Die Bundesregierung hat eine gute Idee, die G20-Präsidentschaft für eine neue Partnerschaft mit Afrika zu nutzen. Statt einer gemeinsamen Initiative der Bundesregierung wurden bisher im „Afrika Jahr 2017“ drei Afrika-Initiativen vorgelegt beziehungsweise auf den Weg gebracht: Der breitangelegte „Marshallplan mit Afrika“ des Entwicklungsministeriums (ein Eckpunktepapier mit „drei Säulen und 100 Reformansätzen“), die eher kleinteilige Initiative „Pro! Afrika“ des Wirtschaftsministeriums (als „Wirtschaftskooperation auf Augenhöhe“) sowie den „Compact with Africa“, von deutscher Seite unter Federführung des Finanzministeriums. Ein gemeinsamer Vorstoß der Bundesregierung für die G20, verbunden mit einer Umsetzungsstrategie auch auf europäischer Ebene, hätte mehr Gestaltungskraft entwickeln können als diese drei Initiativen, die sich mit etwas Glück und in letzter Sekunde noch zu einem gemeinsamen Auftritt in Berlin verbinden könnten.
Am kommenden Montag, den 12. Juni sollen im Rahmen des G20 Afrikagipfels („G20 Africa Partnership – Investing in a Common Future“) nun die ersten Compacts with Africa (CwA) auf den Weg gebracht werden. Dabei werden Privatinvestitionen in Afrika, insbesondere im Infrastrukturbereich im Mittelpunkt stehen
Falsche Prioritäten und fehlende Standards
Der CwA setzt eine falsche Priorität für den Afrikaschwerpunkt der deutschen G20-Präsidentschaft. Denn (Auslands-)Investitionen im Infrastrukturbereich, auf die der CwA fokussiert, sind zwar ein wichtiges Element zur sozioökonomischen Entwicklung Afrikas, aber aus unserer Sicht nicht der vordringlichste Ansatz zur Armutsbekämpfung und nachhaltigen Entwicklung auf unserem Nachbarkontinent.
Wir hätten uns daher eine Einbettung des CwA – Ansatzes sowohl in die afrikanischen Strategien wie Afrika 2063 gewünscht als auch mehr Ideen, wie private Investitionen die Umsetzung der Agenda 2030 fördern wollen. Im Dokument findet sich dazu ein einziger Satz, der in dieser Knappheit nicht mehr als ein Lippenbekenntnis ist.
Der CwA scheint eher auf die Schaffung von Megaprojekten im Infrastrukturbereich abzuzielen als auf die Unterstützung regionaler Wirtschaftskreisläufe in Afrika oder afrikanischer Entrepreneurship in kleinen und mittelständischen Unternehmen. Risikominimierungsinstrumente für Investitionen sind in aller Munde, aber es kommt darauf an, für welche Ziele und unter welchen Bedingungen diese genutzt werden. Wir hatten schon beim Marshallplan darauf hingewiesen, dass es um die Stärkung afrikanischer Kapazitäten für afrikanische Märkte gehen muss. Dazu können auch darauf zugeschnittene Risikominimierungsinstrumenten mit entsprechenden Umwelt-, Sozial- und Menschenrechtsstandards eine Rolle spielen.
Elemente für eine andere G20 Initiative mit Afrika
Wichtig wäre es also, mit den Staaten und der Zivilgesellschaft Afrikas in einen echten Dialog zu treten, wie deren Prioritäten zur Armutsbekämpfung und für eine nachhaltige Entwicklung unterstützt werden können.
Sollten staatliche Entwicklungsgelder (ODA) oder nationale Steuereinahmen zur Mobilisierung privaten Kapitals genutzt werden, muss sichergestellt sein, dass dies zu mehr Mitteln für Programme zur direkten Armutsbekämpfung, der Finanzierung der SDGs und der Bekämpfung des Klimawandels führt. Entsprechende Kriterien fehlen im gemeinsamen Bericht von Weltbank, Internationalen Währungsfonds und der Afrikanischen Entwicklungsbank zum CwA. Für den Abschluss der Compacts werden keine Sozial- und Umweltkriterien und auch keine Bindung an menschenrechtliche Sorgfaltspflichten genannt. Der CwA fällt damit hinter den Diskussionstand um die Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards zurück. Hier wäre wichtig, auf die Entstehung von „Guiding Principles“ des CwA entsprechend einzuwirken, damit die Compacts einen Beitrag zur „nachhaltigen Entwicklung“ leisten.
In früheren Blog-Beiträgen haben sich schon Partner von uns kritisch zum Compact with Africa geäußert, so zum Beispiel Martin Tsounkeu, Präsident des afrikanischen Entwicklungsnetzwerks ADIN (Africa Development Interchange Network) mit Sitz in Kamerun, über den CwA: „Willkommen, aber als Instrument für Entwicklung zweifelhaft.“
Die Prioritäten der afrikanischen Staaten und seiner Zivilgesellschaft mit den richtigen Instrumenten und unter Beachtung von sozialen, ökologischen und menschenrechtlichen Mindeststandards zu unterstützten, wäre der richtige Ansatz. Wenn man dabei dann noch deutsche und euroopäische Unternehmen ins Boot holen könnte: Most welcome!