Amos war 26 Jahre alt, als im Jahr 2007 Mitarbeiter des australischen Konzerns Mantra in sein Dorf kamen und Arbeit anboten. Sein Dorf Mkakatika in der Nähe der tansanischen Hauptstadt Dodoma ist arm, für weniger als zwei EUR am Tag für drei Monate zu arbeiten, war auch damals wenig, aber besser als nichts. Ausgewählt wurden acht junge Männer aus dem Dorf, die einfach nur Löcher buddeln und Bohrungen machen sollten. Barfuß und ohne Handschuhe wurde die Arbeitskraft der Männer aufgrund ihrer Armut ausgebeutet, um radioaktives Uran zu fördern. Die Männer hatten keine Ahnung, was Uran ist und welche gefährlichen Nebenwirkungen es hat. Sehr bald traten schwerwiegende Beschwerden auf: Amos bekam dauerhaften starken Hautauschlag, Augenrötungen, dann fielen die Wimpern aus und schließlich wurde er impotent. Ähnlich erging es auch seinen sieben Arbeitskollegen aus seinem Dorf, ebenso auch den anderen 80 Dorfbewohnern deren Trinkwasser durch den Uranabbau kontaminiert wurde. Der Mantra-Konzern hatte weder im Vorfeld die Arbeiter informiert, noch im Nachgang sich jemals entschuldigt oder gar Verantwortung für die Arbeiter und die Dorfbewohner übernommen. Nicht einmal die Bohrlöcher hat der Konzern nach den Probebohrungen wieder geschlossen, das haben NGOs übernommen, als der Konzern schon längst abgezogen ist. Stattdessen verhandelt der australische Konzern mit der Regierung von Tansania über weitere Testbohrungen.
Uran ist ein Rohstoff, das zu einer Kernspaltungs-Kettenreaktion fähig ist. Deshalb wird es in Kernkraftwerken und Kernwaffen als Primärenergieträger genutzt. Daher erfuhr das Metall erst nach Erfindung der Kernspaltung 1938 große Aufmerksamkeit. Atomkraftwerke werden somit durch Uran gefüttert. Je mehr der nukleare Energiehunger steigt, umso mehr steigt auch die Förderung von Uran, welches vorwiegend in Kanada, Australien, Kasachstan, Russland, Niger, Namibia, Usbekistan und den USA abgebaut wird. Vielleicht gehört Tansania auch bald zu diesen Ländern, wenn die Testbohrungen sich als lukrativ für die tansanische Regierung wie ausländische Atomkraft-Konzerne herausstellen.
Umweltorganisationen klagen schon lange über die schlimmen Auswirkungen der Förderung auf die Arbeiter und auch Umwelt wie Wasserkontamination. Es ist nicht verwunderlich, dass diese Info noch nicht in den ruralen Gebieten von Tansania angekommen ist, ein Land, das immer noch zu den 50 ärmsten Ländern der Erde gehört. Umso verwunderlicher ist jedoch, dass die Atomlobby noch immer sich damit schmückt, eine saubere, friedliche und klimafreundliche Energie zu liefern. Verantwortungslos agiert die Lobby, bedenkt man die Risiken und Nebenwirkungen von der gefährlichen Förderung und der nicht gelösten Endlagerfrage, bis hin zum Super-GAU, wie Tschernobyl und Fukushima es erleben musste.
Besonders perfide allerdings sind die kontinuierlichen Anstrengungen der Branche innerhalb der UN-Weltklimaverhandlungen. Keine Gelegenheit wird ausgelassen, Zugang zu internationalen Klimafinanzierungstöpfen zu bekommen. Bereits beim Clean Development Mechanism hat die Branche darum gekämpft für den Bau eines Atomkraftwerks in einem Entwicklungsland pro Tonne eingesparte CO2-Emission gegenüber einem fossilen Energielieferanten CO2-Zertifikate generieren und somit am Emissionshandel mit verdienen zu dürfen. Ebenso versucht die Lobby nun Zugriff auf den Green Climate Fund zu bekommen. Der Fund soll Entwicklungsländer in ihren Anstrengungen CO2 einzusparen und in der Erhöhung ihrer Klimaresilienz unterstützen. Vorrausetzung ist, dass alle verwendeten Mittel aus dem Green Climate Fund transformative Prozesse anstoßen. Selbst dafür wird die Klimafinanzierung nicht ausreichen und die Mittelbereitstellung entspricht nicht annähernd den Herausforderungen, denen sich die ärmsten und verletzlichsten Staaten jetzt schon stellen müssen in ihrem Kampf gegen den Klimawandel. Umso ignoranter ist, dass die Atomlobby den ärmsten und verletzlichsten noch den letzten Cent weg nehmen würde, bedenkt man, wie irrational teuer die Unterhaltung der Atomkraft ist.
Die Argumente der Atomlobby sind so alt und verstrahlt wie das Uran, das sie fördern. Die Atomkraft-Ära ist vorbei – die Zukunft liegt bei den nachhaltigen, erneuerbaren, grünen Energiequellen, die keine Risiken bergen, dafür aber viele positive Nebeneffekte mit sich bringen.