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Kiribati kauft Land auf den Fidschi Inseln

Kiribati dürfte eines der ersten Länder sein, welche infolge des Klimawandels zum Großteil im Meer versinken werden. Von den Schwierigkeiten der klimabedingten Umsiedlung eines Inselstaates berichtet Sabine Minninger.

 

Von Sabine Minninger am

Der Inselstaat Kiribati im Südpazifik wird langfristig wegen des klimabedingten Meeresspiegelanstiegs unbewohnbar werden. Dass Grundwasser und Böden versalzen sind, gefährdet bereits jetzt den Anbau landwirtschaftlicher Produkte. Der Großteil des Landes befindet sich weniger als zwei Meter über dem Meeresspiegel mit Ausnahme der Vulkaninsel Banaba, die mit 81 Meter über dem Meeresspiegel die höchste Erhebung des Inselstaates ist. Damit dürfte Kiribati eines der ersten Länder sein, welche infolge des Klimawandels zum Großteil im Meer versinken werden.

Der Staat hat vorgesorgt und Land gekauft in Fidschi, einem anderen südpazifischen Inselstaat, der höher liegende Landflächen besitzt. Im Zusammenhang mit dem Klimawandel stellt der Landkauf von Kiribati einen Präzedenzfall dar. Zunächst soll das gekaufte Land die Ernährungssicherheit stützen und landwirtschaftlich genutzt werden. Das ist bisher das offizielle Statement der Regierung Kiribatis vor allem gegenüber der eigenen Bevölkerung. Mit den Zwischentönen wird aber bereits kommuniziert, dass dieses neue Land auch die Heimat werden soll für die Menschen aus Kiribati, die durch den Klimawandel gezwungen sind umzusiedeln.

"Migration in Würde" statt "Klimaflucht"

Der vorherige Präsident von Kiribati, Anote Tong, hat das Prinzip einer „Migration in Würde“ bereits vor dem Klimagipfel in Paris 2015 für seine Landsleute eingefordert. Die Einwohner seines Landes wollen auf keinen Fall als Klimaflüchtlinge bezeichnet werden, sondern im schlimmsten Fall als klimawandelbedingte MigrantInnen, die mit Respekt behandelt werden. Für Tioti Timon von der Vereinten Kirche Kiribatis bedeute eine Migration in Würde, dass man auch auf Augenhöhe mit der neuen Nation sein wolle, in die man umsiedeln müsse. Daher wäre eine Umsiedlung innerhalb der südpazifischen Inselstaaten wohl angebrachter als in einen hochentwickelten Industriestaat wie Australien. Am schlimmsten wäre die Umsiedlung seiner Landsleute, deren Lebensexistenz auf Fischfang basiert, ins Landesinnere ohne Meerzugang, betont Tioti Timon.

Die Regierung von Kiribati hat für 16 Millionen Fidschi Dollar (circa 7 Millionen Euro) das 6000 Acre (2428 Hektar) große Land auf der zweitgrößten Insel Fidschis, in Vanua Levu, von der Kirche Englands gekauft. Einen recht stolzen Preis hätte die Vermögensverwaltung der Kirche Englands mit dem Staat Kiribati für das Berggelände ausgehandelt, findet der Regierungsvertreter der Provinz Cakaudrove, Seka Malani.

Integration auf südpazifisch

Auf dem erworbenen Land liegt auch das Dorf Naviavia mit seinen 261 Einwohnern. Die Vorfahren der Einwohner von Naviavia stammen von den Solomonen, sie wurden als Sklaven von den Engländern während der Kolonialzeit zum Arbeiten auf den Zuckerrohrplantagen nach Fidschi verschleppt. Die Einwohner des Dorfes Naviavia leben nun in der vierten Generation in Fidschi, jedoch ohne die Landrechte zu besitzen. Daher war zunächst auch die Besorgnis groß, dass sie im Zuge des Landkaufs vertrieben werden könnten. Diese Befürchtungen konnten erst aus dem Weg geräumt werden, als Regierungsvertreter von Kiribati das Dorf besuchten und deutlich machten, dass das Dorf natürlich bleiben und das Gelände im Sinne des Dorfes entwickelt werden soll.

Supermärkte und Schulen versprachen die neuen Landbesitzer und zeigten sich sehr bemüht um ein gutes Miteinander. Die gleiche südpazifische Mentalität würde helfen, dass ein gutes Zusammenleben funktionieren könne, zeigen sich die Dorfbewohner im Gespräch mit den Regierungsvertretern von Kiribati hoffnungsvoll. Den Genpool zu erweitern könne ja auch eine neue Chance bedeuten. Gerade die jüngeren DorfbewohnerInnen sehen darin den Vorteil der neuen Nachbarschaft. Integration kann vor allem dann gelingen, wenn untereinander geheiratet wird und neue Familien entstehen, somit könne auch die Sprachbarriere schneller überwunden werden. Diese Theorie unterstützt auch das Staatsoberhaupt von Fidschi, Josaia Voreqe Bainimarama. Er verkündete das „Mixing the Breed“ als Rezept für eine erfolgreiche Eingliederung und schaut der Ankunft der neuen MigrantInnen willkommend entgegen.

Auch wenn die konkrete Ankunft auf Fidschi noch etwas dauert: Die Regierungsvertreter von Kiribati haben den Dorfbewohnern von Naviavia versichert, dass erst in zehn Jahren mit einer Umsiedlung von insgesamt 10 bis 20 Prozent der Bevölkerung von Kiribati gerechnet werden kann. Die Provinzbehörde von Fidschi bereitet die Dorfbewohner nun auf den bevorstehenden Umsiedlungsprozess vor, um die „Willkommenskultur“ zu erhöhen. Beauftragt wurde damit die Provinzbehörde in Cakaudrove, für die unter anderem Seka Malani sich der Aufgabe angenommen hat. Er empfindet es als sinnvollen Schritt, auf die Ängste der Bevölkerung im Gastgeberland einzugehen, um so eine schnelle Integration der Neuankömmlinge zu realisieren. Ein wichtiger Impuls hierzu sei es, wenn sich die Bewohner des Dorfes Naviavia mit der Kultur und der Sprache der neuen Nachbarn auseinandersetzen.

Kiribati will nicht aufgeben

In Kiribati selbst dagegen wird das Thema totgeschwiegen. Es komme einem Aufgeben gegen den Klimawandel und dem eigenen Volke gleich, wenn die Regierung Projekte zur Umsiedlung offensiv angehen würde, so Tioti Timon aus Kiribati. Die Bevölkerung ist weder vorbereitet noch willig das eigene Land aufzugeben.

Völkerrechtlich relevante Fragen wurden weder auf der Seite von Kiribati noch auf Fidschi geklärt. Welche Nationalität werden die Neuankömmlinge aus Kiribati auf Fidschi besitzen? Wird das neuerworbene Land dann Staatsterritorium von Kiribati sein? Welchen Schutz haben sie, welches Völkerrecht greift, da sie ja keine Flüchtlinge sind, die durch die Genfer Menschenrechtskonvention geschützt wären?

Internationale Regeln sind notwendig

Ovini S. Ralulu, Direktor der Klimaabteilung des Ministeriums für strategische Planung der Regierung von Fidschi, hat darauf auch keine Antworten – zumal er bisher nur darüber informiert wurde, dass es sich um einen Landkauf für die landwirtschaftliche Nutzung von Kiribati handelt.

Der Präzedenzfall zeigt die dringende Notwenigkeit international Regelungen zu finden für die Menschen, die vom Klimawandel vertrieben werden. In dem Anhang zum Pariser Klimaabkommen von 2015 hat sich die Staatengemeinschaft darauf geeinigt eine Arbeitseinheit zu gründen, die sich mit dem Thema „Klimawandelbedingte Vertreibung“ beschäftigt. Auch die deutsche Bundesregierung ist in der Arbeitsgruppe vertreten, von der erwartet wird, bestmögliche völkerrechtliche Lösungen für die Menschen zu finden, die durch den Klimawandel ihre Heimat verlieren.

 

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