Die Situation geflüchteter Rohingya in Bangladesch, der Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko oder die Unterstützung der libyschen Küstenwache zur Kontrolle von Fluchtbewegungen über das Mittelmeer: dies erweckt alles eher nicht den Anschein, dass auf internationaler Ebene ein breites Interesse an einer grundlegenden Verbesserung der Situation von Flüchtlingen und MigrantInnen existiert. Dennoch gibt es seit mehreren Jahren in internationalen Foren und Gremien Bewegung, hin zu mehr multilateraler Zusammenarbeit in der Flüchtlings- und Migrationspolitik.
Am 19. September 2016 haben sich die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen auf dem UN Gipfel für Flüchtlinge und Migranten in ihrer New Yorker Erklärung darauf geeinigt, bis Ende 2018 zwei globale Rahmenwerke („Global Compacts“) zu erarbeiten. Ein „Globaler Pakt zu Flüchtlingen“, der sich ausschließlich auf Flüchtlinge bezieht, die den Kriterien der Genfer Flüchtlingskonvention entsprechen, soll zu einer verbesserten (finanziellen) Unterstützung der Hauptaufnahmeländer von Flüchtlingen sowie mehr internationaler Verantwortungsteilung bei großen Fluchtbewegungen beitragen. Der „Globale Pakt zu sicherer, geordneter und legaler Migration“, der all diejenigen umfasst, die nicht unter das Mandat der Genfer Flüchtlingskonvention fallen (ausgeschlossen allerdings die intern Vertriebenen), soll umfassende Prinzipien für eine verstärkte Kooperation in der internationalen Migrationspolitik enthalten.
Noch offen ist jedoch bislang, welche Schwerpunkte der Globale Pakt zu Migration setzen wird. Wird er tatsächlich einen Beitrag zur Ausweitung legaler und sicherer Migrationswege leisten und die rechtliche Situation von MigrantInnen verbessern oder ebnet er den Weg für eine restriktive Einwanderungs- und Migrationspolitik, bspw. indem auf die Rückführung von MigrantInnen, die Bekämpfung sog. Schmuggler und irregulärer Migration gesetzt wird?
Seit heute treffen sich die Regierungsdelegationen im mexikanischen Puerto Vallarta, um nach einer Phase regionaler und thematischer Konsultationen, an denen auch die Zivilgesellschaft beteiligt war, eine erste Bilanz zu ziehen und Eckpunkte und Prioritäten für den Compact zu formulieren. Ab Februar kommenden Jahres beginnen dann auf Grundlage eines ersten Entwurfs die eigentlichen Verhandlungen.
Absehbar ist jedoch bereits jetzt, dass es sich bei dem Migrationspakt eher um ein „soft law“ und nicht um ein im völkerrechtlichen Sinne verbindliches Abkommen handeln wird. Nach wie vor sind nur die wenigsten Regierungen dazu bereit, ihre Souveränität in Migrations- und Flüchtlingsfragen an übergeordnete Instanzen abzugeben bzw. konkrete Verpflichtungen einzugehen. Deutlich machte dies auch die US Regierung, die am Wochenende durch ihre UN Gesandte Nikki Haley erklären ließ, dass sie sich an dem weiteren Prozess zum Global Compact erst gar nicht beteiligen werden: „We will decide how best to control our borders and who will be allowed to enter our country. The global approach in the New York Declaration is simply not compatible with U.S. sovereignty.”
Trotz seiner völkerrechtlich nicht bindenden Wirkung werden von internationaler migrantischer und zivilgesellschaftlicher Seite große Hoffnungen in den Migrationspakt gesetzt. Seit der im Jahr 1990 verabschiedeten UN Wanderarbeitnehmerkonvention, die aufgrund einer nur geringen Ratifizierung durch Zielländer der Migration, bislang nur eine begrenzte Wirkung entfaltet hat, gab es nur wenige Ansätze hin zu mehr Multilateralismus in der Migrationspolitik.
In einem gemeinsamen Forderungspapier „Now and How. Ten Acts for the Global Compact“, das auch von Brot für die Welt und zahlreichen Partnerorganisationen unterzeichnet wurde, stellen die Autoren in zehn verschiedenen Themenbereichen grundlegende Anforderungen an den zukünftigen Migrationspakt. Verknüpft sind dabei die einzelnen Forderungen mit jeweils konkreten Umsetzungsempfehlungen und Vorschlägen zu Berichts- und Überprüfungsmechanismen.