Entwicklungszusammenarbeit muss passgenau sein, um langfristig Wirkung zu zeigen. Und Entwicklungspolitik muss mittelfristig die nationalen wie internationalen Rahmenbedingungen für die Schaffung nachhaltiger Einkommensmöglichkeiten verbessern. Stärkung der Rechtsstaatlichkeit und der Arbeits- und Menschenrechte, die Erschließung billiger, nachhaltiger Energiequellen und Ressourcen und Ausbildungsmöglichkeiten könnten unter anderem Anreize für sozial und ökologisch nachhaltige Produktionsstandorte bilden und zur Schaffung von guten Arbeitsplätzen beitragen. Das gilt für Länder mit allgemeinem Arbeitsplatzmangel und unzureichenden Ausbildungsmöglichkeiten wie zum Beispiel Marokko. Es bietet arbeitshungrigen Jugendlichen auf Dauer eine Alternative zur Migration.
Marokko ist Partnerland der deutschen Entwicklungszusammenarbeit, in 2015 wurden etwa 486 Millionen Euro vornehmlich für den Ausbau erneuerbarer Energien, für Wasserversorgung und berufliche Bildung gewährt. Kein schlechter Anfang.
Nun ist Marokko in den vergangenen Jahren auch noch zum Transitland und dann unfreiwilligem Zielland für tausende Migranten und Flüchtlinge aus Afrika geworden. Mit Druck und Anreizen versucht die EU seitdem dort eine Migrationspolitik nach europäischen Vorgaben zu etablieren. Zwischen der EU und Marokko wurde im Juni 2013 eine sogenannte "Mobilitätspartnerschaft" unter anderem bezüglich legaler Migration, Stärkung der Synergien von Migration und Entwicklung sowie Stärkung des Flüchtlingsschutzes abgeschlossen. Deutschland beteiligt sich daran. Die dabei versprochenen Erleichterungen bei der Visaerteilung für die Einreise in EU-Länder wurden nie realisiert.
Nach den Terroranschlägen von Paris und den Übergriffen zu Silvester in Köln schlägt nun die Stunde der Symbolpolitik. Starke Gesten gegen Nordafrikaner sind in Mode. Marokko wurde zum ‚sicheren Herkunftsstaat‘ erklärt. Die Drohung mit der Kürzung der Entwicklungshilfe steht im Raum, wenn sich Marokko bei der Rückführung von ein paar tausend irregulären Migranten und abgelehnten Asylbewerbern nicht kooperativ verhält. Wird die Drohung wahr, würden Entwicklungschancen für Zehntausende gekappt. Fluchtursachenbekämpfung sieht anders aus.
Der Beitrag erschien am 18. Februar 2016 in der Frankfurter Rundschau.