Die Agrarindustrie hat das gleiche Problem wie die Ölkonzerne - das neue Klimaabkommen soll die Welt auf einen emissionsarmen Entwicklungspfad lenken, der ihnen ordentlich das Geschäft vermiesen würde. Durch das weltweit wachsende Bewusstsein für die dramatischen Folgen der Erderwärmung, gerade auch für die Landwirtschaft, geraten die Profitinteressen von Monsanto und Co ernsthaft in Gefahr. Der Klimawandel disqualifiziert ihre Produktpallette nämlich gleich in doppelter Hinsicht: zum einen sind chemische Düngemittel und Pestizide große Klimakiller, zum anderen sind die im Labor entwickelten und von der Agrarchemie abhängigen Hochleistungssorten nicht in der Lage, sich an die zunehmenden Wetterturbulenzen anzupassen. Der Ruf nach einer ökologischen Agrarwende lässt sich nicht länger ignorieren.
Da kommt es den Konzernen gerade Recht, dass die Verhandlungen über geeignete Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen in der Landwirtschaft seit Jahren ergebnislos vor sich hin dümpeln. Dadurch ist die Bühne erst mal frei für freiwillige Klima-Initiativen, von denen die Wirtschaftslobby in der Regel nicht viel zu befürchten hat. Ganz im Gegenteil: Wie eine kürzlich von der Entwicklungsorganisation GRAIN veröffentlichte Studie illustriert, haben sich Agrar- und Lebensmittelkonzerne in der Klimadebatte sogar so geschickt in Stellung gebracht, dass selbst die fossile Rohstofflobby neidisch werden könnte. Climate-Smart Agriculture (CSA) heißt ihr neues Mantra und ist zugleich (kleinster) gemeinsamer Nenner für eine gleichnamigen Allianz aus einigen Regierungen, Agrarkonzernen, Forschungseinrichtungen und NGOs, die in Paris kräftig die Werbetrommel rühren wird. Ihr Konzept jedoch ist beliebig und beinhaltet keinerlei Kriterien dafür, welche landwirtschaftlichen Praktiken sich aus sozialer und ökologischer Sicht tatsächlich als „klimaintelligent“ qualifizieren und vor allem, welche nicht! Neben sinnvollen agrarökologischen Ansätzen können damit auch Agrarchemie und Gentechnik (und die damit einhergehende Kontrolle und Marktmacht großer Konzerne) als Lösungsansatz für die klimagebeutelte Landwirtschaft propagiert werden. Vor allem die kleinbaeuerliche Landwirtschaft Afrikas ist für die Konzerne ein noch weitgehend unerschlossener Wachstumsmarkt. Lösungsansätze der Agrarindustrie, die vorrangig auf der Verbreitung teurer Betriebsmittel basieren, schaden jedoch Kleinbauernfamilien, die dadurch in existenzgefährdende finanzielle Abhängigkeit geraten.
Frankreich, selbst Mitglied der "Global Alliance for Climate-Smart Agriculture", hat solchen freiwilligen Initiativen unter dem Titel Lima Paris Action Agenda (LPAA) einen eigenständigen Platz im Rahmen der Klimakonferenz eingeräumt. Das ist an sich keine schlechte Idee, denn die zwischenstaatlichen Verhandlungen alleine führen bislang nicht zu ausreichendem Klimaschutz. Kleinere Gruppen mit vielfältigeren Akteuren können durchaus neuen Schwung bringen, sofern es sich dabei nicht um riesige PR-Seifenblasen handelt.
Mehr als 350 Entwicklungs-, Umwelt- und Kleinbauernorganisationen, darunter auch Brot für die Welt und viele seiner Partner, hatten im Vorfeld des Klimagipfels in einer gemeinsamen Stellungnahme davor gewarnt, Climate-Smart Agriculture als einen Lösungsansatz im Kampf gegen den Klimawandel zu präsentieren. Klimagelder dürfen nicht in gefährliche Scheinlösungen fließen, die Kleinbauern schaden und das Klima immer weiter anheizen. Die CSA-Lobbyisten müssen sich in Paris also auf einigen Gegenwind gefasst machen.