Vom 13. bis 17. April fand in New York die erste Verhandlungsrunde statt zur Entwicklungsfinanzierungskonferenz in Addis. Grundlage war ein sogenannter Zero Draft (siehe Anlage unten), den das UN Sekretariat auf der Basis der bisherigen Diskussionen der Regierungen von Oktober 2014 bis Januar 2015 zusammengestellt hat. Es zeigte sich aber, daß der vorliegende Draft in erster Linie Perspektiven der Industrieländer widerspiegelt. Positionen des IWF und des Privaten Sektors schienen berücksichtigt worden zu sein, während die verschiedenen Gruppierungen der Entwicklungsländer sich noch auf keine gemeinsame Positionen haben einigen können. Die G77, unter der Führung Südafrikas, beklagte die Einseitigkeit des Papiers und drohte die Verhandlungen platzen zu lassen.
Erst mühsam konnten sich die Entwicklungsländer zu den Verhandlungen bewegen lassen. Brasilien kritisierte den gesamten Duktus des Papiers, in dem es "eher um die Förderung des Profits privater Unternehmen als um Armutsbekämpfung gehe". Im Gegenzug betonte die USA ihre Forderung nach mehr Wirtschaftswachstum.
Die Themenpalette reichte von eigenen Ressourcen der Länder (wie progressive Steuersysteme, Eindämmung von Korruption und Kapitalflucht) über Schuldentragfähigkeit, technische Kooperation, bessere Datenerhebung, verstärkte Mitsprache der Schwellenländer in den Finanzinstitutionen bis hin zur Stabilisierung und Reform des internationalen Finanzsystems. Bei all diesen Punkten prallten die unterschiedlichen Vorstellungen der Staatengruppierungen aufeinander, so daß noch keinerlei gemeinsame Linie zu erkennen ist. Die G77 verlangten vor allem eine Stärkung der internationalen Kooperation zu Steuerfragen (u.a. zur Vermeidung von Steuerwettlauf), was die EU und USA ablehnten mit dem Hinweis, die Arbeit auf OECD-Ebene reiche völlig aus. USA und EU blockierten generell jede Idee einer neuen Institution, so auch die Initiative des Südens zur Schaffung eines internationalen Entschuldungsmechanismus für Staaten. Der IWF hielt mit Unterstützung der USA eine flammende Rede gegen die Finanztransaktionssteuer (die 2016 in 11 Staaten der EU eingeführt wird, siehe Link unten). Weitere Ideen zur Stabilisierung der Finanzmärkte blieben jedoch vage und unkonkret. Und auch die Zusammenarbeit mit den G20 bleibt ungeklärt.
Als Hauptstreitpunkt kristallisierte sich die Frage nach einem effizienten Umsetzungsmechanismus für Addis (Forderung der G77) bzw. nach der Zusammenführung der beiden UN Prozesse Entwicklungsfinanzierung und Sustainable Development Goals (Forderung der EU und USA) heraus. Daher wird es dazu gesonderte Gespräche geben.
Schwerpunkt der Diskussionen aber war die Förderung des Privaten Sektors und des grossen Business in den Ländern des Südens. Wegen der Niedrigzinspolitik in der EU und USA suchen Privatinvestoren und Investmentfonds, besonders auch Versicherungen, händeringend nach besseren Profitmöglichkeiten (Risikoprämie) im Süden. Die damit zusammenhängenden Risiken wollen die Investoren jedoch nicht übernehmen. Daher sollen diese - nach ihren Vorstellungen - durch Haushaltsmittel und öffentliche Entwicklungshilfemittel garantiert werden. Die EU verlangten eine stärkere Betonung dieses Ansatzes im Zero Draft. Dagegen hielten die ärmsten Entwicklungsländer (LDCs), daß ohnehin der Anteil der ODA-Mittel in die LDCs rückläufig sei und forderten einen spürbaren Anstieg der knappen ODA Mittel in ihre Länder mit dem Ziel direkter Armutsbekämpfung. Nichtregierungsorganisationen, darunter Brot für die Welt und ACT Alliance, die begrenzt mitdiskutieren konnten, mahnten zur Vorsicht und forderten die Aufstellung verbindlicher Menschenrechts- und Umweltstandards für Investitionen. Sie unterstützten damit das Anliegen des UN Hochkommissariats für Menschenrechte (OHCHR).