Chinesische Investoren agieren weltweit im Bereich von extraktiven Industrien, Infrastrukturprojekten zur Energieproduktion sowie Industrie- und Agrarland. Dabei stellt sich häufig die Frage, wie auch chinesische Unternehmen auf allgemein verbindliche Standards verpflichtet und zu deren Umsetzung motiviert werden können. Sind sie zugänglich für Dialog? Was heißt Konfliktsensibilität in diesem Zusammenhang? Wie können Menschenrechtsverletzungen verhindert, Schäden verringert und Rücksicht auf Bedürfnisse der lokalen Bevölkerung eingefordert werden? Was lässt sich aus Erfahrungen mit chinesischen Investoren in der Mekongregion lernen?
Diese Fragen stellten sich die Teilnehmenden eines FriEnt-Fachgesprächs am 18. Juni in Bonn mit Gästen aus Kambodscha und China, die im Rahmen eines von Brot für die Welt organisierten Partnerbesuchs unter dem Motto „Responsible Investment - Vom Brückenbau zwischen chinesischen Investoren und von Landnahmen betroffenen Gemeinden in Kambodscha, Laos und Myanmar“ in Deutschland waren. Bei dem Gespräch berichteten Vertreter der internationalen Nichtregierungsorganisation American Friends Service Committee (AFSC) und Partnerorganisationen von Ansätzen und Erfahrungen aus ihrem Projekt "Responsible Investment". In diesem lernen zivilgesellschaftliche Organisationen und betroffene Gemeinden, mit Investoren aus China und Regierungsstellen aus Myanmar, Kambodscha und Laos zu verhandeln, um negative Auswirkungen von Investitionen zu reduzieren. Ebenso wurde die Anwendbarkeit und Wirkung von internationalen Leitlinien wie den „Voluntary Guidelines on Responsible Governance of Tenure of Land, Fisheries and Forests (VGGT) diskutiert.
Erste Erfolge
AFSC engagiert sich seit Jahrzehnten in Südostasien und begleitet Investitionsvorhaben chinesischer Investoren in Ländern der Mekongregion wo es oft zu Konflikten zwischen Investoren und den von ihrem Land verdrängten Bevölkerungsgruppen sowie Menschenrechtsaktivistinnen und -aktivisten vor Ort kommt. Langjähriges Engagement und Vertrauensaufbau, sowohl auf Seiten der Zielgemeinden als auch auf chinesischer Seite, zeigen inzwischen positive Ergebnisse. Kontaktaufnahme, Vermittlung und Dialog, Gespräche, Besuche und Ortsbegehungen, aktives Zuhören und gemeinsame Verhandlungen führen zu Veränderungen im Umgang miteinander und an verschiedenen Stellen zu einem Abbau der Spannungen, besserem Verständnis und Neuverhandlungen. Für chinesische Investoren ist vielfach der Blick in die Zielgemeinden eine neue Lernerfahrung, da hierdurch die eigene Perspektive verändert und die Rahmenbedingungen vor Ort erkannt werden.
Ähnliches gilt auch für die Nutzung und Wirksamkeit internationaler Rahmenwerke, wie der VGGT, die sich der Verantwortung von Staaten und Unternehmen bei Investitionen widmen. Diese Standards sowie Handbücher und Leitfäden dazu sind jedoch bei chinesischen Investoren kaum bekannt, beziehungsweise entsprechen nicht den Bedingungen, die im eigenen Kontext eingehalten werden müssen. Gleichzeitig ist der kritische Blick auf die Wirkung von Investitionen und Entwicklung für chinesische Akteure kaum nachvollziehbar. Die Eigenwahrnehmung ist hier derzeit eine ganz andere und das Bewusstsein, mit der Finanzierung von Maßnahmen in anderen Ländern auch Schaden anrichten zu können, fehlt.
Langer Atem ist nötig
Aus den Erfahrungen wurde deutlich, dass langfristiges Engagement in der Anfangsphase und darüber hinaus notwendig sein wird, um Investitionsprojekte begleiten, auf Verantwortungsübernahme durch die chinesischen Investoren hinwirken und Schäden für die betroffene Bevölkerung verringern zu können. Die Teilnehmenden betonten ferner, dass internationale Rahmenrichtlinien und deren Anwendung vor Ort nur so gut funktionieren können, wie deren Inhalt bekannt, verstanden und akzeptiert werde. Ein gemeinsames Verständnis der Sprache und Terminologie sei notwendig, wenn Leitlinien eine gemeinsame Ausgangsbasis zur Bewertung von Investitionsprojekten darstellen sollen.
Dialoge und Austausch in den Zielregionen der Investitionen seien unverzichtbar, aber Bewusstseinsbildung, Information und Austausch zu den VGGT seien auch bei den Investoren notwendig, um zu einem gemeinsamen Verständnis zu kommen. Unternehmen und Investoren müssen sich für die politischen, ökologischen und sozialen Folgen ihrer Investitionen verantwortlich fühlen und stärker auf die Auswirkungen ihrer Maßnahmen auf die lokale, häufig in Armut lebende Bevölkerung achten. „Do no Harm“-Prinzipien sollten eine normative Grundlage auch für das Monitoring von Effekten und Langzeitwirkungen von Investitionsmaßnahmen sein. Letztendlich sei es wichtig, sich langfristig verantwortungsvoll zu zeigen, Vertrauen zwischen verschiedenen Akteuren vor Ort aufzubauen und in einem bedeutsamen und transparenten Vorgehen die Investitionsvorhaben gemeinsam zu gestalten.
Caroline Kruckow und Jutta Werdes