„BaDAdam, baDAdam, baDAdam“… Normalerweise höre ich die Trommeln aus nächster Nähe, heute sitze ich, Susanne, allerdings noch auf unserer Terrasse - ein Kreditkartennotfall hält mich hier fest- während Pia, meine Mitfreiwillige, das Jugendzentrum, unsere Hauptarbeitsstelle, bereits alleine geöffnet hat - ja, es ist schon immer wieder gut, eine Mitfreiwillige zu haben. Und so lausche ich den Trommeln eben von hier aus, höre, wie der Wind den gleichmäßigen Rhythmus den Hügel hinauf trägt. Und ich freue mich! Es ist etwas los im Jugendzentrum, Jugendliche treffen sich, um zu tanzen, es passiert etwas. Das liegt in erster Linie an den Jugendlichen selbst und dann natürlich auch an Pia und mir. Aber an keinem Erwachsenen, an keiner weiteren zuständigen Mitarbeiterin, denn wir sind für das Jugendzentrum komplett selbstständig zuständig. Umso stolzer ist man, wenn etwas klappt wie zum Beispiel ein Laternenbasteln mit anschießendem St. Martins Treffen inklusive Stockbrot („Stick bread“- inzwischen sehr beliebt hier!).
Dienstags und mittwochs ist jeweils Kindertag im Jugendzentrum. Wir hören die Kinder schon schreien, während wir noch zu Mittag essen eine Stunde bevor wir öffnen. Und wir wissen: Heute ist wieder gut was los.
Geräusche sagen aber nicht nur viel über unsere Arbeit im Jugendzentrum aus. Fast mein ganzes Leben hier lässt sich anhand ihrer charakterisieren.
Das Meckern der Ziegen und Schafe und das viele Vogelgezwitscher machen deutlich: Wir leben ländlich. Ich sehe an einem Tag wohl mehr Ziegen, Schafe und Kühe als Menschen. Und nein, das Landleben ist nicht ruhig und leise. Es ist laut. Tierisch laut. Das Meckern der Ziegen begleitet mich vom Morgen an, wenn eine Herde von 40 Stück ihren Weg über unsere Terrasse findet, bis hinein in die nächste Nacht, wenn Ziegen und Hunde mir den Schlaf rauben.
Wenn wir in die Stadt kommen, ist es auch laut. Aber anders. Nun mischen sich das Hupen von Minibussen mit dem Rufen von Taxifahrern ( bisher habe ich wirklich nur männliche Taxifahrer gesehen) und StraßenverkäuferInnen. Unterschiedlich sind aber nicht nur die Geräusche, es gibt zwischen Stadt und Land auf extrem vielen Ebenen gravierende Unterschiede, zumindest in den Regionen Sambias, die ich kennen gelernt habe. Unter anderem unterscheiden sich das Schulniveau und damit die Bildung stark. Ich hatte die Chance durch das Projekt, in dem ich zusätzlich zum Jugendzentrum mitarbeite, viele Stadt- und Landschulen besuchen und ein wenig kennen lernen zu dürfen. Auffällig ist: Die Stadtschulen sind allesamt besser in Schuss gehalten und ausgestattet - haben also offenkundig mehr Geld zur Verfügung. Somit hat es mich auch nicht verwundert, an den Stadtschulen die motivierteren LehrerInnen und SchülerInnen an zu treffen. So haben die Stadtschulen oft auch Nachmittagsprogramm und generell gibt es in den Städten mehr Freizeitgestaltungsmöglichkeiten. In dem ländlichen Raum, in dem ich lebe, gibt es für junge Menschen in diese Richtung in der Regel nichts, was auch von Seiten der Jugendlichen bemängelt wird. Deshalb ist mir das Jugendzentrum auch sehr wichtig - es bietet die Chance, diese Misslage zumindest ein kleines Stück zu verbessern. Es ist nicht nur die Infrastruktur etc., die sich unterscheidet, sondern diese Unterschiede selbst führen dazu, dass oft tatsächlich auch eine andere Mentalität zwischen BewohnerInnen einer Stadt und des ländlichen Raumes herrscht. Das wurde mir deutlich, wenn ich an Wochenenden in der Hauptstadt Lusaka jungen Leuten begegnet bin oder an einer Schule in der Stadt mit SchülerInnen zusammengearbeitet habe und das verglichen habe mit den vielen Begegnungen mit Jugendlichen aus unserer ländlichen Umgebung. Mir kamen hier viele zunächst schüchterner vor, waren es zum Teil wohl auch. Das macht die Arbeit im Jugendzentrum zum Teil echt schwer. Aber der Bedarf ist um so mehr da, es braucht einfach nur viel Zeit.
Wie oft habe ich im Erdkundeunterricht den Begriff „Stadt-Land-Unterschied“ gehört und ihn nie verstanden. Ich glaube, mittlerweile habe ich ein Gefühl dafür bekommen, was dieser Unterschied bedeutet.
Nicht nur, dass ich mehr verstehe. Nach mehr als drei Monaten Freiwilligendienst glaube ich auch, schon eine persönliche Entwicklung durchgemacht zu haben. Ich habe gelernt, Geduld zu haben. Und ich bin weniger neidisch, als ich es früher oft auf unnötige Dinge war. Man lernt schon, was man braucht und was eben auch nicht.
So, und was hört man denn sonst, wenn es nicht gerade Ziegen- oder Kinderstimmen sind? Musik wohl. Kirchenchöre, Pia, die Gitarre spielt, unsere Handys… Ja, Musik ist immer dabei. Und Lachen. Es ist ein mich ständig begleitendes Geräusch hier, jeden Tag.