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Neue UN-Entwicklungsagenda offiziell beschlossen

Ein historischer Augenblick, gar ein Wendepunkt in der Geschichte der Menschheit - oder nur ein großer Show-Event, dem schon bald wieder das "business as usual" folgen wird? In New York ist auf einem Sondergipfel der Vereinten Nationen eine neue Agenda für eine weltweite nachhaltige Entwicklung verabschiedet worden. In New York wird die Agenda groß gefeiert. Aber es gibt auch Skepsis.

 

Von Thilo Hoppe am

Ein historischer Augenblick, gar ein Wendepunkt in der Geschichte der Menschheit - oder nur ein großer Show-Event, dem schon bald wieder das "business as usual" folgen wird? In New York ist auf einem Sondergipfel der Vereinten Nationen, der noch bis Sonntagabend (27.9.) andauert, eine neue Agenda für eine weltweite nachhaltige Entwicklung verabschiedet worden. Kernstück sind die 17 Sustainable Development Goals (SDGs), die bis 2030 erreicht werden sollen und von allen Ländern tiefgreifende Veränderungsprozesse einfordern. In New York werden die "Global Goals" groß gefeiert. Aber es gibt auch Skepsis.

Das größte Gipfeltreffen in der Geschichte der Vereinten Nationen begann mit einer bewegenden Rede von Papst Franziskus. Er sprach den versammelten Staats- und Regierungschefs dieser Welt ins Gewissen, geisselte das Streben nach immer mehr Geld und Macht und die weit verbreitete "Wegwerfkultur", die Menschen, die als unbrauchbar gelten, ins Abseits dränge und ihrer Würde beraube - und die die Natur nur als Ware ansehe und nicht als Gottes Schöpfung, die bewahrt werden müsse.

Standing ovations für den Papst, auch von denjenigen, die in ihren Ländern genau das machen, was der Papst verurteilt. Dann singt  Shakira  "Image" (statt zusammen mit dem Papst "Laudato si"). Die junge Friednesnobelpreisträgerin Malala aus Pakistan appelliert an die Staats- und Regierungschefs, allen Kindern und Jugendlichen Zugang zu Bildung zu ermöglichen und dabei die Mädchen nicht zu benachteiligen. Viele sind zu Tränen gerührt. Und in den nachfolgenden Statements der Staatsoberhäupter folgen viele große Worte - auch manche, die allzu schwülstig sind. Etwa die von Ägyptens neuem Machthaber Sisi, der zu mehr  Humanität auffordert aber in seinem Land massenhaft Oppositionelle in die Gefängnisse sperrt und zum Tode verurteilen lässt. Oder die Bekenntnisse von Indiens Premierminister Modi zu nachhaltiger Entwicklung und sauberer Energie: Bei den Klimaverhandlungen ist Modi in einem anderen Modus - in dem des Blockierers.

Gut, dass die UNO auf solchen Gipfeltreffen auch Vertreter der Zivilgesellschaft zu Wort kommen lässt, die auf die Widersprüche hinweisen und die Selbstgerechtigkeit so mancher Staatenlenker durchkreuzen. Salil Shetty, Generalsekretär von Amnesty International, hält so eine Rede. Er lobt zwar die wegweisende neue Agenda mit den 17 SDGs, prangert aber an, dass in immer mehr Ländern die Zivilgesellschaft unterdrückt wird und gerade die Menschentrechts- und Umweltaktivisten verfolgt werden, die zur Umsetzung der in New York feierlich verabschiedeten neuen Agenda so dringend gebraucht werden.

Bundeskanzlerin Angela Merkel gibt sich in ihrer Rede optimistisch, dass es nach der Halbierung des Anteils der extrem Armen an der Weltbevölkerung nun auch gelinge werde, bis 2030 extreme Armut und Hunger ganz aus der Welt zu schaffen. Und sie ruft zur Dekabonisierung der Weltwirtschaft auf, was ihr diejenigen, die für einen Erfolg der Klimaverhandlungen streiten, hoch anrechnen. In Sachen Entwicklungsfinanzierung bleibt sie unklar, kündigt zwar an, dass Deutschland das Ziel erreichen werde, 0,7% des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungszusammenarbeit bereitzustellen, bleibt aber ein Datum schuldig. "Sag mir quando, sag mir wann!" möchte man ihr zurufen. Das 0,7%-Ziel ist schon mehr als 40 Jahre alt. Deutschlands ODA-Quote liegt zur Zeit bei 0,4%. Und dass Merkel auf die immer wichtiger werdende Rolle der Privatwirtschaft in der Entwicklungszusammenarbeit verweist, macht es auch nicht besser - im Gegenteil: Privatwirtschaftliche Investitionen in Entwicklungsländern können sogar Hunger und Armut noch verschärfen, wenn sie Menschenrechts-, Umwelt- und Sozialstandards nicht beachten.

Bis Sonntagnachmittag werden noch viele Statements, Side Events und Podiumsdiskussion folgen. Reden von US-Präsident Barack Obama und UN-Generalsekretär Ban Ki-moon werden dann den Schlusspunkt setzen. Erst in den Tagen, Monaten und Jahren danach wird sich erweisen, ob der große Sondergipfel der Vereinten Nationen tatsächlich eine Wende einleiten konnte, eine große Transformation hin zu einer weltweiten nachhaltigen Entwicklung. Von allein wird das nicht geschehen. Danny Sriskandarajah von CIVICUS International, einem NGO-Bündnis, das sich für die Stärkung der Zivilgesellschaft einsetzt, hat es gestern bei einer der Diskussionen hier auf den Punkt gebracht: "Wir müssen den Politikern hier klarmachen, dass sie einen hohen politischen Preis zu zahlen haben, wenn sie ihren schönen Worten keine Taten folgen lassen".

 

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