Seit Juni 2014 arbeitet eine Arbeitsgruppe des UN-Menschenrechtsrats an einem verbindlichen UN-Abkommen, mit dem die Aktivitäten von Unternehmen im Hinblick auf die Achtung von Menschenrechten reguliert werden sollen - der sogenannte UN-Treaty-Prozess. Der Prozess wurde von einer Koalition aus Staaten des gloablen Südens initiiert, allen voran Ecuador und Südafrika. Das Abkommen soll klare Regeln für Unternehmen schaffen und damit den Schutz betroffener Einzelpersonen und Gemeinschaften vor Menschenrechtsverstößen verbessern und ihnen Klagemöglichkeiten eröffnen. Denn bislang herrscht ein eklatantes Ungleichgewicht: Die Rechte von Unternehmen sind durch Handels- und Investitionsschutzabkommen weitreichend geschützt, Betroffene von Menschenrechtsverletzungen durch unternehmerische Aktivitäten gehen dagegen meistens leer aus und finden weder vor Ort noch in den Heimatländern der Unternehmen Rechtschutz. Eine Änderung dieses Zustands ist Ziel des UN-Treaty-Prozesses.
Begleitet und unterstützt wird der Prozess von der Treaty Alliance, einem Zusammenschluss aus mehr als 1000 zivilgesellschaftlichen Organisationen und Einzelpersonen. Von den großen Industrienationen, allen voran Deutschland, wurde der Prozess zunächst blockiert. An der zweiten Sitzung im Oktober 2016 nahmen die EU und ihre Mitgliedstaaten zwar teil, blieben der Sache aber weiterhin skeptisch. In der nächsten Sitzung, die vom 23. bis 27. Oktober 2017 in Genf stattfindet, will die ecuadorianische Verhandlungsleitung einen Vorschlag für Elemente des Abkommens vorstellen. Damit die Vorschläge umgesetzt werden können und die Arbeit am Abkommen vorankommt, ist es wichtig, dass die führenden Wirtschaftsnationen ihre Blockadehaltung aufgeben.
Im Positionspapier fordert die Treaty Alliance Deutschland daher, dass sich die neue Bundesregierung aktiv an der nächsten Sizung in Genf beteiligt und auch auf EU-Ebene für eine Beteiligung von anderen Mitgliedstaaten wirbt. Nur so kann Deutschland seiner Vorbildfunktion als führende Wirtschaftsmacht gerecht werden.
Die unterzeichnenden Organisationen, unter ihnen Brot für die Welt, erwarten von der Bundesregierung, dass sie sich bei den Verhandlungen für ein Abkommen einsetzt, das:
- Staaten verpflichtet, die bei ihnen ansässigen Unternehmen gesetzlich zur Achtung der Menschenrechte zu verpflichten, auch in ihren Auslandsgeschäften, Tochterunternehmen und Lieferketten;
- Betroffenen effektiven Rechtsschutz gewährt, auch im Herkunftsstaat eines Unternehmens;
- regelt, wie Staaten in grenzüberschreitenden Fällen zusammenarbeiten, um Unternehmen zur Verantwortung zu ziehen;
- festlegt, dass die Pflichten aus dem UN-Menschenrechtsabkommen Vorrang vor den Verpflichtungen aus Handels- und Investitionsschutzabkommen haben;
- einen unabhängigen Expert/innenausschuss vorsieht, der Staatenberichte zum Umsetzungsstand des Abkommens entgegennimmt und individuelle Beschwerden gegen Staaten prüft;
- einen Prozess zur Schaffung eines internationalen Gerichtshofs für Menschenrechte anstößt, vor dem Betroffene bei Menschenrechtsverstößengegen transnationale Unternehmen klagen können.