Im Herbst 2008 zog Anja Barmeyer-Grunke mit ihrem Mann und ihrem damals 5-jährigen Sohn nach Mexiko. War erst ihr Mann als Fachkraft im Einsatz, war von Anfang an klar, dass auch sie vor Ort in einer lokalen Organisation tätig werden wollte: Ausreisekurse des Evangelischen Entwicklungsdienstes sowie Kurse der Arbeitsgemeinschaft für Entwicklungshilfe bereiteten die studierte Ethnologin darauf vor.
Barmeyer-Grunke arbeitete zuerst in einer kleinen Menschenrechtsorganisation, Flor y Canto in Santa Cruz. Die Organisation fördert die Verteidigung und Anerkennung der Rechte der indigenen Völker. Ein Schwerpunktthema ihrer Arbeit war Wasser. Denn das ist dort nicht nur eine knappe Ressource, die Menschen vor Ort sind auch mit weiteren Risiken konfrontiert: „Selbst, wenn das Wasser klar, ist heißt es nicht, das es nicht schmutzig ist“, so Barmeyer-Grunke.
Prozesse anstoßen, beratend tätig sein, Workshops organisieren und die Begleitung und Mitgestaltung des Wasserkommitees – all das waren ihre Aufgaben. Doch die lagen auch im Bereich der Genderarbeit. Frauen mit in die politischen Entscheidungsstrukturen einzubeziehen, Räume für sie zu schaffen, Frauenrechte voranzutreiben - Barmeyer-Grunke organisierte Frauengruppen, Workshops, Seminare – zu Beginn ihrer Tätigkeit war die Organisation gerade dabei, ihren Frauenbereich wiederaufzubauen.
„Manchmal braucht es sehr viel Geduld und Zuversicht, bis Dinge ins rollen kommen. Und vielleicht geschieht das ganz anders, als man es gewöhnt ist. Man muss bereit sein, sich manchmal auf den Kopf zu stellen und die Dinge aus einer anderen Sicht zu sehen. Manchmal braucht es einen Perspektivwechsel, um Dinge zu begreifen!“
Nach Ablauf des Vertrags war Barmeyer-Grunke die folgenden drei Jahre für die lokale Menschenrechtsorganisation Tequio Juridico im Einsatz. Die Organisation in Oaxaca beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Gendergerechtigkeit und kollektiven, indigenen Rechten. Allein geografisch gesehen ein großer Kontrast zur vorherigen Arbeit: Sie arbeitete in verschiedenen kleinen Bergdörfern, von denen die nächste größere Stadt circa sieben Autostunden entfernt liegt - und somit auch lokale Märkte nicht einfach erreichbar sind. Ziel ihrer Arbeit war es, Frauen zu unterstützen, die eine eigene ökonomische Basis haben wollten, die Förderung von einkommensschaffenden Maßnahmen für indigene Frauen in ländlichen Regionen.
Wie bekommt man Kontakt zu den lokalen Märkten? Welche Produkte finden Absatz, wie kann man die ökonomische Situation für Frauen verbessern? Bei all diesen Fragen stand Barmeyer-Grunke beratend zur Seite. Organisierte, erforschte, unterstützte. Hier kam ihr auch ihr zweiter Studienabschluss sehr zur Hilfe: Design für Theatermalerei. So konnte sie nicht nur Bildung organisieren, sondern auch bei der Gestaltung von Handwerksarbeiten wie zum Beispiel Stickereien helfen, handwerkliche Grundlagen und Grundlagen für textiles Design vermitteln.
„Man wird zum Improvisationskünstler, man muss flexibel sein, es ist eine wahnsinnige Prüfung. Es muss einem immer bewusst sein, dass Dinge anders laufen, als man es gewohnt ist“, ist ihr Rat an die Leute, die sich ebenfalls dafür interessieren, als Fachkraft ins Ausland zu gehen. „Auf jeden Fall würde ich es empfehlen! Aber man muss sich öffnen, verstehen, auf Dinge einlassen. Beobachten und zuhören, weniger agieren. Für mich war es eine super spannende Zeit, eine Erlebnisreise!“