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TTIP: Die Ärmsten verlieren

Von Prof. Dr. h. c. Cornelia Füllkrug-Weitzel am

Handel kann zu menschlicher Entwicklung  und zu Wohlstand beitragen. Voraussetzung hierfür ist jedoch eine faire und nachhaltige Gestaltung von Handelsbeziehungen und Handelsabkommen. Andernfalls läuft die Ausweitung des Handels Gefahr, soziale Ungleichheiten zu verschärfen und die natürlichen Lebensgrundlagen zu zerstören. Diese Gefahr sehe ich am Horizont von TTIP.

Muster für die globale Wirtschaft

TTIP ist - neben allem anderen - ein Versuch der Industrienationen, dem Welthandel einseitig die Regeln der reichen Industriestaaten aufzudrücken. Bei diesem bilateralen Abkommen sitzt der Süden von vornherein nicht mit am Tisch.  Ärmere Länder haben keine Chance, ihre Interessen geltend zu machen, obwohl dieses Abkommen Folgewirkungen für den restlichen Welthandel hat und haben soll. Es ist das Interesse der Verhandlungspartner, dass die Bedingungen, die dort ausgehandelt werden, prägend sein werden auch für alle weiteren Handelsabkommen von USA und EU.

TTIP wird uns schmackhaft gemacht mit dem Argument, es sei doch besser, wenn die EU mit ihrem hohen ethischen und Qualitäts-Bewusstsein Standards für die globale Wirtschaft setzt, als die VR China. TTIP soll in der Tat Standards setzen -Standards zur Absicherung der Wettbewerbsvorteile, die die EU und die USA derzeit gegenüber dem Rest der Welt haben. Von Menschenrechts-, Arbeits- und Umweltstandards ist jedoch kaum die Rede. 

Ordnungsrahmen für die wirtschaftliche Globalisierung: Menschenrechte, Umwelt- und Sozialstandards

Eine ökologisch und sozial nachhaltige Handelspolitik, die dem Wohlstand aller Menschen dienen soll, braucht einen politischen Ordnungsrahmen. Er ist notwendig, um Unternehmen einerseits an bestehende Umwelt- und Sozialstandards zu binden, und andererseits neue Regelungen für Ressourcenschonung, Umwelt- und Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit und Menschenrechte zu erlassen.

Die geplante schiedsgerichtliche Streitschlichtung für ausländische Unternehmen samt dem ebenfalls geplanten Regulierungsgremium zielt aber darauf, solche politische Rahmensetzung durch Parlamente, Regierungen, EU und UN zu unterbinden oder auszuhebeln, um Handelsunternehmen und ausländischen Investoren freien Marktzugang und maximalen Schutz zu gewähren. Es geht um die Dominanz der Ökonomie über den politischen Willen der Völker und Regierungen.

TTIP setzt sich darum über Verpflichtungen aus dem Lissabon-Vertrag hinweg: Danach ist die EU verpflichtet, die Menschenrechte in ihrer auswärtigen Politik zu achten und zu fördern. Auch der EU-Vertrag hat festgelegt, dass alles, was die EU nach außen gerichtet tut, entwicklungsfördernd sein muss und der Entwicklungspolitik der EU nicht zuwiderlaufen darf. Auch fehlt bisher die Intention, eine effektive Menschenrechtsklausel in dem Abkommen vorzusehen, die ermöglicht, Vertragsbestimmungen, die zur Verletzung von Menschenrechten führen können, auszusetzen oder zu ändern. Ganz zu schweigen von der Schaffung eines unabhängigen transparenten Beschwerdemechanismus für den Fall, dass Investitionen zu Menschenrechtsverletzungen in Drittstaaten führen. Beschweren dürfen sich nur Unternehmen – nämlich wenn die Politik Menschenrechte und Umwelt vor ihnen schützt und sie dies als „Handelshemmnis“ deuten!

Auswirkungen auf Entwicklungsländer

Niemand hat bisher ernsthaft belegen können, dass es durch TTIP einen positiven Effekt auf Entwicklungsländer – besonders auf die ärmsten - gibt. Das ifo-Institut hat in einer ersten Studie ausdrücklich vor Negativeffekten gewarnt. Selbst in seiner zweiten Studie, die nur die positiven Wirkungen beleuchten sollte, geht es davon aus, dass durch TTIP allenfalls indirekte Erfolge für die Länder des Südens herausspringen. Bei den ärmsten Entwicklungsländern wird im Wesentlichen aber sogar ‚erst einmal‘ ein Sinken der Realeinkommen vorhergesehen - vor allem wegen verringerter Exportchancen. Für Bangladesch zum Beispiel wird dies mit zwei Prozent veranschlagt.

Für die Länder des Südens ist der Agrarsektor von herausragender Bedeutung. Eine bäuerliche und zukunftsfähige Landwirtschaft, die die Menschen dieser Welt ernähren kann, braucht ein faires unter allen Staaten verabredetes Welthandelssystem, das die Interessen von Bäuerinnen und Bauern weltweit berücksichtigt, das Recht der Staaten auf eine Politik der Ernährungssouveränität respektiert, sich am Menschenrecht auf Nahrung orientiert, sowie Klima, Umwelt und biologische Vielfalt schützt. Ein Zollabbau, der nur der industriellen Landwirtschaft des Nordens nützt, ist kein Fortschritt! TTIP schafft unfaire Voraussetzungen für die künftigen Handelschancen Dritter und zerstört bisherige Handelspräferenzen für Länder des Südens. TTIP zementiert die bestehende globale Ungleichheit zu Lasten ärmerer Länder. TTIP verhindert deren Entwicklung und ihre demokratische Beteiligung.

 

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