed Mursi.
Es sieht zurzeit nicht gut aus. Die Ereignisse führen zu einer Polarisierung der ägyptischen Gesellschaft und widersprechen jeglichen rechtsstaatlichen Standards. Sie werfen ein Licht auf die Defizite und den selektiven Charakter der ägyptischen Justiz. Die Todesstrafe widerspricht unserem biblischen Verständnis und führt nur zu mehr Ungerechtigkeit und Leid.