Relevante Institutionen wie der Internationale Währungsfonds (IWF) und UNCTAD warnen vor sich aufbauenden neuen Staatschuldenkrisen in Asien, Afrika, Lateinamerika. Laut jüngstem Bericht des IWF haben derzeit schon 17 Länder mit niedrigem Einkommen ein hohes Überschuldungsrisiko, 8 davon gehören zu den vor einigen Jahren entschuldeten ärmsten Ländern („HIPCs“).
Die achtziger Jahre gelten als verlorenes Jahrzehnt für die Entwicklung vieler Staaten im Globalen Süden, weil die Schuldenkrisen verschleppt wurden und weil bis zur Lösung viele Jahre vergingen. Es besteht eine große Gefahr, dass sich die verlorenen Entwicklungsjahrzehnte wiederholen und weiterhin Menschen aus Armut gezwungen sind, ihr Land zu verlassen. Nach wie vor gibt es kein geordnetes Entschuldungsverfahren, um Staaten aus einer nicht tragfähigen Verschuldung zu befreien.
Daher fordern unsere Partner aus den kritisch verschuldeten Entwicklungsländern zusammen mit dem deutschen Entschuldungsbündnis "erlassjahr.de", dass die Bundesregierung ihre G20-Präsidentschaft im nächsten Jahr dazu nutzt, ein rechtsstaatliches und faires Verfahren für die Lösung von Schuldenkrisen auf den Weg zu bringen. Unterstützt wird diese Kampagne von insgesamt 185 Organisationen, darunter evangelische Landeskirchen, katholische Diözesen sowie zahlreiche Eine-Welt-Landesnetzwerke, Weltläden und Kirchengemeinden. Sie alle sind besorgt über sich abzeichnende neuen Schuldenkrisen in Entwicklungsländern und hoffen daher, dass dieses Thema auf die Agenda der G20-Gipfel im Juli 2017 in Hamburg gesetzt wird.
Geoffrey Chongo erläuterte stellvertretend für 20 internationale Stimmen aus kritisch verschuldeten Ländern die Situation in Sambia: „Die Auslandsschulden Sambias sind in den letzten Jahren von 1 Milliarde US-Dollar auf 6 Milliarden US-Dollar gestiegen. Wenn die finanziellen Ressourcen in den Schuldendienst fließen, fällt es dem Staat schwer, soziale Dienstleistungen wie Gesundheit, Bildung und Wasser bereit zu stellen. Am meisten unter diesen Sparmaßnahmen leiden Frauen und Kinder, die Verwundbarsten in der Bevölkerung.“ Frau Füllkrug-Weitzel sprach bei der Übergabe auch stellvertretend für die Unterstützer der Kampagne Debt20: „Wir werden nicht tatenlos zusehen, wie sich die Geschichte wiederholt und erneut Millionen von Menschen die Chance auf ein Leben in Würde genommen wird.“
Die sich aufbauenden neuen Schuldenkrisen im Globalen Süden sind eine Gefahr für das Erreichen der vereinbarten nachhaltigen UN-Entwicklungsziele (SDGs). Bislang haben es die G20 jedoch vermieden, über rechtsstaatliche Verfahren für die Überwindung von Staatsschuldenkrisen zu sprechen. Immerhin hat die chinesische G20-Präsidentschaft das Thema 2016 zum ersten Mal auf die Tagesordnung gesetzt. Hieran sollte Deutschland im kommenden Jahr anknüpfen.
Brot für die Welt ist eine langjährige Mitträgerorganisation im Bündnis „erlassjahr.de - Entwicklung braucht Entschuldung“. Diese Bündnis ist der größte entwicklungspolitische Zusammenschluß in Deutschland mit über 600 Mitträgerorganisationen aus Kirche, Politik und Zivilgesellschaft. Erlassjahr.de ist zudem eingebunden in ein weltweites Netzwerk von rund 50 ähnlichen Kampagnen. Sie alle wollen es nicht hinnehmen, dass untragbar hohe Schulden in vielen Ländern des Globalen Südens wichtige Investitionen in Gesundheit, Bildung und Infrastruktur unmöglich machen.