Mit Bayer-Monsanto die neue Grüne Revolution exportieren?
Die Fusion von Bayer und Monsanto im deutschen und globalen Kontext
In den Medien ist die Übernahme von Monsanto durch die Bayer AG für 66 Milliarden US-Dollar ein großes Thema. Hervorgehoben wird zweierlei: Zum einen geht es bei dem Deal um die bislang größte Übernahme eines ausländischen Konzerns durch einen deutschen Konzern. Zum anderen schwimmt bei der aktuellen Konzentration im Agrarchemie- und Saatgutsektor ein deutscher Konzern ganz vorne mit. Denn zeitgleich fusionieren auch Dow Chemical und DuPont sowie ChemChina und Syngenta; in der Folge entsteht ein Oligopol aus 3 Konzernen. Sollten die Staaten nicht eingreifen, werden bald diese 3 Konzerne 60 Prozent des Weltsaatgut- und 65 Prozent des Pestizidmarktes kontrollieren. Bayer-Monsanto wäre mit 30 Prozent Weltmarktanteil bei Saatgut und 25 Prozent bei Pestiziden der stärkste Konzern in diesem Oligopol. Außerdem wird Bayer-Monsanto der größte Produzent von gentechnisch verändertem Saatgut werden.
Solange ein deutscher Konzern ganz vorne mit dabei ist und der Mythos von Deutschland als Exportweltmeister weiter aufrechterhalten werden kann, scheint es für viele deutsche Berichterstatter nebensächlich zu sein, welche ökonomischen und ökologischen Auswirkungen diese Übernahme hat. Doch von wem gehen welche strategischen Signale, Nachrichten und Informationen aus, die wirklich das Zusammengehen der Konzerne betreffen?
Was bedeutet Bayer-Monsanto für Deutschland?
Bisher kommen die meisten Nachrichten über den Stand des Zusammengehens von Bayer und Monsanto aus den USA. Man kann den Eindruck gewinnen, dass der Sitz des Konzerns zwar in Deutschland bleiben wird, die grundlegenden Entscheidungen werden jedoch in einem globalen oder US-amerikanischen Kontext getroffen werden. Dies ist bei der Übernahmesumme von 66 Milliarden US-Dollar und der Weltmarkführerschaft von Bayer-Monsanto bei Saatgut auch nur folgerichtig. Gleichzeitig muss man sich aber vor diesem Hintergrund auch fragen, wie attraktiv der deutsche Markt für den neuen Mega-Konzern ist?
In diesem Zusammenhang ist eine Ansage des Konzerns bedenkenswert: Bayer und Monsanto haben im „privaten“ Gespräch mit US-Präsident Donald Trump direkt vor dessen Amtseinführung angekündigt, 3.000 neue Jobs in den USA zu schaffen und 8 Milliarden US-Dollar in den US-Standort von Monsanto zu investieren. Aus einem allgemeinen Demokratieverständnis heraus, aber auch aus internationaler Sicht ist es beunruhigend, dass dieses Gespräch im „privaten“ Rahmen auf diese Weise stattfand. Das Vorgehen von Bayer und Monsanto in diesem Fall zeigt, wie offensiv der neue Konzern auch politisch seine Interessen vertreten wird und dabei zur Not auch bereit ist, übliche Regularien oder Grenzen zu überschreiten.
Die Ankündigung, 3.000 neue hoch qualifizierte Arbeitsplätze in den USA schaffen zu wollen, ist auch aus anderer Perspektive bedeutend. Es ist naheliegend, dass sich Forschung und Entwicklung beim neuen Konzern stärker in den USA konzentrieren wird. Auch kann vermutet werden, dass es sich hier um Arbeitsplätze im Bereich „neue“ und „alte“ Gentechnikverfahren handeln wird. Dazu passt, dass Monsanto in den letzten Monaten seine Lizenzvereinbarungen zur Nutzung von sogenannten CRISPR-Verfahren stark ausgeweitet hat. Diese Verfahren ermöglichen neue Wege zum Eingriff in die Genetik. Aus deutscher Perspektive ist dies nicht unbedeutend, denn der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft und die ökologischen Anbauverbände stufen CRISPR-Verfahren als Gentechnik ein. In der Folge wären über diese Verfahren erzeugte Pflanzen für den Anbau im ökologischen Landbau verboten.
Zusätzlich hat die Bundesregierung noch einmal die Zielvorgabe bekräftigt, dass 20 Prozent der Fläche in der Landwirtschaft ökologisch bewirtschaftet werden sollen. Hier stellt sich die Frage, ob der neue Konzern Bayer-Monsanto für diese von der Gesellschaft geforderte Entwicklung noch das richtige Saatgut zur Verfügung stellen kann.
Ein Agrarwandel mit Bayer-Monsanto? Wohl kaum
Mit Blick auf die Agrardebatte geht es um Grundsätzliches: Kann mit einem Konzern wie Bayer-Monsanto der Agrarwandel hin zu einer ökologischeren Produktion überhaupt gelingen? Wohl kaum, sicher wäre es daher der erste Schritt, die Fusion zu verhindern. Ein zweiter Schritt, der aber umso dringender ist, wäre die Debatte um eine staatliche nationale oder europäische Züchtungsstrategie von Pflanzen fortzusetzen. Eine solche Strategie wurde 2016 vom Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung des Bundestages angestoßen und sollte jetzt als Alternative zum Oligopol im Agrarchemie- und Saatgutsektor ausgearbeitet werden.
Bayer-Monsanto global
Bayer-Monsanto wird sich stark global verorten. Dies hatte der Konzern im Zuge der Bekanntgabe des Zusammengehens von Bayer und Monsanto bereits angekündigt. „Natürlich“ sieht der Konzern eine zentrale Aufgabe darin, einen Beitrag zu Welternährung zu leisten. Doch klar ist: Die enormen Übernahmekosten müssen in den Ländern des Südens refinanziert werden. In Europa und Deutschland entwickelt sich der Markt mit einer möglichen Ökologisierung der Landwirtschaft eher negativ für den Konzern. Die Märkte in Nordamerika sind so stark durchdrungen, dass dort keine großen Profitsprünge zu erwarten sind.
Die Märkte, die sich Bayer-Monsanto erschließen muss, um die Fusion erfolgreich zu gestalten, liegen in Afrika, Asien und Südamerika. Was es bedeutet, im Fokus der Konzerne zu stehen, kann die Zivilgesellschaft vieler südamerikanischer Staaten deutlich aufzeigen. Brasilien ist innerhalb weniger Jahre zum Pestizidverbraucher Nummer 1 auf der Welt und ein Kernabsatzmarkt der Konzerne geworden. Die Ausweitung des Pestizideinsatzes geschieht auch auf Basis der Ausweitung der Produktionsflächen für gentechnisch veränderten Mais und Soja. Dies führt immer wieder zu Landvertreibungen und geht mit Menschenrechtsverletzungen einher. Hinzu kommt noch die Umweltzerstörung. Es ist nicht anzunehmen, dass die neuen Oligopole im Saatgut- und Pestizidbereich mildernd auf diesen Status Quo wirken werden.
Bayer-Monsanto und die Neue Grüne Revolution in Afrika
Insbesondere der afrikanische Kontinent rückt in die Aufmerksamkeit der Konzerne. Dort wird einerseits die Bevölkerung in den nächsten Jahrzehnten stark wachsen, andererseits sind die Märkte durch Konzerne kaum erschlossen. So wird in Afrika noch ca. 80 Prozent des Saatgutes informell erzeugt und gehandelt. Hier liegen also große Potentiale für die Konzerne. In den letzten Jahren wurden strategisch diverse Entwicklungsinitiativen und Partnerschaften initiiert, die helfen, den afrikanischen Markt für die Konzerne zu öffnen. Die Neue Allianz für Ernährungssicherung der G8-Staaten und die Allianz für eine Grüne Revolution in Afrika (AGRA) sind hier nur einige Namen. Teilweise ist auch die deutsche Bundesregierung an diesen Initiativen beteiligt.
Im Saatgutkontext haben diese Initiativen zur Folge, dass die Konzerne und Staaten auf immer aggressivere Weise versuchen, geistige Eigentumsrechte über das Sortenschutzabkommen des Internationalen Verbands zum Schutz von Pflanzenzüchtungen (UPOV91) auch auf dem afrikanischen Kontinent durchzusetzen. Sehr problematisch ist, dass die Einführung von UPOV91, mit seinen strengen Regeln zu Saatgutverkauf, -lagerung, -nachbau, -züchtung und -zulassung, bäuerliche Saatgutsorten noch weiter an den Rand drängen wird. Bäuerinnen und Bauern würden somit auf Dauer daran gehindert werden, wie bisher Saatgut frei zu tauschen oder zu verkaufen.
Man muss sich auch vor Augen halten, wie stark der Konzern Monsanto mit Entwicklungsinitiativen in Afrika verbunden ist, die auch durch staatliche Entwicklungszusammenarbeit z. B. aus den USA gefördert werden. Zu nennen ist hier das Projekt Water Efficient Maize for Africa (WEMA). Über diese öffentlich-privaten Partnerschaften (PPP) wird unter anderem stark für die Einführung von genverändertem Mais in Afrika geworben. Vielen dieser Initiativen ist ebenso wie AGRA gemein, dass sie mittel- und langfristig auf Gentechnik setzen. In jedem Fall verfolgen sie das Modell der Grünen Revolution, mit den Kernelementen Ertragssteigerung durch industrielles Saatgut in Kombination mit der Steigerung des Einsatzes von Düngemitteln und Pestiziden. Dass die unter dem Namen der Grünen Revolution praktizierten Technologien die Landwirtschaft nicht ökologisiert haben, kann als erwiesen angesehen werden. Ob dieses Modell die richtigen Antworten auf den Klimawandel liefern kann, darf zudem bezweifelt werden. Sicher ist: Eine „neue“ Grüne Revolution, die gerade auch auf Gentechnik setzt, passt perfekt in das Geschäftsmodell der neuen Konzerne wie Bayer-Monsanto. Folgerichtig wird der Exportschlager von Bayer-Monsanto auch die „neue“ Grüne Revolution sein.
Damit ist aber auch klar: International werden sich die Mega-Konzerne wie Bayer-Monsanto stark dafür einsetzen, dass das „business as usual“, das schon der Weltagrarbericht vor bald 10 Jahren verworfen hat, weitergeht. Kurzfristig wird man damit vielleicht Fusionen finanzieren können, aber eine langfristige Strategie zur Sicherung der Welternährung innerhalb der planetarischen Grenzen sieht völlig anders aus.
Der Artikel ist außerdem im Rundbrief 1/2017 des Forum Umwelt und Entwicklung erschienen.