In diesem Schicksalsjahr der Entwicklung folgt ein Gipfel dem anderen. Im Juni treffen sich Staats- und Regierungschefs der G7 in Elmau. Im Juli findet in Addis Abeba die Weltkonferenz zur Entwicklungsfinanzierung statt. Im September sollen auf einem Sondergipfel im Rahmen der Vollversammlung der Vereinten Nationen neue universelle Ziele für eine nachhaltige Entwicklung beschlossen werden. Und im Dezember folgt die Weltklimakonferenz in Paris.
Vorreiter, Ideengeber, Mitläufer oder Bremser? Welche Rolle wird oder sollte Deutschland auf den bevorstehenden großen internationalen Konferenzen spielen? Über diese Fragen diskutierten am 26. Februar im Rahmen unserer Veranstaltungsreihe „Im Dialog“ unter der Moderation von Arnd Henze (ARD-Hauptstadtstudio) Bundesentwicklungsminister Dr. Gerd Müller, der Direktor des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik, Prof. Dr. Dirk Messner, und Pfarrerin Cornelia Füllkrug-Weitzel, Präsidentin von Brot für die Welt.
Einen Bericht von dieser gut besuchten Veranstaltung finden Sie hier.
Aus Zeitgründen konnten nicht alle Fragen, die aus dem Publikum an das Podium gerichtet wurden, noch während der Veranstaltung beantwortet werden. Dankenswerter Weise erklärten sich alle drei Panelisten bereit, all die Fragen, die während der Veranstaltung auf Kärtchen geschrieben und die Box geworfen wurden, im Nachgang schriftlich zu beantworten.
G7 – Gipfel in Elmau
- Könnte es sich Deutschland leisten, im Superentwicklungsjahr keine Ankündigung in Richtung auf das 0,7%-Ziel zu machen? / Dürfen wir damit rechnen, dass Deutschland als Gastgeber des G7-Gipfels in Elmau einen deutlichen Aufwuchs der ODA-Mittel verkünden wird (auch wenn das erst im Haushalt 2016 zu Buche schlagen wird)?
- Welche Akzente will oder sollte das BMZ in Elmau im Bereich Frieden und Sicherheit setzen? / Ist eine Initiative zur Stärkung der zivilen Krisenprävention und Konfliktschlichtung geplant (oder wünschenswert) – und herrscht in dieser Frage Einigkeit zwischen den Ressorts (dem Entwicklungsministerium, dem Auswärtigen Amt und dem Verteidigungsministerium)?
- Deutschland will auf dem G7-Gipfel eine Initiative zur Stärkung der wirtschaftlichen Selbständigkeit von Frauen starten. Was ist damit bezweckt? (Was sollte in diesem Bereich geschehen?)
- Deutschland will auf dem G7-Gipfel über Standards in Wertschöpfungsketten reden und dabei besonders den Textilbereich herausgreifen. Was ist geplant? Und warum liegt der Fokus auf Textilien? Wäre es nicht wichtiger, den Agrarbereich zu beleuchten, Subventionen anzugehen und über Standards für Agrarexporte und –importe zu reden?
- Welche Rolle soll auf dem G7-Gipfel das Ziel spielen, bis 2018 Polio auszurotten und bis 2030 HIV/Aids?
Weltkonferenz für Entwicklungsfinanzierung in Addis Abeba
- Wird in Addis Abeba auch thematisiert, dass Agrarinvestitionen und –subventionen Missverhältnisse schaffen und Ungleichheit verschärfen können? (bzw. sollte das ein wichtiges Thema sein?)
- Sollte die Zahlung von Mitteln im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit daran gekoppelt werden, dass die Länder, die solche Hilfen bekommen, auch eigene finanzielle Ressourcen stärker verfügbar machen – indem sie zum Beispiel die Reichen, auch die Regierungschefs, stärker besteuern und mit dem Geld Maßnahmen zur Bekämpfung der Armut finanzieren?
- Welchen Stellenwert wird das Thema Verschuldung in Addis haben (bzw. sollte es haben)? Wird sich das BMZ im Kabinett dafür starkmachen, dass Deutschland seine bisherige ablehnende Position überdenkt und den Prozess zur Schaffung eines fairen und transparenten Insolvenzverfahrens von Staaten unterstützt? (bzw. sollte das BMZ das tun?)
- In Addis soll es ja auch um die politische Steuerung von Privatinvestitionen gehen, damit sie sich in Entwicklungsländern positiv auswirken und keine negativen Effekte auslösen. Aber wie soll bzw. könnte das geschehen, wenn international bis jetzt kaum Vereinbarungen zur Stabilisierung der Finanzmärkte erreicht werden konnten? Welche Rolle will bzw. sollte Deutschland in diesem Bereich übernehmen? Wofür will bzw. sollte sich das BMZ stark machen?
Sondergipfel Post 2015-Agenda für nachhaltige Entwicklung in New York
- Welche Rolle spielen die Kirchen und kirchlichen Hilfswerke im Prozess zur Erarbeitung und Umsetzung der neuen nachhaltigen Entwicklungsziele (Sustainable Development Goals, SDGs)? (bzw. welche Rolle sollten sie spielen?)
- Zur Messung der Erreichung der SDGs sollen zunehmend standardisierte Instrumente (Standardindikatoren) eingesetzt werden? Ist dies überaus (für alle Ziele) möglich und sinnvoll?
- Zur Lösung der wichtigen Herausforderungen und Zukunftsfragen wird ein Teilen von Wissen immer wichtiger. Welche Rolle spielt das faire Teilen von Wissen und Know-how in der neuen Entwicklungsagenda (bzw. welche Rolle sollte es spielen)?
- Welchen Zusammenhang sehen Sie zwischen der Bekämpfung des Hungers (bzw. der Erreichung von Ernährungssicherheit) und dem Aufbau und der Stärkung von sozialen Sicherungssystemen? Welche Rolle spielt das in der neuen Entwicklungsagenda und wofür setzt sich Deutschland ein (bzw. sollte sich einsetzen)?
- Haben Sie den Eindruck, dass alle Ministerien in der Bundesregierung schon erkannt haben, dass die neue Entwicklungsagenda nicht nur etwas mit den klassischen Entwicklungsländern zu tun hat sondern auch auf enorme Veränderungsprozesse bei uns zielt („Große Transformation“)? Was sollte getan werden, damit die gesamte Bundesregierung diesen Prozess ernst nimmt und in die Pflicht genommen wird, alle SDGs auch in Deutschland umzusetzen?
Weltklimakonferenz in Paris
- Einerseits will Deutschland viel CO2 einsparen, andererseits auch mit Hilfe von Freihandelsabkommen wie TTIP die Wirtschaft ankurbeln und mehr Wachstum erreichen. Wie passt das zusammen?
- Wird Deutschland noch vor dem Gipfel in Paris deutliche Signale senden und mehr Geld für den Klimaschutz zusagen – sowohl im eigenen Land als auch zur Unterstützung der Entwicklungsländer, damit sie nachhaltiger wirtschaften und besser mit den Folgen den Klimawandels umgehen können? (Bzw. was erwarten Sie von der Bundesregierung?)
- Könnte (bzw. sollte) ein Teil der Einnahmen aus der Finanztransaktionssteuer für die Klima- und Entwicklungsfinanzierung genutzt werden?
- Wie kann verhindert werden, dass Klimaausgleichszahlungen an Entwicklungsländer dort nur korrupte Regierungen stärken und nicht dem Klimaschutz und den Armen zu Gute kommen?
- Setzt sich die Bundesregierung im Vorfeld der Konferenz und in Paris für ein Bündnis mit den ärmsten Ländern und den kleinen Inselstaaten ein (bzw. sollte sie dies tun)?