„Wir haben nun eine sehr gute wissenschaftliche Grundlage, die uns hilft den Klimawandel zu stoppen, es liegt an uns zu Handeln. Wir haben die Wahl in welcher Welt wir leben wollen“, so stellte Rajendra Pachauri, der Vorsitzende des Weltklimarats (IPCC), am 2. November den 5. IPCC-Sachstandsbericht vor. Mehr als 830 Leitautoren aus über 80 Ländern haben die drei Teilberichte des Klimaberichts erarbeitet.
Die Größe dieser Mamutaufgabe lässt sich noch an ein paar weiteren Zahlen ablesen: Mit der Unterstützung von weiteren eintausend Autoren wurden mit weiteren 2000 Experten die wissenschaftlichen Erkenntnisse diskutiert. Die Autoren haben in den letzten fünf Jahren über 30.000 Studien ausgewertet um den 5. Weltklimabericht zusammen zu tragen.
Im ersten Teilbericht wurden die physikalischen Grundlagen des Klimawandels beleuchtet, der 2. Teilbericht beschäftigt sich mit den Auswirkungen des Klimawandels und Anpassungsfragen und der 3. Teilbericht mit der Lösung des Problems – die Reduktion der Treibhausgasemissionen. Der Synthesis-Bericht, der vom 27. Oktober bis zum 1. November in Kopenhagen verhandelt wurde, ist die Zusammenfassung der drei Teilberichte. Während alle Teilberichte bisher nur für sich alle standen, denkt der Synthesis-Bericht Anpassung und Reduktion zusammen und setzt dabei deutliche Schwerpunkte für politische Entscheidungsträger.
Der IPCC stellt in einer beispiellosen Deutlichkeit fest, dass der menschliche Einfluss auf das Klima unbestreitbar ist. Insbesondere erfolgt die globale Erwärmung seit 1951 aufgrund der durch den Menschen verursachten Treibhausgasemissionen. Die Auswirkungen des Klimawandels sind bereits heute spürbar, und werden sich in Zukunft weiter verschärfen. So werden bestehende Probleme durch das Zusammenwirken mit weiteren klimatischen Faktoren, wie das zunehmende Auftreten von Extremwetterereignissen wie Dürren, Überschwemmungen zunehmen. Ebenso wird auch der Meeresspiegel schneller ansteigen als bisher und die Versauerung der Ozeane zunehmen.
Dies bedeutet, dass mehr gewaltsame Konflikte um Ressourcen wie Bürgerkriege auftreten werden und weltweit der Hunger zunehmen wird, da Ernährungssicherung ernsthaft in Frage gestellt sein wird. Menschen werden aufgrund der geänderten Umstände flüchten. Besonders diejenigen, die bereits benachteiligt sind, wie die ärmsten Länder, werden noch stärker leiden. Insofern ist es höchste Zeit gegen zu steuern. Es bleibt nicht mehr viel Zeit, um das von der Weltgemeinschaft gesetzte 2°C-Ziel einzuhalten. Bereits zwei Drittel der Emissionen wurden in die Atmosphäre eingebracht, die mit dieser Begrenzung verträglich wären.
Letztlich macht es durch die Verhinderung der verheerenden Auswirkungen des weiter fortschreitenden Klimawandels und aufgrund der vorteilhaften Nebeneffekte, wie die Verbesserung der Luftqualität, sogar ökonomisch mehr als Sinn, Klimaschutz zu betreiben. Die erneuerbaren Energien sind dabei die klaren Schlüsseltechnologien. Im Klartext bedeutet dies ein sofortiger Ausstieg aus der Kohleverstromung. Auch wenn risikoreiche Technologien wie CCS, also die Speicherung von CO2 im Boden, vom Bericht nicht ausgeschlossen werden, lässt der Bericht doch gar keine andere Schlussfolgerung zu, als sofort aus der Kohle auszusteigen und die bereits verfügbaren grünen Technologien mit erneuerbaren Energien zu nutzen, die zudem eben keine risikoreichen Nebeneffekte haben, sondern im Gegenteil sehr viele positive Nebeneffekte.
Der rasante Klimawandel lässt gar keine Zeit um auf Technologien zu warten, die Zukunftsmusik sind und zudem auch noch mit vielen Risiken behaftet. Der Bericht belegt auch, dass bei gleichbleibender Entwicklung unser mit dem 2-Grad-Ziel verträgliches CO2-Budget in 30 Jahren aufgebraucht ist. Eine drastische Decarbonisierung muss sofort eingeleitet werden, sonst werden die Auswirkungen kaum zu bewältigen sein. Der Bericht sagt in einer noch da gewesenen Deutlichkeit: Die Anpassung hat klare Grenzen. Es muss in einer jenseits von 2-Grad-Celsius wärmeren Welt mit nicht mehr zu bewältigenden Schäden gerechnet werden. Dies gilt es unbedingt zu verhindern, die Weltgemeinschaft ist aufgefordert, zu reagieren und ehrgeizige Zielsätze zu verabschieden und Treibhausgasemissionen sofort zu reduzieren.
Der Bericht ist ein schwarz-auf-weiß Wegweiser für die Vertragsstaaten der Klimarahmenkonvention, die ihre politischen Entscheidungen beim globalen Klimaabkommen im nächsten Jahr in Paris anhand der wissenschaftlichen Notwendigkeiten ausrichten müssen und nicht daran, wie sie die Interessen der fossilen Wirtschaft schützen können. Hier ist auch die Bundesregierung aufgefordert die Kohlekuschelei zu beenden, um ihre selbst gesetzten Klimaziele überhaupt einhalten zu können.
„ Die gute Nachricht ist aber auch, dass wir noch die Möglichkeit haben den gefährlichen Klimawandel zu stoppen“, so Pachauri zum Abschluss der Pressekonferenz.
Gemeinsame Pressemitteilung von Brot für die Welt und Germanwatch:
Bericht des Weltklimarats erhöht Druck für zügigen Kohleausstieg
IPCC-Report zeigt Nachbesserungsbedarf für die Klimaziele: Bundesregierung muss Einstieg in den Kohleausstieg einleiten, die EU ihre Ziele für 2030 erhöhen
Kopenhagen/Berlin (2. Nov. 2014). Als dringenden Aufruf zum Handeln für Bundesregierung und EU bewerten Germanwatch und Brot für die Welt den am Sonntag vorgestellten Synthesebericht des Weltklimarats IPCC. "Der IPCC zeigt deutlich auf, dass wir weltweit bis Mitte des Jahrhunderts einen Ausstieg aus der Kohleverstromung brauchen, wenn das Zwei-Grad-Limit eingehalten werden soll", sagt Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch. "Die Bundesregierung muss nun die richtigen Schlüsse daraus ziehen: Wir brauchen jetzt den Einstieg in den Kohleausstieg, wenn wir unsere Klimaziele für 2020 noch schaffen wollen." Sabine Minninger, Klimaexpertin bei Brot für die Welt, ergänzt: "Der IPCC hat konkret beziffert, wie klein das CO2-Budget ist, das die Menschheit noch aufbrauchen darf um unter zwei Grad Erwärmung zu bleiben. Wenn die EU das Zwei-Grad-Limit noch ernst nimmt, muss sie vor dem Weltklimaabkommen in Paris im nächsten Jahr ihre Ziele für 2030 deutlich nach oben korrigieren."
Der IPCC lässt in seinem Report keine Zweifel daran, dass eine Erwärmung über zwei Grad massive Gefahren für große Teile der Menschheit bedeuten würde. Die Modelle der Wissenschaftler zeigen, dass es Grenzen der Anpassung gibt. Bei einer angenommenen Erhöhung der Temperatur um vier Grad, auf die die Welt laut IPCC bis zum Jahr 2100 zusteuert, wären Gefahren für die Welternährung in verschiedenen Weltregionen kaum noch zu bewältigen. "Da sprechen wir dann nicht mehr von 805 Millionen Hungernden, sondern von Milliarden“, so Sabine Minninger von Brot für die Welt.
"Der IPCC zeigt in einer bisher nicht gekannten Deutlichkeit, dass wir bei einer Erwärmung um vier Grad in einer anderen Welt mit wesentlich größeren Gefahren leben würden. Die Risiken wären unkalkulierbar", betont Bals. Er nimmt vor allem die Bundesregierung in die Pflicht. Das Kabinett wird am 3. Dezember über das Klimaschutzaktionsprogramm von Umweltministerin Barbara Hendricks beraten, mit dem der Trend der zuletzt steigenden CO2-Emissionen in Deutschland umgekehrt werden soll. Bals: "Es wäre ein fatales Signal an die Welt, wenn das Energiewendeland Deutschland sein selbst gestecktes Klimaziel von minus 40 Prozent CO2-Emissionen bis 2020 verfehlt. Um ein solches Fiasko zu verhindern, brauchen wir jetzt Beschlüsse, die Kohleverstromung zurückzufahren."
Der Synthesebericht verbindet die wichtigsten Elemente der drei IPCC-Teilberichte. Die Zusammenschau auf Treibhausgasemissionen und deren Auswirkungen auf Menschheit und Ökosysteme sendet klare Signale an die politischen Entscheidungsträger: Jenseits von zwei Grad Erwärmung sind trotz wirkungsvoller Klimaanpassung immer mehr Schäden zu erwarten. Es besteht Konsens, dass die weniger entwickelten Länder am stärksten vom Klimawandel betroffen sein werden. Der IPCC-Synthesebericht betont, dass die Anpassung an die zu erwartenden Folgen des Klimawandels nun beginnen muss.
"Der IPCC hat berechnet, dass wir unser verbleibendes CO2-Budget, mit dem wir unter zwei Grad Erwärmung bleiben können, bei der jetzigen Entwicklung in weniger als 30 Jahren verbraucht haben werden", erläutert Sabine Minninger. "Für Millionen Menschen in den ärmsten Ländern der Erde geht es hierbei um das Überleben. In einer Vier-Grad-Welt wird die Zahl der Hungernden stark zunehmen. So müssten wir auch damit rechnen, dass es mehr gewaltsame Konflikte um Ressourcen gibt und Millionen mehr Klimaflüchtlinge."
Zusätzliche Gefahren birgt die massive Versauerung der Ozeane durch die Aufnahme von CO2 und Wärme, die der IPCC erstmals genauer unter die Lupe genommen hat. Die Wissenschaftler haben gezeigt, dass die Versauerung eine Größenordnung erreicht hat, die in der Menschheitsgeschichte beispiellos ist. Minninger: "Wir veranstalten hier ein Großexperiment mit unseren Ozeanen, dessen Auswirkungen auf die Nahrungskette in und auf den Meeren dramatisch sein können. Dies bedroht insbesondere Hunderte Millionen Menschen, die vom Fischfang leben."