„In Sachen Klimaschutz hat der G20-Gipfel eine sehr wichtige Funktion,“ sagt Wael Hmaidan, Direktor des internationalen Netzwerks Climate Action Network (CAN). Von der großen Mehrzahl der dort versammelten Staaten, allen voran von Gastgeber Deutschland, erwartet der Aktivist sehr klare Aussagen: „Der Hamburger Gipfel wird deutlich machen, dass der Multilateralismus in der Lage ist, die dringenden globalen Probleme zu lösen. Und dass der Rest der Welt sich nicht von einem einzigen Staat zurückhalten lässt.“
Der weltweite Klimawandel ist laut Hmaidan nicht nur eine der größten Herausforderungen für nachhaltige Entwicklung, Migration, Gesundheit, finanzielle Stabilität und Gendergerechtigkeit, sondern auch eine existenzielle Bedrohung für viele der am meisten gefährdetsten, armen Länder. Zugleich ist es ein gutes Beispiel für ein Problem, dass nur mittels internationaler Kooperation gelöst werden kann. „Kein Land kann sich alleine gegen die Folgen vom Klimawandel schützen und kein Land kann alleine die Klimaveränderung bremsen,“ erklärt Hmaidan.
Klimapolitik rettet die Welt und schafft Arbeitsplätze
Aktive Klimapolitik ist nach Meinung von Hmaidan grundsätzlich der richtige Weg. Sie leistet einen Beitrag zur Rettung der Welt und ist zugleich ein wichtiges Instrument zur Schaffung von mehr Arbeitsplätzen. Die Nachfrage nach grüner Technologie wird immer weiter steigen, und auch im Energiesektor ist die Wende unumkehrbar, da die Kosten für erneuerbare Energieträger stetig fallen.
In fast allen Ländern herrsche in dieser Frage inzwischen vollkommener Konsens, sagt der Umweltaktivist. Deswegen sei auch die ablehnende Reaktion auf den Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen durch US-Präsident Donald Trump einhellig gewesen – „alle, Staatsoberhäupter, Bürgermeister, Ökonomen und Investoren waren entsetzt“. Wenn es eine Veränderung gab, dann die, dass danach alle noch engagierter für aktive Klimapolitik geworben haben“, analysiert Hmaidan.
Einsatz für Klimaschutz nimmt zu
Der CAN-Direktor erinnert daran, dass über 200 wichtige Investoren die G20-Mitgliedsstaaten jüngst aufforderten, ihre Anstrengungen beim Klimaschutz deutlich zu beschleunigen. 93 große Unternehmen und die 48 dem Klimawandel am meisten ausgesetzten Staaten haben sich selbst verpflichtet, nur noch erneuerbare Energien einzusetzen. „Der Einsatz für effektiven Klimaschutz nimmt weltweit zu“, frohlockt Hmaidan. Er hofft, dass Trump von den anderen 18 Staatsoberhäuptern und der EU in Hamburg kaltgestellt wird. „Denn Trump ist dabei, die USA immer weiter vom Rest der Welt zu isolieren.“
Wael Hmaidan ist seit bald 20 Jahren in der Klimapolitik aktiv, zuerst bei Greenpeace und später in der von ihm gegründeten NGO IndyACT, die im arabischen Raum für nachhaltige Umweltpolitik wirbt. Das von Brot für die Welt geförderte Climate Action Network leitet er seit 2012. Dem Netzwerk gehören weltweit über 1100 Nichtregierungsorganisationen an, die sich mit Mobilisierungen und Lobbyarbeit für nachhaltige Klimapolitik einsetzen.
G-20 Staaten müssen konkrete Zusagen machen
Jenseits der diplomatischen Symbolik hofft Hmaidan auf konkrete Schritte durch den G20-Gipfel. So hat die Arbeitsgruppe für Nachhaltigkeit einen Aktionsplan Wachstum durch Klima- und Energiepolitik vorgelegt. „Obwohl dieser Plan nicht so ambitioniert ist wie wir gehofft hatten, ist er dennoch ein gutes Dokument, in dem konkrete Schritte und Verpflichtungen für den Übergang zu nachhaltiger Energiepolitik formuliert sind“, erklärt Hmaidan.
Dabei sei wichtig, dass die Zivilgesellschaft weiterhin Druck ausübt. „Wir fordern von den G20-Staaten konkrete Zusagen, sowohl bei ihren nationalen Strategieplänen, bei der Zusage von Finanzierung für Maßnahmen zur Vorbeugung und gegen die Folgen des Klimawandels sowie bei der Anpassung der Märkte an die Anforderungen des Parisabkommens und der Agenda 2030“, sagt Hmaidan. Ein wichtiger Aspekt hierbei sei die Einstellung von Subventionen für fossile Energieträger bis 2020 und deutlich mehr Investitionen in erneuerbare Energien. Zudem müssten ärmere Staaten bei der Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen besser unterstützt werden, insbesondere die verletzlichsten Länder.
Das CAN-Netzwerk, dass bei Klimakonferenzen eine zentrale Funktion bei der Koordinierung der zivilgesellschaftlichen Gruppen hat, wird auf dem Hamburger Alternativ-Gipfel eher eine Nebenrolle spielen. Für Wael Hmaidan handelt es sich jedoch um einen wichtig Raum, um Organisationen der Zivilgesellschaft und andere Institutionen zusammen zu bringen. „Es ist ein Ort für konstruktive Debatten über die G20-Prioritäten und die bevorstehenden Herausforderungen.“ Es sei der dialogfreudigen deutschen Präsidentschaft zu verdanken, dass in mehreren G20-Arbeitsgruppen Vertreter der Zivilgesellschaft mitreden konnten, lobt Hmaidan. Ein Ergebnis davon ist, dass es erstmals gemeinsame Erklärungen von NGOs, Stiftungen, Unternehmern, Frauengruppen und Think Tanks zu wichtigen Fragen der Klimapolitik gebe.