Am 26.06.2014 haben die Mitglieder des UN-Menschenrechtsrats mehrheitlich dafür gestimmt, eine zwischenstaatliche Arbeitsgruppe zur Entwicklung verbindlicher Regeln für transnationale Unternehmen einzusetzen. Leider beschränkt sich das Mandat der geplanten Arbeitsgruppe auf transnationale Unternehmen, nationale Unternehmen sollen von einem internationalen Abkommen nicht umfasst sein. Die Resolution ist von einer Koalition von Staaten des globalen Südens vorangetrieben worden, allen voran Ecuador und Südafrika. Die Initiative war von Anfang an hoch umkämpft.
Industrienationen bekämpften Initiative
Europa, USA, Japan und Kanada, wo viele multinationale Unternehmen ihren Sitz haben, positionierten sich sehr früh und sehr deutlich gegen eine verbindliche Regulierung. Mit allen Mitteln versuchten sie schwächere Staaten auf ihre Seite zu ziehen. Gegenüber einigen afrikanischen Ländern soll mit dem Entzug von Investitionen gedroht worden sein. Diese fühlten sich zu Recht auf den Schlips getreten. In der Abstimmung am letzten Donnerstag unterlagen die USA, Kanada und Europa dann schließlich mit 14 Nein-Stimmen gegenüber einer Mehrheit von 20 Ja-Stimmen, unter ihnen auch mächtige Wirtschaftsnationen wie China und Indien. 13 Staaten enthielten sich.
Die Befürworter verbindlicher internationaler Regulierung, zu denen auch eine Koalition von mehr als 600 Nichtregierungsorganisationen gehört, sehen in Bezug auf das Verhalten von Unternehmen noch eklatante Lücken im Menschenrechtsschutz. Tatsächlich ist im internationalen Recht ein deutlicher Widerspruch erkennbar: Transnationale Unternehmen erstreiten sich immer stärkere Investitionsrechte, und können bei Verletzung dieser Rechte die Staaten vor privaten Schiedsgerichten verklagen. Die Menschen sind jedoch unzureichend vor den negativen Folgen dieser Investitionen geschützt. Viele Gaststaaten transnationaler Unternehmen sind aufgrund schwacher Strukturen und der Verhandlungsübermacht der Unternehmen kaum in der Lage, den Menschenrechtsverletzungen etwas entgegenzusetzen.
Glaubhafter Schutz der Menschenrechte erfordert Verbindlichkeit
Internationale Menschenrechtsstandards wie die 2011 im Menschenrechtsrat verabschiedeten UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte sind freiwillig. Eine Missachtung hat keinerlei Konsequenzen. Ginge es nach den europäischen Staaten, Japan, den USA und Kanada, soll dies auch so bleiben. Sie halten die weitere Umsetzung der freiwilligen Leitprinzipien für ausreichend und sehen diesen Prozess durch die neue Initiative gefährdet. Diese Staaten haben bereits angekündigt, die zwischenstaatliche Arbeitsgruppe zu boykottieren. Doch auch Ecuador, Südafrika und die anderen Befürworter sprachen mehrmals ihre volle Unterstützung für die UN-Leitprinzipien aus und sehen den Prozess zur Entwicklung verbindlicher Standards als komplementär. Entsprechend ist die Resolution zur weiteren Arbeit der UN-Arbeitsgruppe zur Umsetzung der UN-Leitprinzipien am Freitag, den 27.06.2014 einstimmig angenommen worden.
Es steht den großen Industrienationen nicht gut zu Gesicht, dass sie sich so offen der mehrheitlich gewünschten internationalen Regulierung globaler Investitionen widersetzen. Allzu offensichtlich geben sie ihren Investitionsinteressen den Vorrang vor konsequentem Menschenrechtsschutz. Es drängt sich der Vorwurf doppelter Standards auf: Will Deutschland sich weiterhin glaubhaft für den internationalen Menschenrechtsschutz einsetzen und 2015 den Vorsitz im Menschenrechtsrat übernehmen, muss es auch den eigenen Unternehmen gewisse Standards abverlangen und sollte sich nicht davor fürchten, diese international festzuschreiben.