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Antiterrormaßnahmen schaden Zivilgesellschaft

Auf der ganzen Welt wird zivilgesellschaftliches Engagement von rechtlichen und operativen Einschränkungen bedroht. Diese haben unter anderem in der Terrorismusbekämpfung ihren Ursprung. Eine Studie von Brot für die Welt zeigt, dass Nichtregierungsorganisationen dadurch weltweit unter Druck geraten.

Von Christine Meissler am

Auch wenn deutsche Organisationen (noch) nicht betroffen sind: Es gibt weltweit immer mehr Beispiele von Banken, die Nichtregierungsorganisationen (NGOs) ihre Dienstleistungen verweigern und Konten von zivilgesellschaftlichen Organisationen einfrieren oder auflösen. Es gibt Fälle, in denen repressive NGO-Gesetze in direktem Zusammenhang mit der Financial Action Task Force (Arbeitsgruppe für finanzielle Maßnahmen, FATF) und ihren internationalen Antiterrorismusmaßnahmen stehen. Das zeigt die Brot für die Welt-Studie „The impact of international counter-terrorism on civil society organisations“ die das Problem untersucht und konkrete Handlungsempfehlungen gibt.

Die wenig bekannte  FATF ist eine internationale Staatengruppe, die 1989 gegründet wurde, um Geldwäsche zu bekämpfen. Seit 2001 gehört auch die Arbeit gegen Terrorismusfinanzierung zu ihrem Mandat. Die Arbeitsgruppe hat 40 Empfehlungen erarbeitet, die für 180 Länder gelten. Ihre Standards sind unklar und bilden Raum für Missverständnisse, aber vor allem für Missbrauch. Die Empfehlungen der Staatengruppe heben den gemeinnützigen Sektor als besonders anfällig für Terrorismus heraus, obwohl Fälle von Terrorismusfinanzierung von gemeinnützigen Organisationen extrem selten sind, vor allem wenn man diese Zahl mit der Größe des Sektors vergleicht.

Zivilgesellschaftliche Spielräume schrumpfen

Gleichzeitig erlässt eine wachsende Anzahl von Ländern Gesetze und Regulierungen, die die rechtmäßige zivilgesellschaftliche und gemeinnützige Arbeit verhindern oder stark einschränken. In den letzten Jahren haben Evaluierungen der FATF in zahlreichen Ländern dazu geführt, dass Regulierungen und Gesetze, die die Zivilgesellschaft einschränken, entweder bewusst empfohlen wurden oder durch die Evaluierungen legitimiert wurden. Die Studie führt als Beispiele dafür Gesetze in Indien, Uganda, Bangladesch, Bosnien, Brasilien, Kambodscha und in der Türkei auf.

Antiterrormaßnahmen verhindern lebensrettende Hilfe

Auch die negativen Auswirkungen von Sanktionen und schwarzen Listen (Blacklisting) auf Hilfsorganisationen und Notleidende sind wenig bekannt. Diese Eingriffe haben nicht nur direkte negative Folgen für Hilfsorganisationen, Menschenrechtsverteidiger, soziale Bewegungen und NGOs, die soziale Ungerechtigkeiten und Korruption anprangern, sondern auch auf Menschen in Not.

Diese Notleidenden in Krisen- und Konfliktgebieten sind indirekt von Antiterrormaßnahmen betroffen: Erst Ende April 2017 berichtete der Guardian, wie die Antiterrorismusgesetzgebung der USA und Großbritanniens amerikanische und britische Hilfsorganisationen behindern. Denn nationale Gesetze folgen immer mehr den Prinzipien der internationalen Regulierer. Das bedeutet zum Beispiel, dass bei den Menschen, die in Regionen Somalias unter der Herrschaft von bewaffneten islamistischen Extremistengruppen wie al-Shabaab und unter der Dürre leiden, die dringend notwendige lebensrettende Unterstützung von Hilfsorganisationen nicht ankommen kann. Dies betrifft etwa zwei Millionen Menschen, die im Moment in al-Shabaab kontrollierten Regionen leben.

Arbeit von Hilfsorganisationen wird erschwert

Für Hilfsorganisationen, die in solchen schwierigen Gegenden arbeiten, ist es unmöglich zu garantieren, dass prinzipiell kein noch so kleiner Anteil der Hilfe die Extremisten erreichen kann. Den Preis dafür zahlen unzählige Menschen in Not mit ihrem Leben. Ein Expertenbericht, der die Faktoren und Folgen der letzten großen Hungersnot in al-Shabaab kontrollierten Regionen 2011 untersuchte, benennt die Beschränkung durch Antiterrorismusgesetze als einen der wichtigsten Gründe, die damals zum Tod von 250.000 Menschen führte.

Handlungsempfehlungen der Studie

Nach einer ausführlichen Analyse der Zusammenhänge zwischen Antiterrorismusmaßnahmen und Einschränkungen der Zivilgesellschaft, kommt die neue Veröffentlichung zu folgenden Schlussfolgerungen: 

  • Ohne eine fundamentale Reform der Empfehlungen zum gemeinnützigen Sektor der Arbeitsgruppe für finanzielle Maßnahmen, ist es sehr wahrscheinlich, dass der wachsende Trend repressiver NGO-Gesetzgebung sich weiter fortsetzt. 
  • Die Arbeitsgruppe untergräbt internationales Recht durch die Förderung von Gesetzen, die den  menschenrechtlichen Pflichten der Staaten widersprechen, sogar wenn sich Mandatsträger der Vereinten Nationen gegen diese aussprechen. 

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