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Nepal: Soforthilfe mit Weitblick ist jetzt nötig

Nach dem schweren Erdbeben in Nepal: Wie geht es den Menschen in der Himalaya-Region, und wie ist jetzt Hilfe möglich? Antworten gibt Cornelia Füllkrug-Weitzel, Präsidentin der Diakonie Katastrophenhilfe.

 

Von Prof. Dr. h. c. Cornelia Füllkrug-Weitzel am

Menschen, die mit bloßen Händen in den Trümmern nach Verschütteten graben. Verwundete, die auf der Straße auf medizinische Hilfe warten. Verzweifelte Familien, die im Freien schlafen, weil sie ihr Zuhause verloren haben oder sich aus Angst vor Nachbeben nicht mehr in ihre Häuser zurücktrauen. Diese Bilder nach dem schweren Erdbeben in Nepal erschüttern uns und geben doch nur einen sehr kleinen Ausschnitt der Realität wieder:

Die Dörfer und Täler im unwegsamen Himalaya-Gebiet, die mutmaßlich schwer getroffen und beschädigt wurden, sind schon normalerweise sehr von der Außenwelt abgeschnitten und darum nun fast gar nicht zugänglich. An die üblichen Zugangswege, Transport- und Räummethoden ist in diesen Regionen nicht zu denken. Das Ausmaß der Zerstörung ist darum noch unbekannt und im Wortsinn noch ganz und gar unvorstellbar. Für die Hilfskräfte wird daher die größte Herausforderung sein, in die entlegenen Bergregionen vorzudringen, um die überlebenden Erdbebenopfer mit Trinkwasser, Nahrungsmitteln und anderen lebenswichtigen Hilfsgütern zu versorgen. Das kann Tage dauern, in denen die betroffene Bevölkerung – wie so häufig bei Katastrophen dieser Art – vollständig auf sich selbst angewiesen ist und sich in solidarischer Nachbarschaftshilfe selbst helfen muss.

Zerstörungen und blockierte Hilfe

Zerstörte Straßen, Erdrutsche und Geröll blockieren vielerorts den Zugang für Hilfe von außen. Erschwert wird die Hilfe zudem durch unzählige, teils starke Nachbeben. Regenfälle verschärfen die Notsituation der Erdbebenopfer weiter. Beim Räumen der Trümmer auf der Suche nach Überlebenden wird ihnen darum wohl kaum Hilfe von außen zuteil werden.

Wie Haiti, das 2010 von einem schweren Erdbeben heimgesucht wurde, trifft es auch in Nepal wieder eines der ohnehin ärmsten und darum am wenigsten selbsthilfefähigen Länder der Welt. Jeder vierte Nepalese lebt unterhalb der Armutsgrenze und besitzt in keinerlei Hinsicht ‚Reserven‘ – weder Nahrungsmittel, noch finanzielle oder gesundheitliche. Katastrophenvorsorge und Schutzmechanismen existieren in Nepal allenfalls in Ansätzen. Gesundheitsversorgung und Infrastruktur waren schon vor dem Beben nicht ausreichend und zugänglich für die rund 28 Millionen Einwohner und sind nun restlos überfordert. Ein sehr armes Land ist niemals in der Lage, aus eigener Kraft solche Katastrophen schultern und bewältigen zu können. Die nepalesische Regierung hat daher um internationale Hilfe für die Erdbebenopfer gebeten – wohl wissend, dass die in der Regel nur sehr schleppend anlaufen kann und das Fehlen einer sozialen Infrastruktur niemals ersetzen kann.

Umso besser ist es, zu wissen, dass auch in Nepal kompetente Partner von uns vor Ort sind und mit Unterstützung der globalen ACT Alliance Familie – darunter auch unserem finanziellen Beistand – nach Kräften helfen werden. Schon am Samstag waren Hilfskräfte aus der ACT Alliance im Katastrophengebiet, um Hilfe auf den Weg zu bringen. Das weltweite Netzwerk kirchlicher Hilfsorganisationen erweist sich einmal mehr als Segen, weil sich darin Schnelligkeit, Erfahrung und Expertise mit christlichem Engagement verbinden.

Einsturz auf dem Dach der Welt

Das Beben mit einer Stärke von 7,8 auf der Richterskala war das schwerste Erdbeben in der Region seit mehr als 80 Jahren. Betroffen sind vor allem der Westen und die Mitte des Landes, darunter auch die beiden dicht besiedelten Großstädte Kathmandu und Pokhara, wo zahllose Gebäude eingestürzt sind. „Viele Menschen hier schlafen aus Angst vor Nachbeben im Freien”, berichtet Laxman Niroula vom Nothilfeteam der Partnerorganisation der Diakonie Katastrophenhilfe aus Kathmandu. Die Erdstöße haben Straßen aufgerissen, Häuser und Brücken zum Einsturz gebracht, Lawinen und Erdrutsche ausgelöst. Auch die Strom- und Wasserversorgung und Kommunikationsverbindungen sind zu weiten Teilen zusammengebrochen. Insgesamt sind etwa acht Millionen Menschen in 39 von 75 Distrikten des Landes sind betroffen. Allein im Distrikt Goka sollen bis zu 80 Prozent der Häuser und Infrastruktur zerstört sein. Vom Nationalen Kirchenrat Nepals wissen wir, dass eine Kirche in Kathmandu beim Einsturz mindestens 26 Gottesdienstbesucher unter sich begraben hat. Wie viele andere Kirchen, Tempel, Gemeinde-, Kulturhäuser, Behördengebäude etc. getroffen sind, die für das Zusammenleben der Menschen und Funktionieren der Kommunen und des Staates essentiell sind, wissen wir nicht.

Das Erdbeben hat eine der touristisch faszinierendsten Regionen der Welt heimgesucht. Jedes Jahr reisen Tausende von Touristen und Bergsteiger auch aus Deutschland nach Nepal, angezogen von der Bergwelt im Himalaya. So auch gegenwärtig. Nun ‚konkurrieren‘ sie mit der betroffenen Bevölkerung und den lokalen Bergführern (Sherpas) um die Aufmerksamkeit, das Mitleid, die Rettungsaktionen und das wenige Fluggerät in Nepal. Der berühmte Everest-Bezwinger Reinhold Messner hat ausgesprochen, was wir spontan unter uns befürchteten: dass nun ein ‚Zweiklassensystem‘ der Hilfe entstehen könnte.

Verlässliche Hilfe dank weltweiter Partner

Dank unserer Partnerschaft im weltweiten kirchlichen Netzwerk ACT Alliance verfügen wir als Diakonie Katastrophenhilfe auch in Nepal über zuverlässige erfahrene Partner, die sofort Hilfe leisten können und in der Lage sind, die Überlebenden mit lebenswichtigen Hilfsgütern zu erreichen. Nur wer wie sie seit Jahren vor Ort ist und sich auskennt, kann die Übersicht wahren und auch im Chaos besonnene Entscheidungen treffen. Gemeinsam mit ihnen versorgt die Diakonie Katastrophenhilfe jetzt Zehntausende Menschen mit Nahrungsmitteln, Trinkwasser, Planen zum Schutz vor der Witterung sowie Hygieneartikeln wie Seife, Waschmittel und Kanister. Die Hilfe richtet sich an Gebiete außerhalb von Kathmandu, denn dort konzentriert sich der Großteil der internationalen Hilfe. Auch extrem erfahrene ACT-Mitglieder aus Indien, ebenfalls Partner von uns, werden vor Ort helfen. Sie wollen Hilfsmaterial ins Land bringen und die nepalesischen Partner bei der Soforthilfe unterstützen.

Ausdauer und Unterstützung für den Wiederaufbau und Neuanfang notwendig

In den nächsten Tagen und Wochen, in denen es noch eine internationale Berichterstattung geben wird, werden vor allem Notunterkünfte für die vielen Menschen, die ihr Zuhause verloren haben, geschaffen werden und die Erdbebenopfer mit Nahrungsmitteln und Trinkwasser versorgt werden, um ihr Überleben zu sichern. Zerstörungen dieser Art erfordern aber weit größere Anstrengungen, als auf die Schnelle Material, Ausrüstung und Katastrophenhelfer aus aller Welt einzufliegen. Uns ist bewusst, dass Hilfsgüter nur der Anfang sein können, um die schlimmste Not zu lindern. Die Menschen in Nepal werden sehr lange auf Hilfe angewiesen sein, bis sie die Folgen dieser Katastrophe bewältigt haben. Aus unseren Erfahrungen in Haiti oder Pakistan wissen wir, dass es Zeit und langfristige Unterstützung braucht, um Häuser und Infrastruktur wieder aufzubauen und den Menschen neuen Lebensmut und Grundlagen für den Neuanfang zu geben.

Wiederaufbau und Katastrophenvorsorge müssen Hand in Hand gehen und zusammen mit den Menschen vor Ort geplant und umgesetzt werden. Dazu gehört erdbebensichere Bauweise ebenso wie Unterstützung beim Ausbau des Katastrophenschutzes. Damit wir dies alles leisten können, benötigen wir dringend Ihre Unterstützung.

Die Menschen nicht vergessen!

Ich bitte Sie deshalb auch, die Erdbebenopfer in Nepal nicht sofort wieder zu vergessen, sobald sich die Medien und Schlagzeilen wieder anderen Krisenschauplätzen zuwenden.

Im Namen unserer Partner vor Ort, der Kirchen und der Menschen in Nepal danke ich Ihnen schon heute für Ihr Mitgefühl und Ihre Unterstützung und bitte Sie um Ihre Gebete für die Opfer, die Helfer und die Kirchen in diesen dramatischen Tagen, die sie an den Rand ihres Fassungs- und Leistungsvermögens bringen und zugleich soviel von ihnen abverlangen an Hoffnung und Glaubensstärke.




 

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Kleinbäuerin Claudine Hashazinyange mit Avocados vom Baum ihres Schwiegervaters.

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148 € (Spendenbeispiel) Mit 148 € kann zum Beispiel ein Regenwassertank mit 2.000 Liter Fassungsvermögen gekauft werden.

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