Zwei Jahre lang, von 2013 bis 2015, wütete das Ebola-Virus in den drei westafrikanischen Staaten Sierra Leone, Guinea und Liberia. Über 28.000 Menschen infizierten sich, und mehr als 11.000 starben – allein in dem kleinen Sierra Leone, in dem sechs Millionen Menschen leben, überlebten fast 4.000 Menschen die Virus-Erkrankung nicht. Die internationale Hilfe kam nur langsam in Schwung, da viel zu spät erkannt wurde, dass der bis dato größte Ebola Ausbruch weltweit bevorstand. Erst als einzelne Reisende, die sich infiziert hatten, die Krankheit in die USA und nach Europa brachten, rief die Weltgesundheitsorganisation (WHO) den internationalen Gesundheitsnotstand aus – die Folge waren enorme finanzielle Zusagen der Gebergemeinschaft und auch Deutschlands für die Bekämpfung des Virus und den Wiederaufbau Westafrikas. Das Stigma, den Gesundheitsnotstand ausrufen zu müssen, führte aber auch dazu, dass sich viele Investoren zurückzogen, die wirtschaftlichen Aktivitäten quasi stillstanden und die Arbeitslosenquote in die Höhe schnellte. Die Regierung schloss öffentliche Einrichtungen wie Schulen und Märkte über Monate, um zu verhindern, dass sich das Virus weiter ausbreitete. Familien blieben über lange Zeiträume hinweg isoliert zuhause, wodurch auch häusliche Gewalt und Teenagerschwangerschaften anstiegen. Die Gesellschaft wurde von einem gegenseitigen Misstrauen durchzogen – gegenüber den Nachbarn, die vermeintlich das Virus übertragen könnten, den Gesundheitsstationen, die zu Beginn des Ausbruchs die Hotspots der Infektionen waren und nicht zuletzt den staatlichen Stellen, die Sierra Leone nicht aus dem Chaos zu führen wussten.
Die Wunden der Krise heilen
Die Folgen des Ebola-Ausbruchs 2013 bis 2015 in Sierra Leone werden das kleine Land noch lange beschäftigen – doch seine Bevölkerung blickt jetzt zuversichtlich und motiviert in die Zukunft. Es geht darum, die gesundheitlichen Folgen der Menschen zu behandeln, die Ebola überlebt haben. Denn 15.000 Menschen in ganz Westafrika leiden als Folgeerscheinung von Ebola an Seh- und Hörstörungen sowie Schmerzen in den Gelenken. Ganz zu schweigen vom psychischen Trauma, welches sie erlitten haben. Auch das Vertrauen untereinander und insbesondere in die medizinische Versorgung und auch in die politische Führung des Landes muss wieder aufgebaut werden.
Das sierra-leonische Bürgerradio Culture Radio – eine Partnerorganisation von Brot für die Welt - will seinen Beitrag dazu leisten und hat dafür ein Filmprojekt durchgeführt, in Kooperation mit den deutschen Medieninitiativen Weltfilme und xchange Perspectives, finanziell unterstützt von Brot für die Welt. 24 junge Leute aus Sierra Leone wurden in der Technik des Filmemachens geschult und bekamen die Möglichkeit, mit dem Mittel des Films zu verarbeiten, was sie erlebt haben. Entstanden ist eine Reihe von Kurzfilmen unter dem Titel Sierra Leone on the Mend („Sierra Leone auf dem Weg der Besserung“), die auf berührende und zugleich erschreckende Weise die zwei Jahre, in der das Land unter dem Ausbruch von Ebola litt, aufarbeiten. In einer Mischung aus Fiktion und Dokumentation werden Szenen des Umgangs mit an Ebola-Erkrankten auf einer Quarantänestation gezeigt. Eine andere Sequenz erzählt davon, wie sich eine geheilte Frau, die durch die Krankheit stigmatisiert worden ist, zurück ins Leben kämpft. Allein durch das Drehen in den Dörfern und den Austausch ihrer BewohnerInnen mit den jungen FilmemacherInnen ist in Sierra Leone ein Verarbeitungsprozess in Gang gekommen. Nun werden die acht Filme im lokalen Fernsehen und bei Veranstaltungen gezeigt, um miteinander ins Gespräch zu kommen. Am 7. November, ein Jahr nach dem Ende des Ausbruchs von Ebola in Sierra Leone, zeigte Brot für die Welt diese Kurzfilme im Rahmen einer Veranstaltung mit VertreterInnen von Culture Radio, Weltfilme und xchange Perspectives in Berlin. Das Filmprojekt Sierra Leone on the Mend leistet seinen spezifischen Beitrag dazu, die tiefen Wunden, die Ebola dem Land zugefügt hat, zu heilen.