Der Klimawandel verändert die Welt. Schon lange richtet das evangelische Hilfswerk Brot für die Welt sein Augenmerk auf diejenigen, die von den Veränderungen am stärksten betroffen sind. Das sind zumeist Menschen, die in den Ländern des Südens ohnehin unter Armut und Not leiden.
Extremes Wetter...
Immer mehr Menschen weltweit sind von der zunehmenden Wüstenbildung, dem Anstieg des Meeresspiegels, von Überschwemmungen oder Dürre betroffen. Auch die Zahl extremer Wetterereignisse nimmt zu. Insbesondere in den Ländern des südlichen Afrikas, in Asien oder Mittel- und Südamerika ereignen sich Naturkatastrophen häufiger und mit zunehmender Heftigkeit. Überschwemmungen, Sturmfluten oder anhaltende Dürren treffen hier oft auf besonders arme und verwundbare Regionen und Menschen, denen es an Möglichkeiten und Mitteln fehlt, sich vor den Gefahren angemessen zu schützen oder sich an sie anzupassen.
...macht Millionen obdachlos
Nach Angaben des Norwegischen Flüchtlingsrats und dem International Displacement Monitoring Center haben die Folgen extremer Wetterereignisse im Jahr 2014 mehr als 19,3 Millionen Menschen in 100 Staaten um ihr Zuhause gebracht. Seit 2008 wurden durchschnittlich 26,4 Millionen Menschen jährlich aufgrund extremen Klimas aus ihrer Heimat vertrieben, besonders innerhalb von Entwicklungsländern.
Brot für die Welt und die Diakonie Katastrophenhilfe unterstützen Betroffene gemeinsam mit lokalen Partnerorganisationen durch Katastrophenvorsorge und Anpassungsmaßnahmen. Denn extreme und unvorhersehbare klimatische Bedingungen wirken sich besonders stark auf Fischerei und Landwirtschaft aus, die die Existenzgrundlage vieler besonders verletzlicher Menschen bilden. Gleichzeitig setzt sich Brot für die Welt auch auf nationaler und internationaler Ebene mit Lobby- und Advocacyarbeit für die Rechte der Menschen ein, die von Umweltveränderungen und Naturkatastrophen besonders betroffen sind. Brot für die Welt tritt dafür ein, dass Umweltveränderungen und Klimaveränderungen durch die globale Erderwärmung international als Fluchtursachen anerkannt werden. Es braucht effektive, rechtlich verbindliche Schutzmechanismen auf nationaler Ebene und über internationale Grenzen hinweg.
Wer ist besonders gefährdet?
Klimawandel und Wetterextreme sind wichtige Triebkräfte für Migration und Flucht. Wenn Hitzewellen ganze Regionen austrocknen und der Regen ausbleibt oder zu heftig auftritt, ist das Überleben vieler Menschen gefährdet. Ernten werden vernichtet und Wasser wird vielerorts zum knappen Gut. Ganze Inselstaaten sind durch den steigenden Meeresspiegel vom Verschwinden bedroht, Küstenregionen leiden unter häufigeren und heftigeren Überschwemmungen. Besonders Leidtragende sind oft die ohnehin Armen und Marginalisierten in Entwicklungsländern, deren Widerstands- und Anpassungsfähigkeiten begrenzt sind.
Eine verlässliche Aussage darüber, wie viele Menschen tatsächlich aufgrund der Klimawandelfolgen in die Flucht gezwungen werden, ist schwer möglich. Denn Klima- und Umweltveränderungen sind selten der einzige Grund, das Lebensumfeld zu verlassen. Ursachen dafür können zum Beispiel auch der fehlende Zugang zu Land und zu Bildungs- oder Gesundheitsdienstleistungen oder mangelnde Einkommensmöglichkeiten sein. Der Klimawandel verstärkt all diese Gründe.
Rechtliche Anerkennung fehlt
Menschen, die aufgrund von Klimawandelfolgen gezwungen sind, wegzuziehen, werden nach der Genfer Flüchtlingskonvention nicht als Flüchtlinge anerkannt. Sie haben keinen internationalen Anspruch auf Flüchtlingsschutz oder Unterstützung.
Doch Schutzrechte für die Betroffenen von klima- und umweltbedingter Flucht sind dringend notwendig – für Verbesserungen der Rechtssituation und Lebensbedingungen der Geflüchteten. Diskussionen über eine mögliche Erweiterung der Klimarahmenkonvention (UNFCCC) oder eine neue Konvention für Klimaflüchtlinge versprechen momentan jedoch nur wenig Ergebnisse; nicht zuletzt, weil es an politischem Willen der Staaten mangelt.
Ein Lichtblick ist die im Oktober 2015 verabschiedete Nansen-Schutzagenda, die von 109 Staaten unterstützt wird. Sie ist das Ergebnis einer mehrjährigen Konsultation zwischen Ländern, um vom Klimawandel Vertriebene international besser zu schützen. Sie bietet praktische Handlungsempfehlungen für den konkreten Umgang mit Entwurzelten und verknüpft Humanitäre Hilfe, Menschenrechte, Flüchtlingsschutz, Migration und Anpassung, Risikominderung und Entwicklung. Fortgesetzt wird die Arbeit zur Verwirklichung der Schutzagenda in der neuen „Platform on Disaster Displacement“, die im Mai 2016 ins Leben gerufen wurde.
Vorsorge und Entwicklung
Nicht alle, die unter den veränderten Wetterbedingungen leiden, können es sich leisten, sich selbst und ihr Hab und Gut in Sicherheit zu bringen. Um größere Distanzen zurücklegen zu können, braucht es vor allem Ressourcen, über die viele der Betroffenen aufgrund von Armut und Ausgrenzung, gar nicht verfügen. Kinder, Frauen, alte und kranke Menschen sind besonders häufig gezwungen zu bleiben. Außerdem ist Migration vielerorts streng reguliert oder sogar verboten.
Um die vom Klimawandel und Naturkatastrophen Betroffenen zu unterstützen, müssen deswegen zunächst Risikogebiete und besonders gefährdete Haushalteidentifiziert werden. Sie müssen in ihrer Widerstandsfähigkeit gegen die Klimawandelfolgen gestärkt werden, indem die Risiken erkannt und Vorsorge- und Anpassungsmaßnahmen ergriffen werden – zum Beispiel, indem dürreresistentes Saatgut in der Landwirtschaft verwendet wird oder nachhaltige Deichsysteme zum Umgang mit großen Wassermassen errichtet werden.
Schon heute ist es vielerorts jedoch nicht mehr möglich, Schäden und Verluste infolge des Klimawandels durch Schutz- und Anpassungsvorkehrungen vorzubeugen. Hier brauchen die besonders Verwundbaren Unterstützung zum Beispiel bei notwendigen Umsiedlungen. Wichtig ist bei all diesen Maßnahmen, dass die Betroffenen nicht nur informiert, sondern einbezogen und beteiligt werden. Ihre Rechte und Bedürfnisse müssen an erster Stelle stehen. Brot für die Welt und die Diakonie Katastrophenhilfe unterstützen beispielsweise im Rahmen von sogenannten Leuchtturmprojekten innovative Maßnahmen zur Klimaanpassung für besonders vulnerable Bevölkerungsgruppen, durch die beispielsweise für Kleinbauernfamilien neue Möglichkeiten der Trinkwassererschließung oder zusätzliche Einkommen entwickelt werden.
Das fordert Brot für die Welt
Um die negativen Folgen des Klimawandels zu bremsen muss an erster Stelle, die globale Erwärmung auf unter zwei Grad Celsius begrenzt werden. Dazu ist die drastische Minderung der Treibhausgasemissionen unverzichtbar.
Humanitäre Hilfe muss als kurz- und mittelfristiges Instrument zum Überleben akuter Krisen- und Notlagen gestärkt sowie ein Übergang zu struktureller Entwicklung und Anpassung ermöglicht werden. Für Anpassungsstrategien in besonders betroffenen Ländern oder Regionen ist neben finanzieller auch technische und technologische Unterstützung nötig. Wichtig sind Entwicklungsprogramme, die die allgemeine Widerstandsfähigkeit der Betroffenen stärken. Auch Migration muss als legitime und in vielen Fällen existentielle Anpassungsstrategie akzeptiert werden.
Dort wo es notwendig ist, sollten Umsiedlungsprogramme frühzeitig mit Betroffenen geplant und unter Wahrung der Menschenrechte umgesetzt werden.