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Ein bisschen Streit, sehr kollegial

Auf einem Podium von Brot für die Welt blickten die entwicklungspolitischen Sprecherinnen und Sprecher der Bundestagsfraktionen auf die ausklingende Wahlperiode zurück und stellten ihre entwicklungspolitischen Konzepte für den Bundestagswahlkampf vor. Große Unterschiede wurden nur selten deutlich.

Von Thilo Hoppe am

Man konnte es auch positiv bewerten: „Ich habe mich gefreut, zu sehen, dass die Entwicklungspolitiker im Grunde genommen alle an einem Strang ziehen – egal, welcher Partei sie angehören“, sagte eine Kollegin nach der Veranstaltung.

Wer allerdings genau wissen wollte, worin sich die verschiedenen Parteien in ihren entwicklungspolitischen Konzepten unterscheiden, und was sie in den nächsten vier Jahren konkret umsetzen wollen, wenn sie in Regierungsverantwortung bleiben oder kommen, wurde – zumindest etwas – enttäuscht.

Mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede

Sibylle Pfeiffer (CDU/CSU), Stefan Rebmann (SPD), Heike Hänsel (Die Linke) und Uwe Kekeritz (Grüne) kennen sich schon lange, haben auf gemeinsamen Delegationsreisen des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (AwZ) viel gemeinsam erlebt, sind sich dabei näher gekommen, sind alle „per Du“ und pflegen ein kollegiales Verhältnis. Und das ist auch gut so, wenn sie gemeinsam (oft gegen die Mehrheit der Haushaltspolitiker) für die Erreichung des „echten“ 0,7-Prozent-Ziels (ohne Anrechnung der Flüchtlingskosten) streiten, also mehr Geld für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe fordern  und sich dagegen wehren, dass die Zahlung von Entwicklungsgeldern an die Bereitschaft der Partnerländer gebunden wird, abgelehnte Asylbewerber zurückzunehmen und ihre Grenzen besser zu sichern beziehungsweise unterdurchlässiger zu machen (was in Union und SPD schon so mancher Parteistratege gefordert hat).

Das AwZ-Mitglieder zusammenhalten und sich gemeinsam für „die Sache“, für nachhaltige Entwicklung und mehr Einsatz zur Überwindung von extremer Armut und Hunger einsetzen, ist einerseits schön. Für Moderator Tillmann Elliesen, Redakteur der Zeitschrift „welt-sichten“, die in ihrer nächsten Ausgabe ausführlich von der Veranstaltung berichten und die Antworten der vier Panelisten dokumentieren wird, war es aber schwierig, die Unterschiede zwischen den Parteien, die es zweifelsohne gibt, herauszuarbeiten. Die Wählerinnen und Wähler wollen ja schließlich wissen, wofür diese und jene Partei in der Entwicklungspolitik steht, um sich für das eine oder andere Konzept zu entscheiden.

Mangelnde Koordination der Ministerien

Schwierig wurde dies, weil auch die Vertreterin und der Vertreter der Koalitionsfraktionen nicht mit Kritik an der Bundesregierung sparten, indem sie zum Beispiel mangelnde Absprachen zwischen den Ministerien beklagten, die (fast) alle mit eigenen Afrika-Konzepten an die Öffentlichkeit getreten seien, anstatt sich auf ein gemeinsames zu einigen.

Dass nicht nur die Entwicklungspolitik sondern die Strategien aller Ressorts an der Umsetzung der Agenda 2030 ausgerichtet werden müsste, also an der Erreichung der neuen globalen Ziele für eine nachhaltige Entwicklung (SDGs), fanden alle in der Runde richtig.

Streitpunkt Handels- und Sicherheitspolitik

Unterschiede wurden immer (nur) dann deutlich, wenn das Feld der klassischen Entwicklungspolitik verlassen wurde und es um Handels- oder Sicherheitspolitik ging und deren Auswirkungen auf die Länder Afrikas, Lateinamerikas und Asiens. Für Heike Hänsel kommt nichts in Frage, was mit Militär tun hat, egal ob die Helme grün oder blau sind. Uwe Kekeritz widersprach dieser radikalen Linie und betonte, dass zumindest Polizeieinsätze gefördert werden müssten, um in manchen Ländern die Sicherheitslage zu verbessern. Sibylle Pfeiffer nannte die Vorstellung, Frieden immer nur ohne Waffen schaffen zu können, naiv. Hier kam für kurze Zeit mal Schärfe und bittere Ironie in die Diskussion als sie sagte, man könne zum Beispiel in Syrien nicht nur „ein paar Luftballons verteilen“.

Unterschiedliche Positionen gab es auch in der Handelspolitik. Während Sibylle Pfeiffer die so genannten Europäischen Partnerschaftsabkommen (EPAs), die vorwiegend mit afrikanischen Staaten geschlossen werden,  als entwicklungsförderlich verteidigte, lehnte sie Heike Hänsel rundherum als entwicklungsschädlich ab. Stefan Rebmann und Uwe Kekeritz kritisierten Fehlentwicklungen bei den EPAs, sie würden der regionalen Integration in Afrika schaden, und forderten Nach- beziehungsweise Neuverhandlungen.

Appell an die Parteien

Cornelia Füllkrug-Weitzel, Präsidentin von Brot für die Welt, und Klaus Seitz, Leiter der Abteilung Politik, forderten in der Begrüßung beziehungsweise im Fazit alle Parteien auf, den Wahlkampf nicht auf innenpolitische Themen zu beschränken, sondern auch eine ambitionierte Umsetzung der Pariser Klimabeschlüsse und der Agenda 2030 couragiert in die Debatten zu bringen. Brot für die Welt werde sich nach wie vor einmischen und darauf drängen, dass sich die neue Bundesregierung den großen globalen Herausforderungen stellt.

 

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