Es war eine Premiere im Rahmen des sonst im dritten Jahr eher unspektakulär verlaufenden HLPFs: Zum ersten Mal hatten die Vereinten Nationen zum „Local and Regional Governments Forum“ geladen. Während Vertreter*innen multinationaler Unternehmen seit Jahren ihr (nicht-öffentliches) „SDG Business Forum“ veranstalten waren die politischen Ebenen unterhalb der Nationalstaaten bisher nicht sonderlich im Fokus der UN, wenn es um die Umsetzung der SDGs geht. Ganz im Gegensatz zur steigenden Bedeutung urbaner Räume für politische Planung und Gestaltung. Bis 2030 wird sich die Fläche, die weltweit von Städten eingenommen wird, verdreifachen. Mehr als 43 Megacities mit mehr als 10 Millionen Einwohner*innen wird es in zwölf Jahren, wenn die nachhaltigen Entwicklungsziele erfüllt sein sollen, geben, die allermeisten davon in Entwicklungs-und Schwellenländern. Nicht zuletzt widmet sich ein eigenes nachhaltiges Entwicklungsziel ausschließlich der Entwicklung von inklusiven, sicheren, widerstandsfähigen und nachhaltigen Städten und Siedlungen.
Die Stadt als Ort von Herausforderung und Widerspruch
Der Bürgermeister von Bonn, Ashak-Alexander Sridharan, benannte in Vertretung der „Global Taskforce of local and regional Governments“ auch die Widersprüche (die auch in der Agenda 2030 enthalten sind), und sich im urbanen Raum kristallisieren, zum Beispiel Flächenfraß versus bezahlbares Wohnen. Zudem seien Städte und Gemeinden oft „first responder“ für neue politische Herausforderungen, hob der Präsident der UN-Generalversammlung, Miroslav Lajčák, mit Blick auf den vergangene Woche verabschiedeten „Global Compact on Migration“ hervor. Städte und Bundesstaaten selbst müssen sich der Frage stellen, wie sie die global formulierten Nachhaltigen Entwicklungsziele auf die lokale Ebene herunterbrechen und Kommunalpolitik entlang einer UN-Agenda gestalten. Gleichzeitig werden die Nachhaltigen Entwicklungsziele ohne den Beitrag und die Mitarbeit von Bürgermeister*innen, Gouverneur*innen, lokalen Initiativen und örtlicher Zivilgesellschaft nicht erreicht werden. Globale Herausforderungen seien nicht länger eine Herausforderung ausschließlich für die internationale und die nationale Politik, konstatierte der Berliner Bürgermeister Michael Müller, der auch dem internationalen Städtenetzwerk Metropolis vorsitzt. Das massive Wachstum vieler urbaner Regionen gilt auf dem Forum als eine der größten Herausforderungen für nachhaltige Entwicklung, insbesondere wenn es um bezahlbaren und ausreichenden Wohnraum geht. „Wohnen ist ein Menschenrecht“, so Leilani Fahra, UN Special Rapporteur on the Right to Housing.
Schwächung der UN oder komplementäre Notwendigkeit?
Was aber bedeutet die stärker sichtbare Rolle von lokalen und regionalen Regierungen für die Arbeit der Vereinten Nationen? Nach der Ankündigung des US-amerikanischen Präsidenten Donald Trump, aus dem Pariser Klimaabkommen auszusteigen, formierte sich in den Vereinigten Staaten auf kommunaler und bundesstaatlicher Ebene eine vom kalifornischen Gouverneur Jerry Brown angeführte „We are still in“-Koalition. Mit dem Versprechen, nicht nur die Minderungsziele einzuhalten, sondern auch die seitens der USA eigentlich zugesagten Finanzmittel aufzubringen fand die Initiative auf der letzten UN-Klimakonferenz in Bonn große Beachtung. Wie die Gelder aber in den UN-Prozess eingebracht werden sollen ist unklar, die UN ist und bleibt eine Staatengemeinschaft. Naheliegend ist also die Frage, ob das Engagement von Städten und Bundesstaaten für die Umsetzung der Agenda 2030 komplementär zu den Anstrengungen der UN-Mitgliedsstaaten zu verstehen sei oder nicht doch ein Ausdruck der Schwäche des Multilateralismus ist. Wer am Rande des HLPF Mitarbeiter der UN darauf anspricht, erntet erwartungsgemäß ein „Nein“ als Antwort. Ob das stimmt, wird auch die anstehende UN-Reform zeigen. Paragraph 89 der Agenda 2030 benennt ausdrücklich die Unterstützung des High Level Political Forum für Kommunen und Bundesstaaten in Review Prozessen. Die UN wird sich nicht mehr darauf verlassen können, dass Städte und Bundesstaaten ausschließlich als Akteure gesehen werden, die zur Umsetzung der jeweiligen nationalen Nachhaltigkeitsstrategien beitragen, sondern Möglichkeiten finden, sie wenn nötig noch deutlich stärker direkt zu vernetzen und zu unterstützen.