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Religion im Kontext von Gewalt

Ergebnisse aus einem Partnerworkshop: Herausforderungen für die Friedensarbeit von religiösen Akteuren in gewaltsam aufgeladenen Konflikten.

Von Caroline Kruckow am
Cover der Dialog-Broschüre Religion im Kontext von Gewalt

Die Inanspruchnahme der religiösen Identität von Menschen für politische Auseinandersetzungen hat nach Ende des Ost-West-Konfliktes zugenommen. Mit dem Erstarken von Al-Qaida, IS und Boko Haram wird in der öffentlichen Wahrnehmung religiöse Überzeugung häufig mit Terror, Radikalismus und Gewalt verknüpft. Dies lässt Religion in einem besonders hohen Maß als Quelle von Konflikten erscheinen. Wachsende soziale Ungleichheit und die damit einhergehenden Zerstörung des sozialen Zusammenhalts in vielen Gesellschaften, Ressourcen- und politische Machtkonflikte innerhalb und zwischen Staaten nehmen zu. Die Rolle von Religion und religiösen Akteuren in diesen Konflikten ist ambivalent, denn sie kann sowohl friedensfördernden wie auch konfliktverschärfenden Einfluss haben.

Wie wirkt in diesen zunehmend religiös aufgeladenen Konflikt-Situationen das Engagement von religiösen Akteuren? Was bedeuten diese Herausforderungen für die Zusammenarbeit zwischen lokalen Partnern und kirchlichem Hilfswerk? Wie kann eine friedensfördernde Rolle gestärkt und wie können kirchliche Akteure in ihren Friedensbemühungen besser unterstützt werden? Um diese und ähnliche Fragen gemeinsam mit kirchlichen Partnern zu erörtern und um gegenseitiges Lernen zu befördern, fand im Juni 2014 ein einwöchiger Workshop „Building Peace in Societal Conflicts - Exploring the Peacebuilding  Potential of Faith Based Organisations“ in Nairobi, Kenia statt mit Teilnehmenden aus Indien, Nepal, Kenia, Liberia und Nigeria. Der workshop wurde gemeinsam mit CORAT Africa und der Nairobi Peace Initiative/NPI organisiert.

Die Diskussionen und Ergebnisse des workshops bildeten die Grundlage für weitere Reflektionen und Schlussfolgerungen, die einem Diskussionspapier zusammengefasst sind und zu einer weiteren Befassung mit dem Thema und Austausch anregen sollen. Das Papier liegt in deutscher Sprache, aber auch auf Englisch und Französisch vor.

Weltweit werden religiöse Unterschiede oder Spannungen immer wieder herangezogen, um die Anwendung von Gewalt zu organisieren und zu rechtfertigen ‒ gerade auch zwischen christlichen und muslimischen Bevölkerungsteilen. Entwicklungspolitische Arbeit bewegt sich dann in einem Spannungsfeld, in dem sie auf die vielfältigen Interpretationsmöglichkeiten von unterschiedlichen Religionen sowie auf die komplexe aktuelle politische, soziale, ökonomische und kulturelle Situation im jeweiligen Land eingehen muss. Verallgemeinernde Aussagen über die Zusammenhänge zwischen Religionen, Konflikten und ihrer gewaltsamen oder friedlichen Austragung sind hierbei ebenso wenig zutreffend und tragbar wie Vermutungen über die „inhärente Gewaltneigung“ von einzelnen Religionen. Denn die Ursachen für gewaltsam ausgetragene Konflikte sind vielfältig und lassen sich nicht monokausal auf einen Faktor zurückführen. Deshalb ist es wichtig, inner-religiöse wie inter-religiöse Unterschiede im jeweils konkreten sozialen, wirtschaftlichen und politischen Kontext zu analysieren. Dabei spielen die Vielfalt von Glaubensrichtungen genauso eine Rolle wie die spezifischen historischen Erfahrungen, die die Menschen in einer Gesellschaft mit Religion bzw. dem Verhältnis zwischen Religionen einerseits und Kultur, Politik und Wirtschaft andererseits gemacht haben. Religion spielt ‒ wie die eigene europäische Geschichte zeigt ‒ oft eine wichtige Rolle in politischen Konflikten, aber ihre Bedeutung ist ohne einen genauen Blick auf den Kontext kaum zu verstehen. Daher ist es oft eine wenig hilfreiche Verkürzung und Einengung der Perspektive, wenn bei gewaltsam ausgetragenen inner-gesellschaftlichen Konflikten von „Religionskonflikten“ gesprochen wird. Ohne ein vertieftes und differenzierendes Verstehen der Gesamtsituation sind angemessene Strategien zur friedlichen Konfliktbearbeitung nicht zu finden. Dazu gehört auch die Fähigkeit von christlichen Gemeinschaften und Kirchen zum kritischen Blick auf die eigene Rolle. Denn weder ist Entwicklung per se friedensfördernd, noch sind es religiöse Akteure und Glaubensgemeinschaften.

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