Warum wir verbindliche menschenrechtliche Sorgfaltspflichten für Unternehmen brauchen.
Deutsche Unternehmen sind immer wieder direkt oder indirekt an Menschenrechtsverletzungen im Ausland beteiligt. Noch immer arbeiten Näherinnen in Bangladesch bis zu 16 Stunden täglich zum Hungerlohn, um Kleidung für europäische Modeketten herzustellen. Besonders problematisch ist der Abbau von Rohstoffen, die für viele Produkte benötigt werden. So wird Kupfer, dessen Abbau in Peru zu gewaltsamen Landnutzungskonflikten und Umweltverschmutzung geführt hat, auch in deutschen Autos verbaut.
Eine Studie der Universität Maastricht aus dem Jahr 2015 wertete über 1.800 Menschenrechtsbeschwerden im Zeitraum von 2005 bis 2014 aus. Davon betreffen 87 auch deutsche Unternehmen. Nur in vier Ländern versammeln Unternehmen mehr Menschenrechtsbeschwerden auf sich – womit Deutschland einen unrühmlichen fünften Rang erreicht.
Bundesregierung bereitet nationalen Aktionsplan vor
Die Bundesregierung plant, im Mai 2016 einen Nationalen Aktionsplan (NAP) zur Umsetzung der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte zu verabschieden. Mit dem Aktionsplan will die Bundesregierung Maßnahmen beschließen, um Menschenrechtsverletzungen durch deutsche Unternehmen zu verhindern und die Rechte betroffener Menschen zu stärken. Im Zentrum der Debatte steht die Frage nach den angemessenen Mitteln zur Durchsetzung der menschenrechtlichen Sorgfalt. Brot für die Welt fordert gemeinsam mit anderen Organisationen verbindliche Verpflichtungen für Unternehmen. Unternehmensverbände und auch einige Regierungsvertreter/innen plädieren für freiwillige Empfehlungen. Sie beklagen den hohen bürokratischen und finanziellen Aufwand einer gesetzlichen Sorgfaltspflicht und fürchten den Verlust ihrer Wettbewerbsfähigkeit.
Brot für die Welt fordert verbindliche Vorgaben
In der Publikation „Menschenrechte sind kein Wunschkonzert“ setzt sich Brot für die Welt gemeinsam mit Misereor und Germanwatch mit den Einwänden der Wirtschaftsverbände gegen verbindliche Menschenrechtsvorgaben auseinander und zeigt, dass eine gesetzliche Verankerung menschenrechtlicher Sorgfalt notwendig und machbar ist.
Empirische Studien in den vergangenen Jahren auch erhebliche Zweifel an der Wirksamkeit freiwilliger Selbstverpflichtungen von Unternehmen geweckt. Sowohl eine von der EU-Kommission finanzierte Studie von 2013 als auch eine Studie von 2015 aus Großbritannien zeigen sehr deutlich, dass freiwillige Selbstverpflichtungen kaum Wirkung zeigen und empfehlen gesetzliche Vorgaben. Schon jetzt betreiben Unternehmen hohen Aufwand, um für die Sicherheit und Qualität ihrer Produkte zu garantieren. Warum also sollten diese Bemühungen nicht auch für menschenrechtliche Vorgaben möglich sein? Es gibt zahlreiche Leitfäden und Instrumente, die branchenspezifische Anleitungen geben, wie konkret vorgegangen werden kann.
Auch in anderen Ländern, sowie bei der EU sind gesetzliche Vorgaben zur Achtung der Menschenrechte in der Wirtschaft auf der politischen Agenda. Großbritannien verabschiedete bereits 2015 ein Gesetz gegen moderne Sklaverei, Frankreich steckt mitten in den Verhandlungen über ein Sorgfaltspflichtengesetz und auf EU-Ebene ist eine Richtlinie zur verantwortlichen Beschaffung von Rohstoffen aus Konfliktgebieten geplant. Deutschland als stärkste europäische Wirtschaftskraft hat die Verantwortung und auch die Chance, jetzt mit positivem Beispiel voranzugehen. Denn schließlich sind wirtschaftlicher Erfolg und der Schutz der Menschenrechte keine Gegensätze, sondern gehören eng zusammen.