Es war ein kurzer, aber für den internationalen Klimaschutz bedeutender Moment am frühen Mittwochmorgen im Hauptquartier der Vereinten Nationen in New York. Generalsekretär Ban Ki-Moon hatte im vollgepackten Programm der Woche der Generalversammlung eine Stunde reservieren lassen, um die Staaten anzuerkennen, die dem Pariser Abkommen bereits rechtlich verbindlich beigetreten sind. Während der Zeremonie dankte er persönlich den 29 Staaten, die bereits in den vergangenen Monaten das Abkommen ratifiziert und ihre Ratifizierungsurkunden bei ihm hinterlegt hatten, darunter den beiden größten Verursachern von Triebhausgasen USA und China. Anschließend nahm er von 31 weiteren Staaten, in den meisten Fällen vom Staats- oder Regierungschefs, Ratifizierungsurkunden entgegen. Darunter waren weitere große Emittenten wie Brasilien, Argentinien und Mexiko.
So gut wie alle kleinen Inselstaaten und eine große Anzahl der ärmsten und verletzlichsten Länder aus Afrika gehören ebenfalls zu den 60 Staaten, die mittlerweile das Abkommen ratifiziert haben. Darin zeigt sich, wie wichtig das Abkommen für diese Staaten ist – denn Klimaschutz und Unterstützung bei der Bewältigung der Folgen des Klimawandels sind für sie eine Frage des Überlebens. Darauf wies der am Mittwoch der Premierminister von Fidschi, dem Land das als erstes ratifiziert hatte, in seiner Rede hin. Die internationale Gemeinschaft habe eine Verantwortung, die Menschheit vor steigendem Meeresspiegel, stärkeren Stürmen, härteren Dürren und weiter steigenden Temperaturen zu schützen. Dafür wird es entscheidend darauf ankommen, dass das Abkommen nicht nur ratifiziert, sondern tatsächlich umgesetzt wird.
Das Abkommen eilt von Rekord zu Rekord. Im Dezember 2015 von 195 Vertragsparteien am Ende der Klimakonferenz angenommen, im April 2016 von 175 Staaten direkt am ersten Tag der Unterzeichnungsperiode unterzeichnet und nun von 60 Staaten ratifiziert. Das Pariser Abkommen tritt in Kraft, 30 Tage nachdem mindestens 55 Vertragsparteien, die für mindestens 55% der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich sind, ihre Ratifizierungsurkunden bei der UN hinterlegt haben. Die erste Hürde ist also genommen. Seit Mittwoch sind 47,8% der globalen Emissionen abgedeckt. Damit sieht es so aus, als könnte das Abkommen bereits im ersten Jahr nach seiner Verabschiedung in Kraft treten - normalerweise kann dies viele Jahre dauern. Bei Kyoto-Protokoll dauerte die Hängepartie 7 Jahre, in der viel Schwung für den internationalen Klimaschutz verlorenging.
Ein schnelles Inkrafttreten ist erstens ein wichtiges Signal an diejenigen, die heute Investitionsentscheidungen treffen: Die Regierungen meinen es mit diesem Abkommen ernst, der Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas bis zur Mitte des Jahrhunderts muss tatsächlich jetzt beginnen. Zweitens ist ein schnelles Inkrafttreten auch eine Versicherung gegen politische Unsicherheiten. Wenn beispielsweise Donald Trump Präsident der Vereinigten Staaten würde und das Abkommen zu dem Zeitpunkt bereits in Kraft wäre, würde es 4 Jahre (also seine gesamte Amtszeit) brauchen, bis ein Austritt der USA wirksam würde.
Sehr auffällig war, wer am Mittwoch nicht auf die Bühne durfte: Die Mitgliedsländer der EU, darunter auch Deutschland. Denn die vermeintlichen Klimavorreiter haben das Abkommen noch nicht ratifiziert. Doch die Strategie derer, die auf eine schnelle Ratifizierung gesetzt hatten, funktioniert: Nach der Ratifizierung durch einige große Länder fürchtet die EU, dass sie den Anschluss verliert. Selbst Kommissionspräsident Juncker bemerkte in seiner Rede vor dem EU-Parlament, dass die EU „lächerlich“ wirkt, wenn sei es nicht hinbekommt, das Paris-Abkommen schnellstmöglich zu ratifizieren. Und so beschleunigt gerade die EU ihre Ratifzierungsverfahren und wird sich wohl darauf verständigen, dass die EU und diejenigen Mitgliedsstaaten, die bereits ratifiziert haben, in den kommenden Wochen ihre Urkunden bei der UN einreichen werden, ohne auf alle anderen Mitgliedsstaaten zu warten. Auch Deutschland wird am Donnerstag und Freitag in Bundestag und Bundesrat die Ratifizierung im Eilverfahren beschließen. Doch das wird nicht reichen, um der Verantwortung von Paris gerecht zu werden. Entscheidend ist, dass Deutschland mit mutiger Klimapolitik seinen Beitrag zum Erreichen der Pariser Klimaziele leistet, damit die globale Erwärmung auf deutlich unter 2 Grad, am besten gar auf 1,5 Grad begrenzt werden kann. Mit dem wenig ambitionierten Entwurf für den Klimaschutzschutzplan 2050, wie er gerade vorliegt, kann das nicht gelingen. Hier müssten die Ziele auf mindestens 95% Emissionsreduktion erhöht, Sektorziele definiert und ein Kohleausstieg festgeschrieben werden.
Blogbeitrag von Lutz Weischer, Teamleiter für Internationale Klimapolitik bei Germanwatch. Er ist derzeit in New York und hat für Germanwatch und Brot für die Welt die Ratifizierungszeremonie bei der UN beobachtet.